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Musik ist für die Popband Yacht nur der Startpunkt für ihre Medienkunst

von Chris Köver
Sie filmen ihre Videos mit Drohnen, kommentieren ihre eigenen Liedtexte auf Genius, verschicken ihr Albencover per Fax an die Fans und produzieren eine App für Los Angeles. Claire Evans und Jona Bechtold sagen über ihr Duo YACHT es sei "eine Band, ein Business und ein Glaubenssystem". Vor allem ist es die derzeit smarteste Medienkritik im Showgeschäft.

Claire Evans ist, das kann man so sagen, ein wenig besessen von der Zukunft. Sie schreibt als Futures Editor für den Vice-Ableger Motherboard, hält Vorträge über die Zukunft der Musik und verfolgt mit Begeisterung die NASA-Marsmission.

Nur scheint sie gerade etwas die Geduld zu verlieren: I Thought The Future Would Be Cooler lautet der Titel des neuen Albums ihrer „konzeptuellen Popband“ YACHT – und die Ernüchterung über das, was uns mal als schöne neue Welt versprochen wurde, klingt aus jeder Liedzeile. Ferngesteuerter Drohnenkrieg, soziale Netzwerke, die unsere Beziehungen ausbeuten, vaporisiertes Nikotin? Das soll’s schon gewesen sein?

„Wir wollten Kunst machen, die vom Jetzt handelt. Wir leben in einer total vernetzten Welt, in der die Zukunft zu jedem beliebigen Zeitpunkt direkt vor der Tür zu stehen scheint“, sagt Evans. Nur sei diese Zukunft weit von dem entfernt, was sie und ihr Bandkollege Jona Bechtolt sich einmal darunter vorgestellt hätten. Warum etwa haben wir eine Sonde auf dem Mars, es aber immer noch nicht geschafft, auf der Erde überall grundlegende Menschenrechte zu etablieren?

Diese Kritik an einer gescheiterten Gesellschaftsutopie zieht sich durch die gesamte Arbeit von YACHT, und die beschränkt sich nicht nur auf ihre tanzbaren Elektro-Pop-Songs. Da sind allein schon die Stunts, die die beiden zur Veröffentlichung ihrer neuen Platte veranstaltet haben und bei denen sie sich kunstvoll aller vorhandenen Kanäle bedienen, um ihre Musik zur Medienperfor­mance zu erweitern. Die zwei mieteten zum Beispiel eine Plakatwand in ihrer Heimatstadt Los Angeles und veröffentlichten die Koordinaten via Google Maps. Wer kam, traf auf Evans und Bechtolt und bekam einen handkopierten Flyer mit ihrem Manifest in die Hand gedrückt.

Wir sind an den Möglichkeiten jeder neuen Plattform interessiert, wir halten sie nur für zu begrenzt.

Und bloß weil YACHT Social Media in der derzeitigen Form für lächerlich limitiert halten, heißt es nicht, dass sie sich dieser Kanäle nicht bedienen. Die Billboard-Aktion wurde live via Periscope gestreamt und parallel von einer Drohne gefilmt, der Film ging später ins Netz. „Wir waren immer schon Early Adopters,“ sagt Evans. „Wir sind an den Möglichkeiten jeder neuen Plattform interessiert, wir halten sie nur für zu begrenzt.“

Verstehen wollen, wie etwas funktioniert, es zerlegen, um es neu und besser zusammenzusetzen: Mit dieser Hackermentalität gehen YACHT an all ihre Projekte heran, egal, ob es sich um einen Song, eine App oder eine Sonnenbrillenkollektion handelt. Wenn YACHT eine Popband sind, dann erweitern sie dieses Konzept gerade radikal.

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