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Die Idee meines Lebens: Nicolas Plumeré will mit Gel Solarstrom produzieren.

von WIRED Staff
Es liegt eine gewisse Ironie darin, dass wir Strom aus Kohle und Gas gewinnen. Denn diese Energieträger sind selbst Ergebnisse einer Energiegewinnung, der Fotosynthese.

Winzige Proteine in den grünen Zellen von Blättern wandeln Sonnenlicht in elektrische Spannung um, und die nutzen die Pfanzen, um Zucker und Zellstoff herzustellen. Jahrmillionen hat es gedauert, bis aus diesen ursprünglich pfanzlichen Kohlenstoffverbindungen irgendwann Öl, Gas und Kohle wurden. Und heute machen wir daraus wieder Strom. Welch zeitraubender Umweg! Wieso nutzen wir nicht gleich die Fotosynthese, um Strom herzustellen?

Kommt das Protein mit Nitrat in Kontakt, erzeugt es einen kleinen Stromimpuls.

Auf diese Idee bin ich aber auch erst über einen Umweg gestoßen, mein Chemiestudium. Das führte mich zurück zum Umweltschützergeist, der in meiner Familie lange Tradition hat. Meine Eltern und Großeltern waren Bauern im Elsass und hatten stets mit dem Problem zu kämpfen, dass Ackerböden oft überdüngt werden. In meiner Doktorarbeit habe ich dann eine Methode entwickelt, mit der man messen kann, wie viel Düngestoffe schon im Boden sind. Ich schaffte es, ein Protein, das das Nitrat der Düngemittel erkennt, in eine künstliche Membran einzufügen. Kommt das Protein mit Nitrat in Kontakt, erzeugt es einen kleinen Stromimpuls, der einem sagt: nicht weiter düngen.

In meiner Forschungsgruppe an der Ruhr Uni Bochum arbeite ich nun daran, das für die Fotosynthese wichtigste Protein, das sogenannte Photosystem 1, ebenfalls in eine Membran einzubetten. Photosystem 1 reagiert auf Licht, indem es Elektronen von einer Seite der Membran auf die andere pumpt. So entsteht elektrische Spannung zwischen den beiden Membranseiten. In einem Blatt nutzen spezialisierte Proteine diese Spannung, um den Kohlenstoff in CO2 zu Nähr- und Baustoffen zusammenzufügen. Sauerstoff bleibt dabei gewissermaßen als Abfall übrig. Ich möchte aber keinen Sauerstoff produzieren, sondern Strom.

Unser Prototyp schafft es auf 300 Mikrowatt pro Quadratzentimeter.

Wir basteln nun nicht an Blättern herum, sondern verwenden Redox-Hydrogel als Material, in das wir das Photosystem 1 einbetten. So wird die Spannung, die im Gel bei Lichteinfall entsteht, nicht von anderen Proteinen aufgebraucht, und wir können sie direkt abgreifen. Die Grundidee wurde schon von anderen Forschern ausprobiert, deren Membranen jedoch nur im geringen Mikrowatt-Bereich pro Quadratzentimeter Strom erzeugt haben. Unser Prototyp dagegen schafft es bereits auf 300 Mikrowatt pro Quadratzentimeter, weil wir den pH-Wert im Gel kontrollieren können und damit die Ausrichtung der Proteine. Beschichtete man ein kleines Zelt mit unserem Gel, könnte man jetzt schon eine 6-Watt-Birne betreiben. 

Die Strommengen sind im Vergleich zu starren Silizium-Solarzellen zwar noch relativ gering, aber dafür kann man mit unserem Gel beliebig geformte Oberflächen beschichten. Und womöglich mithelfen, den Jahrmillionen Umweg über Kohle und Gas zum Strom überfüssig zu machen.

NICOLAS PLUMERÉ, 35, hat bereits Partner in der Industrie gefunden, mit denen er seine Idee zur baldigen Marktreife bringen will.

Protokoll: Christian Honey

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