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Eine isländische Firma zeigt, wie das Internet grüner werden kann

von André Boße
Das Internet ist ein Klimakiller: Weltweit laufen die Server auf Hochtouren. Und fressen Energie. Ein Beispiel in Island zeigt den großen Tech-Firmen, wie das Netz grüner werden könnte. Die Server der britischen Rechenzentrenfirma Verne Global laufen in Keflavík mit Svartsengi-Strom und werden mit guter isländischer Frischluft gekühlt.

Als Hilmar Pétursson eine Idee hatte, die das Internet ein wenig grüner macht, war Umweltschutz womöglich gar nicht sein größtes Anliegen. Der 42-Jährige ist Chef des isländischen Game-Entwicklers CCP, und darum will er vor allem, dass das Netz für seine Firma preiswert ist und nie zusammenbricht. Auch dann nicht, wenn sich Zehntausende Spieler der CCP-Weltraumsimulation „Eve Online“ zur selben Zeit zu gewaltigen Schlachten online versammeln. Selbst der coole Pétursson gerät dann ins Schwitzen, denn er stellt sich immer wieder dieselbe Frage: Packen das die Server?

Nachdem Pétursson deswegen immer weitere zusätzliche Rechnerkapazitäten mieten musste, kam eine zweite Sache dazu: Die Server waren weit weg — in London. „Ich fragte mich, warum unsere ausgerechnet in einer der teuersten und riskantesten Städte der Welt stehen müssen“, sagt Pétursson, der ein Bild von einem Isländer ist, groß, gemütlich, wortkarg, rötliche Haare, üppiger Bart. In London ist alles hoch, die Preise für Miete, Strom und Versicherungen, aber auch der Kühlaufwand für Rechner.

Pétursson fand die Antworten auf seine beiden Fragen in seinem Heimatland. Die Zukunft brodelt in Island seit Jahrtausenden unter der Erde, man muss den heißen Dampf und das heiße Wasser nur herauslassen. Knapp 70 Prozent des isländischen Stroms wird durch Wasserkraft gewonnen, der Rest aus Erdwärme in fünf geothermischen Kraftwerken. Das älteste davon steht auf dem dunklen Vulkangestein von Svartsengi, „Schwarze Wiese“ nennen die Einheimischen den ungastlichen Ort an der Südwestspitze der Insel, den doch fast jeder Island-Besucher kennt: Das Kraftwerk leitet mineralreiches Wasser in die nahe gelegene Touri-Therme Blue Lagoon weiter.

Ebenfalls in der Nähe ist das Gelände der im Jahr 2004 von der U.S. Navy aufgegebenen Naval Air Station Keflavík. Während des Kalten Krieges starteten von da militärische Aufklärungsflieger der NATO, um den Luftraum überm Nordatlantik zu kontrollieren, dann standen die Gebäude dort lange leer. Bis Hilmar Pétursson eins und eins zusammenzählte: Könnte man da nicht Server reinstellen und sie mit dem preiswerten, sicheren, sauberen Svartsengi-Strom versorgen?

Die Spieler von Eve Online, aber letztlich wir alle, die wir täglich online sind, egal wo und warum, denken eigentlich nie darüber nach, wie viel Energie das Netz verbraucht und wie sauber der Strom ist, der es antreibt. Wir halten den Zugang zum Internet einfach für eine Art Menschenrecht. Doch jeder Klick, den wir machen, kostet ja nicht nur ein bisschen Akkuladung auf unseren Laptops und Smartphones.

Immense Mengen an Energie werden aufgewandt zum Betrieb all der Server, die die physische Gestalt des Netzes darstellen, dessen Inhalte zunehmend in Clouds wandern: Bereits im Jahr 2011 lag die Strommenge, die weltweit für Cloud Computing verbraucht wurde, über der, die in Deutschland insgesamt an Elektrizität konsumiert wurde. Und der Datenverkehr nimmt weiter atemberaubend zu, im Zeitraum zwischen 2014 und 2019 wird sich die Menge der ausgetauschten Daten nach aktuellen Prognosen von Cisco verdreifachen, auf weltweit zwei Zetta­bytes. Zetta ist eine Zahl mit 21 Stellen, zu groß, um sie sich noch vorstellen zu können.

Die Logik, mit der die großen Internetknotenpunkte auf der Welt errichtet wurden, lautete bislang: Man baut sie in Ballungszentren, um möglichst kurze Wege zu den meisten Nutzern zu gewährleisten. Im Großraum London allein etwa gibt es mehr als 70 Server-Parks, und die verschärfen das Energieproblem der Megacity. Londons Stromnetze sind hoffnungslos überlastet, Experten gehen davon aus, dass Blackouts jederzeit möglich sind. Um Server vor den möglichen Folgen zu schützen, müssen Back-ups installiert werden – das kostet weitere Energie.

Der nötige Strom für all die Server-Parks wird aber weiter zu großen Teilen dadurch gewonnen, dass fossile Brennstoffe verheizt werden. Ein irres Szenario: Die digitale Ökonomie läuft rund, weil dreckige Kohle zu Strom gemacht wird. Die saubere IT braucht die Kumpels vom Bergbau. Man könnte fast sentimental werden. Wenn nur die CO2-Bilanz nicht so übel wäre.

Das Internet läuft mit dreckiger Kohle.

Die britische Rechenzentrenfirma Verne Global immerhin hat London verlassen und Hilmar Péturssons Idee tatsächlich wahr gemacht: Ihre Server laufen nun in Keflavík mit Svartsengi-Strom und werden mit guter, kalter, isländischer Frischluft gekühlt. Grüner geht’s nicht.

Tate Cantrell ist der Technikchef der Firma, ein smarter Amerikaner, der spielend den Sprung vom IT-Nerd zum Vordenker geschafft hat. Auf alten Fotos trägt er noch Zopf. Nun sind die Haare kurz, ist der Bart modisch — und zeigen seine Worte, dass Cantrell das Marketinghandwerk versteht. „Die Zeit der Datencenter in den Metropolen läuft ab“, sagt er.

Es gebe keinen Grund mehr, riesige Serverlandschaften in London oder New York zu installieren, sagt Can­trell. „Klar, dort sitzen weiterhin besonders viele der Unternehmen, die große Kapazitäten und schnelle Verbindungen benötigen. Doch durch das Cloud Computing ist es nicht mehr notwendig, dass die Server dieser Companys in Wurfweite zu ihren Offices stehen. Wenn die Verbindung stimmt, spielt der Ort für die Handhabung der Daten keine Rolle mehr.“

Geografische Entfernungen spielen kaum noch eine Rolle. Weil Cloud Computing ja gerade die Rechen- und Speicherleistungen bedarfsabhängig in ein Netzwerk von Servern verlagert; und weil die Übertragungsgeschwindigkeiten optimiert wurden. Island ist heute von Frankfurt am Main nur noch 18 Millisekunden entfernt, bis London sind es 20, bis New York 41 Millisekunden. Dafür sorgen Unterwasserkabel durch den Atlantik: Das Kabel Farice-1 führt nach Großbritannien, Danice verbindet Island mit Dänemark und den Niederlanden, nach Deutschland geht es von dort über die Infrastruktur des Providers Epsilon; mit den USA wiederum ist Island über ein Kabel via Grönland und Kanada verbunden.

Manchen Branchen ist das trotzdem noch zu langsam. Finanzunternehmen zum Beispiel, die beim Hochfrequenzhandel mit Wertpapieren nicht mehr in Milli-, sondern Mikrosekunden zählen, bevorzugen einen direkteren Weg über den Atlantik. Für sie hat Island Tempo-Nachteile. „Aber auch diese Unternehmen haben Daten, die es nicht ganz so eilig haben“, sagt Cantrell. Es gehe darum, zu differenzieren. „Und das wird in dieser Branche häufig noch zu wenig gemacht.“
Für Island sprechen neben der Komplettversorgung durch regenerative Energien auch Sicherheitsaspekte.

Obwohl auf der Insel ab und an Vulkane ausbrechen, entstehen durch die Eruption nur kleinere Erdbeben, die für Datencenter kein Risiko darstellen, wie man bei Verne Global beteuert. Und Island liegt auch nicht im Fokus von Terroristen oder Hackern. Was den Datenschutz betrifft, zählt die Nation zu den sichersten der Erde, die Regierung nimmt das Thema sehr ernst.

Nur kann auch sie nicht verhindern, dass andere Länder einen etwas anderen Zugang zu Daten haben: Auf der cable master list des britischen Geheimdienstes GCHQ aus dem Jahr 2009, die im vergangenen November aus dem Snowden-Archiv enthüllt wurde, steht unter vielen anderen auch Farice-1. Es verläuft von Island bis zum schotti­schen Dunnet Bay, wo es der GCHQ also mindestens noch 2009 angezapft hatte.

Fragt man bei Verne Global heute danach, bekommt man ein etwas schmallippiges Statement zur Antwort: „Verne bietet als Rechenzentrum-Campus nur Server-Hosting beziehungsweise die Infrastruktur an, die die Server der Kunden unterbringt. Die Kunden sind Mieter der Fläche und bringen ihre eigenen Server, es liegt also in der Verantwortung der Kunden, die Daten geschützt und verschlüsselt auf die Server abzuspeichern.“

Die Suchmaschine sucht nach Effizienz.

Wer die Server-Hallen des fast 180 000 Quadratmeter großen Rechenzentrums Keflavík betreten möchte, muss erst ein halbes Dutzend Sicherheitsschleusen passieren. „Unsere Kunden schätzen es, zu wissen, dass wir ihre Daten wie einen Schatz behüten“, sagt Tate Cantrell.

Aus Deutschland hat sich etwa BMW in Island eingebucht: Über die Server von Verne Global führte der Konzern aufwendige Unfallsimulationen und Aerodynamikberechnungen für das Elektroauto i3 durch. BMW hat das Modell komplett mit Ökostrom entwickelt. Hätte der Autobauer für die Simulationen seine Server im heimischen Bayern benutzt, wäre der jährliche CO2-Ausstoß des Konzerns um mehr als 3500 Tonnen höher gewesen – das ist die Menge an Kohlendioxid, die freigesetzt wird, wenn man knapp 1,5 Millionen Liter Benzin verbrennt. Die Öko-Bilanz des i3 wäre hin gewesen. Auch dank der isländischen Rechner blieb alles im grünen Bereich.

Mit seinen weißen Hauptgängen und den schweren Türen wirkt der Server-Campus von innen wie eine Mischung aus Gefängnis und Krankenhaus. Dicht an dicht stehen Hunderte Rechner, ihr Brummen und unregelmäßiges Blinken wirkt ähnlich gespenstisch wie die qualmende Vulkanerde wenige Kilometer entfernt. Mitarbeiter von Verne Global sind kaum zu sehen, die Rechner werden über Clouds gesteuert, häufig sogar repariert.

Der Serverpark ist in verschiedene Sektoren eingeteilt, Cantrell erarbeitet mit den Kunden in langen Gesprächen einen Plan, welche Server genutzt werden. „Wenn schon effizient, dann bis zum Ende durchdacht“, sagt er. „Daher frage ich: Sind wirklich alle eure Daten so sensibel, dass sie in lokalen oder internen Netzwerken mit dem Rang Tier 3 oder 4 lagern müssen?“ Entscheidet sich der Kunde, einen Teil der Daten in ein Tier-1-Netzwerk zu legen, spart ihm das Geld. Zumal Verne Global diese Sektoren besonders platzsparend plant: Die Server stehen nicht waagerecht, sondern senkrecht wie Bücher.

Und der Druck zum effizienten Umgang mit Raum und Energie im übergeordneten Sinne steigt weiter. Die Hälfte der Weltbevölkerung wird im Jahr 2019 Zugang zum Internet haben, schätzt Cisco, bislang ist es nur ein Drittel. Das Netz wird immer extensiver genutzt, gerade fürs datenintensive Streaming von Filmen und Serien: 80 Prozent der Datenmenge, die Menschen im Jahr 2019 abrufen werden, werden Video­inhalte sein.

Dazu gehen immer mehr Geräte online, der Siegeszug des Internets der Dinge wird den Anstieg der Datenmengen weiter verschärfen, und die autonom fahrenden Autos der Zukunft werden nur übers Netz kommunizieren. Die Internationale Energieagentur (IEA) hat bereits Alarm geschlagen: Wenn die IT-Industrie auch noch die Prozessoren immer leistungsfähiger macht als bisher, ohne dabei an das Stromproblem zu denken, werde sie eines Tages einen Energiekollaps verursachen. Dann wären es nicht mehr Aluminiumhütten und Chemiefabriken, die sich rechtfertigen müssen für die von ihnen verursachten Emissionen. Sondern die Tech-Firmen mit ihren luftig-leichten Wolkensymbolen.

Greenpeace hat für seine im Mai veröffentlichte Studie Clicking Clean untersucht, mit welchem Energiemix die prominentesten Tech-Firmen operieren, und dabei traten große Unterschiede zutage. Demnach ist Apple derzeit der einzige der Großen, der zu 100 Prozent Strom aus regenerativen Energien benutzt. Dahinter folgen Yahoo (73 Prozent), Facebook (49 Prozent) und Google (46 Prozent). Erheblich weniger gut sieht es bei Amazon (23 Prozent) und Ebay (10 Prozent) aus, und die großen colocation companies wie etwa Equinix (16 Prozent) liegen mit ihren Server-Farmen auch alle im hinteren Drittel.

Womöglich sind sich Unternehmen wie Apple und Facebook ihrer ökologischen Verantwortung bewusster; womöglich haben sie auch nur größere Furcht davor, öffentlich als Klima­sünder dazustehen. Doch die Motive sind egal, solange die Ergebnisse gut sind: Facebook nutzt in seinem neuen Server-Campus in Schweden Wasserkraft, und in einer besonders windreichen Region Irlands investiert das Unternehmen 200 Millionen Euro in ein weiteres Rechenzentrum. Apple wiederum gibt 1,7 Milliarden Euro aus, um neue Datencenter in Dänemark und Irland zu bauen, die komplett mit Strom aus erneuerbaren Energien betrieben werden sollen.

Womöglich sind sich Unternehmen wie Apple und Facebook ihrer ökologischen Verantwortung bewusster; womöglich haben sie auch nur Furcht davor, öffentlich als Klima­sünder dazustehen.

Amazon, das mit den Rechnerkapazitäten seiner Sparte Amazon Web Services Marktführer im Cloud Computing ist und aktuell knapp 30 Prozent des weltweiten Cloud-Datenvolumens verwaltet, ist ein besonderer Fall. Der Konzern aus Seattle wirbt um Kunden gerade mit dem Argument, dass sein weltweit verzweigtes Rechenzentrennetz überall schnelle und sichere Übertragungen von hohen Datenvolumina garantieren kann.

Deswegen benutzen unter anderem Netflix, Soundcloud und Dropbox Amazon-Server. Mit jedem Stream und jedem Up- respektive Download auf diesen Plattformen heizt man als privater Internet­user also eher dreckigen Stromverbrauch an, im Zweifel, ohne es zu wissen. Immerhin hat Amazon Anfang des Jahres im US-Bundesstaat Indiana ein bereits im Bau befindliches Windkraftwerk übernommen und will dessen geschätzt halbe Million Megawattstunden jährliche Stromproduktion ab 2016 für seine Server nutzen.

Google ist da wesentlich weiter, der Konzern bemüht sich seit Jahren um Energieeffizienz. Einer der Vordenker ist Urs Hölzle, die Nummer 8 in der Google-Geschichte. Als der Schweizer 1999 dort anfing, eben als achter Mitarbeiter, hatte Google in seinem ersten Datencenter 30 PCs stehen. Die aktuellste Zahl zum Stromverbrauch stammt aus dem Jahr 2013, da waren 3,7 Millionen Megawattstunden auf der Konzernrechnung. Das ist ungefähr ein Viertel des jährlichen Gesamtverbrauchs von Berlin.

Allein in den vergangenen drei Jahren hat sich Googles Energiebedarf um fast 40 Prozent erhöht. Klingt nach viel, relativiert sich aber mit Blick auf die höhere Leistungsfähigkeit der Prozessoren. „Durch Investitionen in die Energie­effizienz und bessere Hardware erhalten wir mit der gleichen Menge Energie heute eine drei­einhalb mal so große Rechnerleistung“, sagt Urs Hölzle. Noch vor einigen Jahren galt in der IT-Branche die Faustregel, dass für 100 Watt Rechenleistung zusätzlich noch einmal weitere 100 Watt Energie aufgewandt werden müssen, also 100 Prozent. Heute liegt dieser in der IT sogenannte Overhead bei der Google-Rechnerflotte nur noch bei 12 Prozent, sagt Hölzle.

Der Konzern hat in den vergangenen Jahren kontinuierlich die Kühlungsarchitektur verändert, Stand der Technik ist heute die Wärme­abfuhr durch Wasser. Außerdem baut Google seine Server selbst. „Wir verzichten auf unnötige Komponenten wie Grafikprozessoren“, sagt Hölzle, „dafür erhält jeder Server eine eigene Back-up-Batterie.“ Fällt der Strom mal aus, springt kein teuer zu installierendes Zweitsys­tem an, die Geräte versorgen sich stattdessen selbst: „Das ist viel billiger und spart Energie.“

Endlos weiter lässt sich die Hardware aber nicht optimieren, „seit knapp einem Jahr werden wir nicht mehr effizienter“, sagt Hölzle, und das macht die Nummer 8 ein wenig nervös. Denn Stillstand kennt der Konzern nun mal nicht.
Also tat man bei Google zuletzt, was man am besten kann – und entwickelte einen Algorithmus. Dieser sammelt zunächst mal Unmengen an Daten: Wie hoch ist die Auslastung der Server gerade, wie wird sie sich in den kommenden Stunden entwickeln? Wie warm ist es draußen, wie hoch ist die Luftfeuchtigkeit?

Wie stark weht der Wind? Der Algorithmus sucht dann nach versteckten Abhängigkeiten zwischen den Parametern und gibt schließlich Hinweise, wie sich die Effizienz optimieren lässt. Mit der Software spart Google erneut Energie und Geld. Umso erstaunlicher, dass man den Algorithmus nicht zum Betriebsgeheimnis erklärt hat. „Wir haben Details über das Tool veröffentlicht, weil wir hoffen, dass andere es ebenfalls einsetzen, um effizienter zu werden“, sagt Urs Hölzle.

Ist das nur PR, greenwashing — oder echtes Öko-Bewusstsein? Klar jedenfalls ist, dass die IT-Industrie schon aus eigenem Interesse weiter an der Effizienz arbeiten muss. Eine Idee für die Zukunft sind noch smartere Server, die punktgenau erkennen, welche Prozessoren überhaupt benötigt werden, und sich mit künstlicher Intelligenz selbst regulieren.

Und wenn es um immer schnellere, stabilere und breitere Datenleitungen über den Erdball geht, nehmen die Tech-Konzerne bereits große Beträge in die Hand: Statt immer weitere Kapazitäten bei Telekommunikationsriesen zu mieten, beteiligen sich Facebook (mit 450 Millionen Dollar) und Google (300 Millionen) an Konsortien für neue Kabelverbindungen durch den Pazifik.

Die Motive dahinter sind wenigs­tens eindeutig: Als Facebook die gar nicht mal so irre Neuerung vorstellte, dass Videos in der Timeline automatisch starten, waren die Ausschläge des verstärkten Datenstroms in den Leitzentralen des Netzes erkennbar. Ein Kapazitätsbeben in der digitalen Welt, und Facebook will sich offenbar nicht von Kabelbetreibern sagen lassen, mit schicken, aber unnötigen Neuerungen Datenstaus zu erzeugen.

Noch einmal zurück nach Island, ins Rechenzentrum von Verne Global. Tate Cantrell führt schnellen Schrit­tes über den Server-Campus, dann bleibt er plötzlich stehen. Seine Augen funkeln, als er sagt: „Die Atomlobby möchte uns weismachen, dass es zwar Wege gäbe, die nächsten 250.000 Jahre mit ihrem nuklearen Abfall klarzukommen — aber es nicht möglich sein soll, erneuerbare Energie auch nur einen Tag lang zu speichern.“

Cantrell grinst wie ein Hacker, der eine Netzwerkschwachstelle gefunden hat. Für einen Moment scheint noch mal der Geek von früher zum Vorschein zu kommen. Ein effizientes, nachhaltiges, wahrhaft ökologisches Internet könne es nicht geben? „Wir nehmen die Herausforderung an.“

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