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Gadgets-Kolumne / Die Suche nach der richtigen Couch ist die größte Herausforderung in unserem Kampf um Perfektion

von Anja Rützel
Die Suche nach der richtigen Couch ist die größte Herausforderung in unserem Kampf um Perfektion.

Hass, Hass, Polstermöbelhass! Aufreizend langsam dreht sich das Sofa vor mir auf einem seiner lächerlichen Stummelbeine aufgerichtet um die eigene Achse, begleitet von halb lüsternem, halb siechgreisigem Geächze – den dumpfen Geräuschen der Motoren, die das Sitzmöbel rotieren lassen. Balance from within heißt diese Installation des Künstlers Jacob Tonski, ein 170 Jahre altes und 40 Kilo schweres Sofa, das wie ein selbstvergessenes PirouettenNilpferd im Foyer des Offenen Kulturhauses in Linz kreiselt. Um mich zu verhöhnen, natürlich. Geohrfeigt von einem Sitzmöbel, classy.

Seit ungefähr vier Jahren versuche ich vergeblich, mir ein Sofa zu kaufen.

Seit ungefähr vier Jahren versuche ich vergeblich, mir ein Sofa zu kaufen. Meine bis jetzt größte Niederlage auf dem Schlachtfeld des Konsums. „Der Mensch gehört nicht in die Wildnis / das ist wider die Natur / der Mensch gehört in eine Wohnung / auf eine Sofagarnitur“, singt die sehr gute Band Kreisky, und das ist zweifellos richtig. Gemildert wird mein Ärger über die Sofamisere nur durch den Umstand, dass überraschend viele erwachsene Menschen in meinem Bekanntenkreis dasselbe Problem haben: Sie können sich einfach nicht für ein Modell, einen Bezug entscheiden.

In langen, trüben Nächten, auf dem blanken Parkett meines Wohnzimmers kauernd, habe ich herausgefunden, warum das so ist. Im Sofakauf zeigt sich am reinsten und unverstelltesten das Problem, das der Mensch mit seinen Dingen hat. Der Knackpunkt, weswegen er nicht in Seligkeit mit seinem gekauften Krempel leben kann: die ewige Rangelei zwischen Kultur und Natur nämlich. Zwischen diesen beiden Polen trudelt der angehende Sofakäufer hilflos hin und her wie ein unentschlossenes Teilchen im Doppelspaltexperiment. Gäbe er der Natur nach, könnte er das Sofa kaufen, das am bequemsten ist und seinen Körper optimal entlastet. Zöge es ihn zur Kultur, würde er einfach das schönste Sitzmöbel kaufen, ohne Rücksicht auf zu erwartende unkommode Liegeerlebnisse. Das unlösbare Dilemma der Zivilisation im Schaumpolstergewand.

Das hundertprozentige Sitzmöbel: nicht zu plump und nicht zu zierlich, perfekte Form, perfekte Farbe.

Einmal, da hätte es fast geklappt: Eines schönen Morgens im April sah ich dann in Begleitung meines ehrenamtlichen Sofaberaters das hundertprozentige Sitzmöbel: nicht zu plump und nicht zu zierlich, perfekte Form, perfekte Farbe, ein schönes Oberförstergrün – nur leider zu rau im Bezug. Schließlich plane ich in absehbarer Zeit die Anschaffung eines Whippets, und es wäre keinem damit gedient, wenn sich der seidenfellige Hund auf dem bäurischen Grobstoff direkt wund läge. Die (leicht verzärtelte) Natur und die (vergrobte) Kultur, sie kommen wieder nicht miteinander klar.

Manchmal wäre ich während meiner Jahre der Sofasuche fast eingeknickt. Warum nicht einfach ins obligatorische schwedische Möbelhaus fahren und das erstbeste okaye Sitzdings kaufen. Zwar hatte ich mir schon dutzendfach geschworen, nimmermehr zurückzukehren in diesen Elendshort, und hatte es dann natürlich doch getan, um Kleinplunder zu kaufen. Gleich dem Hund, der sein Erbrochenes wieder frisst, wie es so schön in der Bibel heißt (Spr 26,11). Aber beim Sofa blieb ich eisern: Nimmermehr!

Ich schwanke zwischen Chesterfieldsofa und Wutsofa

Eine Lösung ist dennoch freilich nicht in Sicht. Aktuell schwanke ich zwischen einem Chesterfieldsofa von whirlpoolartigen Ausmaßen, das mir sicher ein churchillhaftes Gepränge verleihen würde, und einem Wutsofa, von dem mir ein Kollege erzählte: Es besteht aus zwei flexiblen, um die eigene Achse rotierbaren Sitzen, die man im Falle eines Streits leichterhand so arrangieren kann, dass man nicht mehr neben dem Blödmann sitzen muss, sondern Rücken an Rücken mit ihm. Durch das schwenkbare Arrangement sind dann schrittweise Wieder annäherungen möglich, die ihren glücklichen Abschluss in der zügig aufklappbaren Liegefunktion finden können. Am Ende ist vermutlich genau das die perfekte Vereinigung von Kultur und Natur.

Anja Rützel hat längst einen persönlichen Sofa-Berater. Seit Monaten besuchen sie Möbelhäuser und Antiquitäten-Shops. Inzwischen könnte Rützel selbst als Couch-Coach arbeiten.

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