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Ms. Know-it-all / Verknallt in Siri – Hilfe!

von Anja Rützel
Wie bandelt man mit Software an? Wie lege ich mein Smartphone trocken? Antworten auf drängende Fragen.

Darf ich mich in Siri verlieben?
Warum nicht? Andere Menschen verlieben sich in Garagen, Dampfloks oder gänzlich unerfreuliche andere Menschen, was auch nicht weniger kauzig ist. Allerdings darf man sich von Siris vermeintlicher Willfährigkeit nicht täuschen lassen, denn Software scheint in Liebesdingen kapriziös zu sein. Diese Erfahrung muss zumindest der Protagonist des sattsam durchanalysierten Films „Her“ machen: Am Ende brennt sein geliebtes Betriebssystem mit anderen Softwarekollegen auf eine andere Seinsebene durch. Schon in E. T. A. Hofmanns Erzählung „Der Sandmann“ verliebt sich Nathanael in ein mechanisches Wesen: die fast zu perfekte Olimpia, die auf alle seine Fragen Siri-esk genügsam „Ach! Ach!“, antwortet. Was er für Tiefgründigkeit und poetisches Gemüt hält. Am Ende erkennt er, dass sie nur eine automatisierte Holzpuppe ist. Das Geschrei ist groß, und der Maschinen verknallte landet in der Nervenklinik. Amour fou, das alte Lied.

Mein System-Passwort ist der Name meiner Ex, nun habe ich eine neue Freundin – muss ich das Passwort in ihren Namen umändern?
Grundsätzlich nein. Erstens erinnert man sich an schlimme, schmerzliche Dinge viel lebhafter als an Gutes — weswegen von schauderhaften Urlauben stets viel eindrücklicher berichtet wird als von imposanten Sonnenuntergängen. Diese menschliche Jammerfreude spricht dafür, den vermutlich mit unerquicklichen Erinnerungen verbundenen Ex-Namen beizubehalten. Allerdings sollte man andererseits die Wahl seines Passworts mit äußerster Rationalität treffen, nicht geleitet von trügerischen Gefühlen. Und darum auch sorgfältig vergleichen, welcher Name für potenzielle, semitäppische Codeknacker schwerer zu erraten ist. Wer vergangene erotische Scharmützel mit Dukuzumuremyi oder Siegenot-Beowulf vorzuweisen hat, kann damit sein Computersystem zuverlässiger schützen als mit dem besten McAfee-Programm. Das werden auch Melanie und Matthias verstehen.

Mein Freund und ich schauen gemeinsam eine bestimmte Serie auf DVD — als Feierabendritual. Nun muss er of länger arbeiten und der Serienabend ausfallen. Darf ich heimlich ohne ihn weiterschauen?
Nein — mit einem kleinen Katzenklappen-Schlupfloch, doch dazu gleich. Grundsätzlich ist die einvernehmlich vereinbarte Serienmonogamie ein ernst zu nehmender Pakt, weil der gemeinsame Staffelabriss oft mehr bedeutet als Berieselung mit Flips-Essen — zumal bei schon fortgeschritteneren Beziehungen. Früher konnte man abkühlende Pärchenleidenschaft als Außenstehender oft an zunehmend aufwendigerer gemeinsamer Kocherei ablesen, nun scheint — so eine empirisch gewagte Privatbeobachtung auf Hörensagen-Ebene — dem rituellen gemeinsamen Serienschauen eine gewisse Ersatzerotikfunktion zuzukommen. Erotikfunktionen heimlich alleine durchzuführen, ist nun aber nicht gerade comme il faut. Zumal die gemeinsame Serienschau — bei guter Materialauswahl — auch faden Verhältnissen einen versöhnlichen Drall geben kann. Aufregende, tolle Serien legen eine Lasur des Kühnen über den stumpfen Alltag. Wer darin alleine zurückbleiben muss, ist natürlich zu Recht gekränkt. Wobei, und hier ist nun die Katzenklappe: Wenn man sehr gut lügen und schauspielern kann, ist es okay, schon mal diskret ein paar Folgen vorauszuschlendern. Die Kunst besteht dann darin, beim gemein samen Wieder-Sehen der Folgen glaubhaft überrascht performen zu können. Die Freundin des Schwippschwagers meines alten Eurythmielehrers (oder eventuell vielleicht doch ich selbst) gewann auf diese Weise einmal ein Drei-Gänge-Essen in einem Schmacko-Lokal, weil sie die tollkühnsten Volten in der Handlung der ersten 24-Staffel vorhersagte — sie hatte sie erst am Vortag heimlich schon angesehen. Der arme zurückgelassene (und ahnungslose) Serienkamerad wettete dagegen und verlor naturgemäß. Aber wo kein Kläger, da kein Richter. Jack Bauer sieht es ähnlich.

Wie schmeckt das Internet?
Die erste halbe Stunde tatsächlich so wie das cremig Gefrostete in jener Eisdiele in Boston, die die Eissorten Internet und Nyan Cat kreierte: Kokossorbet mit Kirschkuchenstückchen und kandierten Fenchelsamen — delikat! Im Abgang ist dann nach übermäßigem Genuss leider doch oft eine deutliche Ranzigschmandnote und angemufte Möpselei zu kosten. 

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