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Darf ich Trolle zurücktrollen? MS. Know-it-all weiß es!

von Anja Rützel
Darf man zurücktrollen? Sollen müffelnde Hunde auf Instagram? Und kann ich die Übergabe eines Tumblrs, der mich zum Thema hat, verlangen? Antworten auf die drängendsten Fragen hat wie immer unsere Ms. Know-it-all.

Darf ich Trolle zurücktrollen – oder wird dann alles nur noch schlimmer?

Eine ehrenvolle Frage nach dem Jesus-Prinzip: Sollte man Backpfeifen-Verteilern noch duldsam die zweite Wange hinhalten? Weil man sie in unkalkulierbare Rage treiben könnte, wenn man ihre Provokationen mit einem galanten Degenpiks zu den inhaltslosen Fetzen zusammenschnurzeln ließe, die sie nun mal sind? Und wie würde wohl ein Exhibitionist in Aktion reagieren, wenn ein anderer vor ihm die Hosen herunterließe? Wenn Sie es nicht (aus nicht weiter zu diskutierenden Gründen) ohnehin ganz reizvoll finden, sich von anderen verbaldigital anpinkeln zu lassen, rate ich zu moderater Gegenwehr, wenn Ihnen danach ist. Mag sein, dass der Standardtroll am ehesten die Lust verliert, wenn man ihn ignoriert. Doch wenn man sich durch all den her­untergeschluckten Ärger selbst ein Magengeschwür züchtet, ist das auch blöd. Nicht ganz das, was Jesus tun würde – aber der war wahrscheinlich auch noch nie auf 4chan.

Fotogene, aber stinkende Hunde; schöne, aber unpraktische Möbel — in unserem Büro sieht es aus wie in einer Instagram-Kulisse. Darf ich ­einschreiten?

Unbedingt! Wer zu großes Gewicht auf Optik legt, dabei aber den anderen Sinnen arge Zumutungen aufbürdet, darf ruhig eine dezente Bremsung erfahren. Denn viele im Mayfair-Filterwahn vergessen: Was online gut aussieht, riecht offline eventuell schlecht. Zum Beispiel vegane Käseausdünstungen und Schnurrbartwichsemief. Noch sind Zeit und Technik leider nicht reif für Schnüffelgram, eine Präsen­tations-App für Dinge, die schlecht aussehen, aber gut riechen — was zum Beispiel für das auf Instagram selten gesichtete Gericht Hoppelpoppel gilt. Wenn Sie den nötigen langen Atem haben, könnten Sie der inszenierten optischen Perfektion mit einer Kampagne der Hässlichkeit begegnen. Zeit wäre es nach all dem filtergetunten Verhübschungszwang ohnehin mal dafür — schon allein aus Gründen des kosmischen Gleichgewichts. Weigern Sie sich, weiterhin an Ihrem leer gefegten ­Eiermann-Start-up-Tisch zu sitzen, besorgen Sie sich einen ausrangierten Konzern-Schreibtisch in Popelgrau. Adoptieren Sie einen Hund, der einfach nur stumpfschwarz ist und sich ausnehmend schlecht fotografieren lässt. Und setzen Sie darauf, dass Hässlichkeit in der Regel langsam, aber unnachgiebig die Schönheit überwuchern wird. Falls Ihnen das zu langwierig ist, können Sie auch einfach Stoffbahnen mit Erlkönig-Mustern bedrucken lassen, jener sonderbaren Kringel-Camouflage, mit der noch nicht veröffentlichte Automodelle bei Testfahrten getarnt werden, weil die Muster das Auge täuschen und auf Fotos die Formen verschleiern.

Meine Arbeitskollegen haben einen Tumblr über mich geführt. Jetzt habe ich den Arbeitgeber gewechselt. Können meine neuen Kollegen die Übergabe des Accounts fordern?

Die rechtlichen und moralischen Bedingungen der digitalen Verehrungsvererbung sind noch nicht definiert, also fangen wir mal damit an. Ich verstehe Ihre Sehnsucht, die von den alten Kollegen genossene Aufmerksamkeit zu Ihrem neuen Arbeitsplatz mitnehmen zu wollen — und ich vermute, auf besagtem Tumblr haben Ihre Ex-Bürobuddys besonders scharfsinnige Bonmots und Schnappschüsse von Ihnen gesammelt. Solches Verhalten ist aufmerksam, angenehm bauchpinselnd — allerdings leider auch eine Ausnahmeerscheinung. Weswegen Sie die alten Lorbeeren zusammen mit der vollgekritzelten Schreib­tischunterlage und der angeschimmelten Kaffeetasse ganz unten hinten im Rollcontainer Ihres alten Büros zurücklassen sollten. Auch wenn das keinen Spaß macht: Versuchen Sie, mit den neuen Kollegen neu anzufangen. Und denken Sie auch an Ihre alten Buddys: Vielleicht wollen die Ihren Verehrungstumblr — untröstlich zerrüttet von Ihrem Weggang — nun in einen Schmähblog umwandeln. Was ihnen selbstverständlich unbe­nommen bleibt. So ist das mit den menschlichen Beziehungen: heute allein fein, morgen ganz perdu, gewöhnen Sie sich daran. 

Das letzte Mal beantwortete Ms. Know-it-all unter anderem die Frage, was man tun kann, wenn jemand sein Pieps-Handy nicht leise stellt.

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