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Auslandspresseschau: „Deutschland zweifelt, dass Facebook Fake News bekämpfen kann“

von WIRED Staff
Hierzulande wird der Vorstoß von Koalitionspolitikern wahlweise belacht oder beklatscht, Verbreiter von Fake-News bestrafen zu wollen. Im Ausland kommt vor allem eines an: Deutschland will etwas gegen das Problem gefälschter Inhalte tun. Unsere Presseschau

In der Debatte um Nachrichtenmanipulation auf Facebook soll der Tech-Konzern eine interne Task Force gegründet haben und kündigte weitere neue Maßnahmen gegen Falschmeldungen in seinem Netzwerk an. Deutsche Koalitionspolitiker halten politische Maßnahmen für ebenfalls sinnvoll und fordern ein härteres Vorgehen des Gesetzgebers: Geld- und Gefängnisstrafen für diejenigen Unternehmen, die so genannte Fake News verbreiten oder sich an deren Verbreitung beteiligen.

Volker Kauder, Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, sagte bereits im November in einem Kommentar für die Welt: „An Rechtsverschärfungen wird kein Weg vorbeigehen“. Dabei sprach Kauder zunächst noch von mehr Transparenz seitens Facebook, etwa einem jährlichen Bericht darüber, wie viele Einträge nach welchen Kriterien gelöscht wurden. Erst im nächsten Schritt wäre für ihn ein Bußgeldtatbestand denkbar. Im Gespräch mit Spiegel Online sprach SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann dann am Freitag davon, dass Facebook mit Bußgeldern bis zu 500.000 Euro rechnen müsse, falls Falschmeldungen nicht binnen 24 Stunden gelöscht würden.

Auch der EU-Parlamentspräsident und SPD-Politiker, Martin Schulz, mahnt, dass nun der Gesetzgeber tätig werden und härter durchgreifen müsse. „Und zwar nicht nur national, sondern europäisch“, sagte er der Funke Mediengruppe. Wer Falschmeldungen verbreitet, soll sich dafür verantworten. Dabei seien Geldstrafen ebenso denkbar wie Gefängnisstrafen. „Richtig teuer“ soll es vor allem für Unternehmen werden, die die Verbreitung von Fake News im Internet nicht verhindern würden.

Bundesjustizminister Heiko Maas betonte derweil, dass üble Nachrede und Verleumdung einer Person durch Falschmeldungen nicht von der Meinungsfreiheit bedeckt seien. Der Bild am Sonntag sagte er, dass derartige Delikte bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe bedeuten würden. „Den rechtlichen Rahmen sollten wir konsequent ausschöpfen.“ Ein entsprechendes Gesetz wollen Union und SPD noch 2017 ausarbeiten.

So reagiert die Auslandspresse:

„Nun hat die deutsche Regierung seine eigene Idee, wie sie Facebooks Fake-News-Problem Herr werden können – sie bestrafen jeden Fake-News-Post mit 500.000 Euro“, schreibt das US-Wirtschaftsmagazin Forbes. Dadurch, so Business Insider, müsste Facebook ein Büro in Deutschland einrichten, das rund um die Uhr besetzt sein muss, um gefälschte und Hass-Nachrichten zu löschen.

Dem Tech-Magazin The Next Web zufolge ist Deutschland schlicht nicht davon überzeugt, dass Facebook sein Fake-News-Problem selbst lösen kann. „Die Sprache [Anm. d. Red.: Oppermanns] legt nahe, dass die gesetzlichen Konsequenzen für alle Social-Media-Plattformen gelten, obwohl Oppermann im Interview mit dem Spiegel nur über Facebook spricht.“ Die Drohungen würden allerdings nicht viel bewirken, weil nicht klar sei, ob und welche Berechtigung die deutsche Regierung auf die Posts eines US-Unternehmens hätte – außer Facebook im gesamten Land zu sperren. 

Die britische Zeitung The Guardian nimmt Bezug auf die Bundestagswahl 2017, für die Bundeskanzlerin Angela Merkel bereits im November eine mögliche Gefahr sah. „Die deutsche Politik hat Sorge, dass Fake News die Parlamentswahlen im September beeinflussen könnten, bei denen Merkel für eine vierte Amtsperiode antreten wird“, so der Guardian. Deutschlands „strikte“ Gesetze gegen Beleidigungen und Verleumdungen seien dazu da, die Bürger zu schützen. 

Auch das US-Magazin Politico nimmt die Wahl im nächsten Jahr zum Anlass eines Berichts über Falschmeldungen. „Mit den bald stattfindenden Parlamentswahlen befürchten Regierungsmitglieder nun, dass der russische Präsident Wladimir Putin nun Kanzlerin Angela Merkel beeinflussen wolle, eine der größten Kritikerinnen seines Eingreifens in Syrien und der Ukraine. Sie könnte das nächste Ziel einer Fake-News-Kampagne des Kremls werden.“

Während Autorin Masha Gessen in der New York Times noch über den Wahrheitsbegriff in der Politik schreibt, reagiert der Deutschland-Korrespondenz des Wall Street Journals, Friedrich Geiger, auf das von Maas geplante Gesetz: „Die Entwicklungen in den USA haben in Deutschland und andere Staaten die Angst geschürt, jemand könne auch ihre Wahlergebnisse manipulieren. [...] Der Vorschlag [Anm. d. Red.: für ein Gesetz] trifft zusammen mit Warnungen, dass Russland möglicherweise die bevorstehenden Parlamentswahlen in Deutschland mit gefälschten Nachrichten beeinflussen wolle.”

Die linksliberale französische Tageszeitung Libération sprach derweil mit dem amerikanischen Juristen Lawrence Lessig, der vor einer möglichen Filterblase und der Macht Facebooks warnt: „Die Demokratie hat hier wenig Werkzeuge. Wir sind immer mehr Souveränen unterworfen, nicht nur den Regierungen, sondern auch den neuen Souveränen wie Facebook, Twitter, Google, Microsoft... Darum müssen wir ernsthaft darüber nachdenken, welche Werte wir verlieren, wem wir die Kontrolle über den Cyberspace aufgeben.”

Als einer der Vertreter der deutschen Presse äußerte sich Mathias Döpfner, CEO von Axel Springer und Präsident des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger (BDZ) im Gespräch mit Bloomberg zu den juristischen Konsequenzen der Bundesregierung. Facebook solle jenseits der Löschung illegaler Posts „keine inhaltliche Verantwortung” tragen. Das sei die Aufgabe der Medien. Außerdem solle die Politik Versuche unterlassen, das soziale Netzwerk wie ein Medienunternehmen zu regulieren. 

 

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