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#breaking2: So will Nike einen Marathon in unter zwei Stunden rennen

von GQ
Wenn Business auf Wissenschaft auf Sport trifft, dann paart sich Wahnsinn mit Gier und Willen. In diesem Fall: Ein Schuhhersteller mit grenzenlosen Mitteln, drei Athleten mit grenzenloser Hingabe und ein Sport, den viele als den Härtesten der Welt bezeichnen. Aber kann das wirklich klappen: ein Marathon in unter zwei Stunden?

Wenn Eliud Kipchoge dieser Tage auf die Rennstrecke geht, spicken Sensoren seinen Körper. Die kleinen Chips erfassen jede seiner Muskelbewegungen, jeden Atemzug, seinen Herzschlag und seine Körpertemperatur. Die Informationen wandern in ein Datenzentrum im US-Bundesstaat Oregon, rund 13.500 Kilometer entfernt. Dort wertet ein Team von Analysten das Training des Sportlers aus und schickt die Ergebnisse zurück an Kipchoges Coach. Das Ziel: einen Menschen schneller machen, als es viele Experten für möglich halten.

Kipchoge ist Profi-Marathonläufer aus Kenia, Olympia-Goldmedaillen-Sieger und schon jetzt einer der schnellsten Männer der Welt. Der drittschnellste, um genau zu sein – Kipchoge rannte die 42 Kilometer in 02:03:05 Stunden, schrammte nur acht Sekunden am momentanen Weltrekord vorbei. Vielleicht hat sich der Laufprofi auch deshalb in die Hände eines der größten Bekleidungs-Unternehmens der Welt begeben. Er will den Rekord nicht nur brechen, sondern den Marathon in weniger als zwei Stunden laufen.

Seit November übertragen deshalb besagte Sensoren Informationen an das Hauptquartier von Nike. Der Schuhhersteller will die ultimative Werbung für sein Produkt machen, mit insgesamt drei Athleten versucht die Marke noch in diesem Frühjahr den so genannten Moonshot-Marathon. Im Gespräch mit WIRED nennen die Organisatoren immer wieder den Sprung von Felix Baumgartner als Vorbild. Der war für Red Bull aus der Stratosphäre vor laufenden Kameras Richtung Erde gesprungen und hatte weltweit für Aufsehen gesorgt – für sich und für die Marke.

Wir suchen nach dem richtigen Zeitfenster und den richtigen Bedingungen, um den Rekord zu schaffen.

Brett Kirby, leitender Physiologe bei #breaking2

„Unser Rekordversuch basiert auf fünf wichtigen Grundmaximen“, sagt Brad Wilkins vom Sport Research Labs von Nike. Zunächst habe die Auswahl der richtigen Sportler im Vordergrund gestanden. Dabei wichtig: Wo liegt die maximal mögliche Leistung eines Athleten? Wie viel Energie braucht er, um einen Kilometer zurückzulegen? Wie viel Training kann er oder sie aushalten? So wurden aus tausenden Aspiranten, die bei Nike unter Vertrag stehen, schnell nur noch einige wenige. Am Schluss blieben drei übrig: Eliod Kipchoge, Lelisa Desisa aus Äthopien und Zersenay Tadese aus Eritrea.

Ein zweiter wichtiger Punkt seien Zeit und Ort des Versuchs. „Wir suchen nach dem richtigen Zeitfenster und den richtigen Bedingungen, um den Rekord zu schaffen“, sagt Brett Kirby, der leitende Physiologe des Projekts. Die Grundannahme dabei lautet, dass die Athleten unter normalen Wettbewerbsbedingungen niemals ihr volles Potential entfalten können. Sie müssen ihren Marathon bei genau der richtigen Temperatur, den richtigen Windverhältnissen und der optimalen Luftfeuchtigkeit durchführen – nur dann lassen sich die zwei Stunden knacken. Deshalb will sich Nike auch noch nicht auf ein genaues Datum für den Rekordlauf festlegen, sondern hat mehrere Tage im Blick, die perfekte Bedingungen versprechen.

Die letzten drei Grundmaxime beziehen sich auf die Ernährung, das durch die Daten optimierte Training und das richtige Equipment. Vor allem bei letzterem hätte Nike im Erfolgsfall immerhin nicht nur einen Rekordläufer, sondern auch einen Rekordschuh produziert.

Es ist unehrlich, die Laufkultur zu ignorieren, die über zehn Generationen von Profilläufern entstanden ist

Ross Tucker, Marathon-Experte

In der Vergangenheit gab es in Bezug auf ähnliche Projekte aber immer wieder Kritik. „Es ist unehrlich, die Laufkultur zu ignorieren, die über zehn Generationen von Profilläufern entstanden ist“, schreibt der südafrikanische Sportwissenschaftler und Marathon-Experte Ross Tucker. Bei kommerziellen Rekordversuchen werde immer wieder die Wissenschaft als Produkt in der Welt des Sports verkauft. Tucker ist sogar eine Wette um 1000 Dollar eingegangen, dass die zwei Stunden nicht vor 2019 geknackt werden.

„Kritikern können wir nur sagen, wir haben hier im Unternehmen die neueste Technologie und Wissenschaft, um das Training der Sportler zu optimieren“, sagt Matthew Nurse, Vice-President des Sport Research Labs von Nike. Die Vorbereitung für den Versuch dauert bereits zwei Jahre, im Oktober haben die Athleten mit dem Fokus-Training begonnen. Sobald wie möglich soll der Rekordversuch starten. Natürlich, so versichert man bei Nike, würden sich die Profi-Sportler dabei ganz normalen Doping-Tests unterziehen. „Für sie ist es ja im Grunde ein ganz gewöhnliches Rennen“, sagt Nurse.

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