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Fotograf Toby Smith begleitet drei Satelliten von der Werkshalle bis zur Startrampe

von Karsten Lemm
Mächtig was los da oben. Mehr als 1300 Satelliten umkreisen den Erdball — beobachten, messen, senden, empfangen, weil die Welt nach Information und Kommunikation verlangt. 315 Satelliten wurden in den vergangenen beiden Jahren ins All geschossen. Drei von ihnen begleitete der britische Fotograf Toby Smith von der Werkshalle bis zur Startrampe. Kein leichtes Vorhaben, denn die Branche lässt sich nicht gern ins Labor schauen.

„Einerseits geht es offen und international zu“, erzählt Smith, „andererseits verlangt der Konkurrenzdruck strengste Geheimhaltung.“ Kontakte zum Luxemburger Satellitenbetreiber SES – einem der besten Kunden der Hersteller – ebneten dem 33-Jährigen den Weg zu Airbus in Toulouse und Orbital Sciences in den USA. Zweieinhalb Jahre lang flog Smith in alle Himmelsrichtungen, um zu dokumentieren, wie die hochkomplexen Wunderwerke der Ingenieurskunst auf ihren Einsatz in 36 000 Kilometern Höhe vorbereitet werden.

Der Konkurrenzdruck verlangt strengste Geheimhaltung.

Toby Smith, Fotograf

Als Erster der drei Satelliten geht SES-6 auf die Reise: Er fliegt im Juni 2013 mit dem weltgrößten Transportflugzeug, einer Antonov AN-124, von Tou­louse nach Kasachstan. Die Proton-Rakete, die in Baikonur wartet, basiert auf Technik aus dem Kalten Krieg, und die Atmosphäre, die Smith entgegenschlägt, ist ähnlich eisig. Den Start des Satelliten darf er nur aus der Ferne beob­achten.

Näher dran ist Smith einige Monate später in Florida beim kommerziellen Debüt von StartX: Mit SES-8 unternimmt das private Raum­fahrtunternehmen von Elon Musk seinen ersten Versuch, eine bezahlte Nutzlast in den Orbit zu bringen. „Das war ein Wagnis für SES“, sagt Smith. „Die ganze Branche war verblüfft, dass ­SpaceX den Zuschlag bekam – aber am Ende hat es sich dann aus­gezahlt.“
Nach einem Bilderbuchstart am 3. Dezember 2013 bringt die Falcon-9-Rakete den Satelliten punktgenau in seine Umlaufbahn. Soll er dann wie geplant 15 Jahre lang über Asien schweben, muss seine Position mit Triebwerken gelegentlich nachjustiert werden.

Erst wenn der Satellit seine Position erreicht hat, herrscht Champagnerstimmung.

Toby Smith, Fotograf

„Die Lebensdauer eines Satelliten hängt stark vom Treibstoffverbrauch ab“, erklärt Smith. „Je präziser der Start, umso weniger Bedarf zum Nach­justieren.“ Entsprechend gespannt sind die Nerven vor dem Countdown: Monatelang arbeiten die Ingenieure auf den Moment der Erlösung hin, wenn die Rakete abhebt wie geplant — gefolgt von neuem Bangen, bis der Satellit tatsächlich seine Position erreicht hat. „Erst dann“, sagt Smith, „herrscht wirklich Champagnerstimmung.“

TV-Star im Werden
Auf dem Testgelände von Astrium (heute: Airbus Defence & Space) in Toulouse prüfen Ingenieure im Frühjahr 2013 die Antennen­leistung des Satelliten SES-6. Er wird einige Wochen später nach Kasachstan geflogen und mit einer rus­sischen Proton-­Rakete in seine Umlaufbahn über dem Äquator geschossen: Von einer Position auf 40,5 Grad westlicher Länge über dem Atlantik deckt der Satellit Teile von Südamerika, Europa und Nordamerika ab.
Seine Spezialität: Mobilfunk und Fernsehen. Im Sommer 2014 half SES-6 dabei, die Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien zu übertragen.

 

Glänzende Aussichten
Die Antennen ausgebreitet, als wären sie schon auf Empfang, liegt SES-8 im Testlabor des Herstellers Orbital Sciences in Virginia, USA. Ein Spezialtransporter bringt den 3,2 Tonnen schweren Satelliten später nach Florida. Dort geht er am 3. Dezember 2013 mit einer Falcon-9-Rakete des privaten Raumfahrtunternehmens SpaceX in die Luft – es ist das erste Mal, dass SpaceX erfolgreich eine Nutzlast ins All transportiert. Als geostationärer Satellit behält SES-8 seine Position bei, weil seine Umlaufzeit in 36 000 Kilometer Höhe exakt 24 Stunden beträgt; er bewegt sich damit synchron zur Erdumdrehung und scheint fest über dem Äquator zu stehen.

 

Rekordflug
Keine ist verlässlicher als Europas Ariane-5-­Rakete, die hier in Französisch-Gua­yana startklar gemacht wird: Der Satelliten-­Transport im März 2014 ist ihre 59. erfolg­reiche Mission in Folge. Doch ein Ariane-Flug kostet auch mehr als einer bei SpaceX. Als Antwort auf die Konkurrenz wird nun die Ariane 6 entwickelt.

 

Saubere Arbeit
Kein Staubkorn darf in die Elektronik eindringen, und jeder Defekt könnte teuren Weltraumschrott bedeuten. Deshalb prüfen Astrium-Ingenieure in einem Reinraum in Toulouse alle Systeme von SES-6 noch einmal auf ihre Funktionstüchtigkeit. Ist der Satellit erst im All, kommt kein Mechaniker mehr an ihn heran.

 

Volle Rakete
In der Spitze der ­Ariane 5 haben gleich zwei Satelliten Platz. Mit 5,7 Tonnen ist Astra 5B der schwerere und reist oben. Im Reinraum der Raketenbasis in Kourou wird er in die Raketen­spitze eingepasst. Doch erst im Final Assembly Building nahe der Start­rampe setzt ein Kran die Spitze auf den Rumpf der Rakete.

 

Klimakammer
Außerhalb der Erdatmosphäre sind Satelliten extremen Temperaturschwankungen ausgesetzt. Die Thermo-­Vakuumkammer bei Orbital Sciences simuliert Hitze, Kälte und Strahlenbelastung, um sicherzustellen, dass SES-8 bereit ist für die unfreundlichen Bedingungen, die ihn erwarten.

 

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