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Binaural Bits / Das „DNA Project“ zerlegt den Gencode von Musik

von Christian Grasse
Wenn über Musik im Netz diskutiert wird, dann geht es meistens um Geld. Vertriebskanäle, Streaming vs. Download oder das Internet als Promomaschine. Die utopische Sicht vom Netz als alles verbindende Medienform, die kollaborative Kreativität fördert und ein Ergebnis liefert, das mehr als die Summe der einzelnen Teile ist, verblasst immer mehr. Die große Euphorie der musikverliebten Netzkulturvisionäre scheint verblasst. Doch noch gibt es sie!

Bei Remix- und Mashup-Künstlern wie Girl Talk oder Kutiman etwa. Gregg Michael Gillis sampelt unermüdlich moderne Klassiker der Popmusik und konstruiert unter dem Namen Girl Talk aus Minimalschnipseln seinen unvergleichlichen Eklekt-Elektro. Ophir Kutiel alias Kutiman verwandelt YouTube-Aufnahmen von Hobbymusikern in erstaunlich ohrwurmige und wunderbar arrangierte Popsongs, die er als Konzeptalbum inszeniert.

Beide Künstler erzählen musikalische Geschichten. Hinter Girl Talks Mashups stecken Jahrzehnte der Popmusik, die dank Mashup Breakdown auch visuell erfahrbar werden. Kutiman liefert in den Videobeschreibungen seiner collagierten Arrangements detaillierte Listen der Original-Aufnahmen und macht in Erklärvideos seine Sampling-Interpretation transparent. Wer will, kann sich durch die Momente, Szenen und Geschichten jeder einzelnen musikalischen Inspiration von Kutiman klicken und so die Musik hinter der Musik entdecken. Bei beiden Projekten wird klar, dass man Musik nicht unbedingt nur als vermarktbares und konsumierbares Produkt sehen muss, sondern sie auch als etwas organisch wachsendes verstehen kann.

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Genau diesem Gedanken folgt auch der New Yorker Musiker Jonathan Dagan alias j.viewz in seinem „DNA Project“. Das von Fans per Crowdfunding finanzierte Werk ist ein digital vernetztes Hybrid-Format aus Musikalbum und Storytelling-Portal. Die Songs sind auf der Projekt-Website in einem interaktiven Zeitstrahl angeordnet, jeder Entwicklungsschritt der Musik lässt sich mitverfolgen, von der ersten Songidee bis zur finalen Version am Tag der Veröffentlichung. Die einzelnen Punkte auf dem Zeitstrahl stehen für Videos, Bilder, Texte und Tonaufnahmen, die per Mausklick aufgefächert und extrahiert werden können wie die einzelnen Gene eines DNA-Strangs. Es sind Dagans Erlebnisse, Ideen und Unterhaltungen, aus denen sich diese Erbinformationen seiner Musik zusammensetzt.

Beim Song „Almost Forgot“ bildet etwa Dagans Herzschlag die Basis, den Beat verfeinert er im zweiten Entwicklungsschritt des Stückes mit der Tonaufnahme eines zerbrechenden Weißkohls. Eine logische Fortsetzung des wunderbar nerdigen Gemüse-Synthesizers, mit dem j.viewz 2013 den Massive Attack Hit „Teardrop“ coverte und damit bei YouTube über eine Million Klicks erntete. Im Zeitstrahl-Video zu „Almost Forgot“ erklärt Dagan auch, woher die Melodie des Songs stammt: Er habe vor ein paar Monaten in einem New Yorker U-Bahnhof mit einer Frau getanzt. Immer wenn er an diese Situation zurückdenke, fliege ihm die Melodie einfach zu. So funktioniert Dagans Inspiration. Sie kommt unerwartet und ist unberechenbar. Die Song-DNA wird dadurch immer komplexer, aus dem digitalen Häufchen musikalischer Erbinformationen namens „Almost Forgot“ entsteht eine erste Demoversion. Dagan arrangiert Synthesizerklänge mit Herztönen, Melodieentwürfen und Gesangsaufnahmen.

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Bei Remix- und Mashup-Künstlern wie Girl Talk oder Kutiman etwa. Gregg Michael Gillis sampelt unermüdlich moderne Klassiker der Popmusik und konstruiert unter dem Namen Girl Talk aus Minimalschnipseln seinen unvergleichlichen Eklekt-Elektro. Ophir Kutiel alias Kutiman verwandelt YouTube-Aufnahmen von Hobbymusikern in erstaunlich ohrwurmige und wunderbar arrangierte Popsongs, die er als Konzeptalbum inszeniert.

Beide Künstler erzählen musikalische Geschichten. Hinter Girl Talks Mashups stecken Jahrzehnte der Popmusik, die dank Mashup Breakdown auch visuell erfahrbar werden. Kutiman liefert in den Videobeschreibungen seiner collagierten Arrangements detaillierte Listen der Original-Aufnahmen und macht in Erklärvideos seine Sampling-Interpretation transparent. Wer will, kann sich durch die Momente, Szenen und Geschichten jeder einzelnen musikalischen Inspiration von Kutiman klicken und so die Musik hinter der Musik entdecken. Bei beiden Projekten wird klar, dass man Musik nicht unbedingt nur als vermarktbares und konsumierbares Produkt sehen muss, sondern sie auch als etwas organisch wachsendes verstehen kann.

Genau diesem Gedanken folgt auch der New Yorker Musiker Jonathan Dagan alias j.viewz in seinem „DNA Project“. Das von Fans per Crowdfunding finanzierte Werk ist ein digital vernetztes Hybrid-Format aus Musikalbum und Storytelling-Portal. Die Songs sind auf der Projekt-Website in einem interaktiven Zeitstrahl angeordnet, jeder Entwicklungsschritt der Musik lässt sich mitverfolgen, von der ersten Songidee bis zur finalen Version am Tag der Veröffentlichung. Die einzelnen Punkte auf dem Zeitstrahl stehen für Videos, Bilder, Texte und Tonaufnahmen, die per Mausklick aufgefächert und extrahiert werden können wie die einzelnen Gene eines DNA-Strangs. Es sind Dagans Erlebnisse, Ideen und Unterhaltungen, aus denen sich diese Erbinformationen seiner Musik zusammensetzt.

Beim Song „Almost Forgot“ bildet etwa Dagans Herzschlag die Basis, den Beat verfeinert er im zweiten Entwicklungsschritt des Stückes mit der Tonaufnahme eines zerbrechenden Weißkohls. Eine logische Fortsetzung des wunderbar nerdigen Gemüse-Synthesizers, mit dem j.viewz 2013 den Massive Attack Hit „Teardrop“ coverte und damit bei YouTube über eine Million Klicks erntete. Im Zeitstrahl-Video zu „Almost Forgot“ erklärt Dagan auch, woher die Melodie des Songs stammt: Er habe vor ein paar Monaten in einem New Yorker U-Bahnhof mit einer Frau getanzt. Immer wenn er an diese Situation zurückdenke, fliege ihm die Melodie einfach zu. So funktioniert Dagans Inspiration. Sie kommt unerwartet und ist unberechenbar. Die Song-DNA wird dadurch immer komplexer, aus dem digitalen Häufchen musikalischer Erbinformationen namens „Almost Forgot“ entsteht eine erste Demoversion. Dagan arrangiert Synthesizerklänge mit Herztönen, Melodieentwürfen und Gesangsaufnahmen.

Seine Fans kommentieren fast jeden Entwicklungsschritt und bringen fremdes Erbgut in das quasi-genetische Songmaterial ein. Der Künstler ruft per Videobotschaft dazu auf, Herztöne aufzuzeichnen und auf seine Webseite hochzuladen. iPhone aufs Herz, Aufnahme starten, fertig. Er passt die Dynamik seiner Musik an die Rhythmen der Fan-Herzen an. Der künstlerische Dialog mit dem Publikum wird Teil der Geschichte, Teil eines wortwörtlich lebendigen Konzeptalbums.

Zugegeben, Jonathan Dagans Zugang wirkt etwas verkopft, seine Musik ist es aber ganz und gar nicht, j.viewz macht allerfeinsten Elektropop. Zwei Songs sind bisher in dem „DNA Project“ entstanden, der dritte ist gerade in der Mache, im Sommer 2015 will Dagan mit dem Album fertig sein. Der Erscheinungstermin soll allerdings nicht das Ende seiner Idee von der musikalischen DNA sein: Die fertigen Stücke können auch in Form eines Remix-Kits — also in ihre Einzelteile zerlegt — heruntergeladen werden. Damit die Evolution der Songs weitergehen kann und das musikalische Genom wächst.

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