Hinweis zu Affiliate-Links: Alle Produkte werden von der Redaktion unabhängig ausgewählt. Im Falle eines Kaufs des Produkts nach Klick auf den Link erhalten wir ggf. eine Provision.

Dr. Stephen Hsu will Spritzen für Diabetiker überflüssig machen

von Chris Köver
Was, wenn Millionen von Menschen mit Diabetes Insulin nicht mehr spritzen müssten? Dr. Stephen Hsu, CEO des Pharma Start-Ups Prometheon, erklärt, wie er geschafft hat, was lange unmöglich schien: Ein Insulinpflaster zu entwickeln.

Dieser Artikel erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe des WIRED Magazins im September 2015. Wenn ihr die Ersten sein wollt, die einen WIRED-Artikel lesen, bevor er online geht: Hier könnt ihr das WIRED Magazin testen.

Fast 30 Jahre lang versuchte die Pharmaindustrie, Insulin ohne Spritzen zu verabreichen, rein über Hautkontakt. Ohne Erfolg. Es galt als Heiliger Gral der Forschung – bis wir kamen. Als ich Kollegen erzählte, dass wir eine Lösung gefunden hatten, wollte mir keiner glauben. Es geht um ein ernstes, globales Problem: Rund 400 Millionen Menschen leiden unter Diabetes Typ 2, viele von ihnen haben keinen Zugang zu guter Gesundheitsversorgung. Ich war Außenseiter in diesem Gebiet, ohne Erfahrung mit Material­forschung. Aber ich wusste: Wenn wir es schaffen, ein funktionsfähiges Pflaster für Insulin zu entwickeln, haben Millionen Kranke ein leichteres Leben.

Anfangs können Menschen mit Diabetes Typ 2 ihren Blutzucker noch mit Tabletten regulieren. Irgendwann müssen aber auch sie auf Nadeln umsteigen. Ein Problem ist, dass Patienten dann oft zu wenig Insulin spritzen – weil sie es vergessen oder weil sie Angst vor den Nadeln haben. Das führt zu vielen Komplikationen. Zudem muss Insulin gekühlt werden, um haltbar zu bleiben – und das ist in vielen Regionen ohne Strom kaum möglich. Die Frage lautete also: Wie schaffen wir es, Insulin anders zu verabreichen?

Mein Ziel war etwas, das sich jeder leisten kann, egal wie arm oder reich, und das kinderleicht anzuwenden ist. So kam ich auf die Idee, ein thermosensitives Pflaster zu entwickeln. Wie sich herausstellte, hatte das niemand zuvor versucht. Der Wirkstoff auf dem Pflaster ist bei Zimmertemperatur fest, so bleibt das Insulin stabil. Erst durch Kontakt mit der Haut schmilzt das Präparat zu einem Gel, das dann sieben Tage lang konstant Insulin abgibt. Wenn ich eine kleinere Dosis brauche, nehme ich ein kleines Pflaster; für eine höhere Dosis ein größeres.

Sieben Tage: Das war mir wichtig, denn je bequemer die Methode, desto eher werden Regeln eingehalten. Das ist bei Diabetes entscheidend. Ein Pflaster aufzukleben und alle sieben Tage zu wechseln, das schafft jeder – auch eine 70-Jährige mit schlechten Augen, die sich keine Spritze geben kann. Insulin ist kein neues Medikament, es wird bereits seit 1922 eingesetzt. Für die Zulassung mussten wir also nicht die Effektivität von Insulin nachweisen, sondern nur noch, dass unser Pflas­ter der Haut nicht schadet und dass wir das Insulin damit genauso gut dosieren können wie mit Spritzen.

In Tests haben wir das bereits bestätigen können. Weitere Versuche mit Ratten haben außerdem gezeigt, dass wir das gleiche Kontrollniveau erreichen wie mit Injektionen, aber mit einem entscheidenden Vorteil: Über die Kapillare im Gewebe direkt unter der Haut wird das Medikament noch effizienter aufgenommen als durch Spritzen in die tiefer liegende Fettschicht. Der Insulinpegel im Blut ist dadurch konstanter. Ich bin sicher, dass unsere Erfindung mehr sein wird als ein Durchbruch für Diabetes: Wir fangen mit Insulin an, doch später soll unser Pflaster vieles verabreichen können – von Antikörpern bis Mitteln zur Gentherapie.

Dr. Stephen Hsu ist Gründer von Prometheon, einem Pharma-Start-up der University of Florida.

GQ Empfiehlt
Wie können wir Eliten wieder vertrauen?

Wie können wir Eliten wieder vertrauen?

von Johnny Haeusler