Hinweis zu Affiliate-Links: Alle Produkte werden von der Redaktion unabhängig ausgewählt. Im Falle eines Kaufs des Produkts nach Klick auf den Link erhalten wir ggf. eine Provision.

Welt in Bewegung: Diese Fotos zeigen die unheimliche Schönheit der Logistik

von Joachim Hentschel
Wie bewegt die globale Wirtschaft ihre Waren erst von A nach B, dann via C bis nach D? Ein logistisches Fotoprojekt

Dieser Artikel erschien in der gedruckten Ausgabe des WIRED Magazins im November 2015. Wenn ihr die Ersten sein wollt, die einen WIRED-Artikel lesen, bevor er online geht: Hier könnt ihr das WIRED-Magazin testen.

Einen Kapitän wird es auf diesem Geis­terschiff nicht geben, keine Crew oder Wachen, und der Gigant wird gespens­tisch langsam durchs schwere Wasser fahren. Trotzdem werden die 18 000 Container mit Kiwis, Turnschuhen, Aluminium und Kleinwagen pünktlich ankommen, wo sie hinsollen, und vor allem: billiger als je zuvor.

Ein Drittel des Frachterbudgets sind in der Regel Personalkosten – und wenn es eines Tages wirklich die unbemannte Schifffahrt gibt, wird auch der teure Treibstoffverbrauch sinken (weil die Schiffe nicht mehr unbedingt schnell sein müssen, um Crew-Honorare niedrig zu halten). Munin heißt das laufende Europaprojekt, an dem auch das Fraunhofer-Center für Maritime Logistik und Dienstleistungen mitarbeitet. Fernziel: das selbstfahrende, von Datenströmen angetriebene Digi-Frachtschiff. Piraten? Müssen den Kahn bloß hacken.

 


„Die globalisierte Wirtschaft kennt ja kein Ankommen. Sie sagt nie: Das und das ist unser Ziel, und wenn wir dort sind, sind wir fertig“, sagt der Hamburger Fotograf Henrik Spohler, der sich von 2013 an zwei Jahre tief ins Wesen der Warenlogistik hineingearbeitet hat. Autonome Schiffe fand er noch nicht, die Smartness von Hightech-Bananen, die im Ankunftshafen schon mal übers Internet of Things ihren Reifegrad melden, war nur zu erahnen.

Was Spohler für sein Portfolio „In Between“ erforschen konnte, waren Räume – Orte, an denen logistische Vektoren und Schnittpunkte sichtbar werden, sich geografisch ausdehnen. Airports, Häfen, Lager. Rund 30 Warenstrom-Hot-Spots besuchte er, von Leipzig über Spanien bis China, 55 Fotos kamen in die Reihe. WIRED zeigt hier einige Highlights, ein Bildband soll 2016 erscheinen.

Spohler, der an der Berliner Hochschule für Technik und Wirtschaft lehrt, sah wohlbekannte Plätze aus neuen Winkeln, den Kölner Flughafen, die Hamburger Containerstadt. Besuchte Orte, an denen die Bedürfnisse des Gütertransport bizarre Landschaften geformt hatten. Am Hafen von Bilbao, wo ein halber Berg entfernt wurde, um Lagerplatz zu schaffen. Am sogenannten Tiefwasserhafen Yangshan im Ostchinesischen Meer: Auf zwei Inseln eröffnete 2005 ein Güter-Umschlagplatz, der nach seiner Fertigstellung 2020 Shanghai zum internationalen Transithafen machen soll. Elf Kilometer wird die Kaianlage am Ende lang sein, Platz für bis zu 50 Containerschiffe. „Der Handel war immer eine Form von Kommunikation zwischen Nationen“, sagt Spohler. „Er handelt auch von den Visionen, wie eine friedliche Welt aussehen könnte.“

Aus der kühlen Stimmung, die seine Fotos ausstrahlen, muss man aber nicht schließen, dass die globalen Beziehungen in Gefahr wären – im Gegenteil: Digitalisierung und wirtschaftliche Öffnung haben die Drähte eher erwärmt. Zumindest, solange es um Konsumgüter geht. Dass auf Henrik Spohlers Bildern fast nie Menschen zu sehen sind, liegt ja nicht daran, dass er die vor dem Abdrücken weggejagt hätte. Es waren einfach keine da.

 

GQ Empfiehlt