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Informatikerin Nadine Kärcher programmiert bionische Roboter

von Benno Stieber
Die Informatikerin programmiert bionische Roboter, weil auch die modernste Steuerungstechnik noch von der Natur lernen kann.

Kein Zutritt zum Labor, Nadine Kärcher bedauert: allergrößte Geheimhaltung. Niemand soll wissen, welches tierähnliche Wesen das Esslinger Familienunternehmen Festo auf der Hannover Messe im April präsentieren wird. Längst erwartet nicht nur die Fachwelt mit Spannung den neuen bionischen Roboter, den die Firma für Pneumatik und Automatisierungstechnik jedes Jahr auf der weltgrößten Industriemesse zeigt. Schwebende Fische, Gliederwürmer, Vögel und Libellen gab es schon und im vergangenen Jahr ein hüpfendes Kunststoff-Känguru mit autonomer Energieversorgung und verblüffendem Gleichgewichtssinn. Das BionicKangaroo kann sechs Sprünge hintereinander machen und lässt sich über ein Armband mit Gesten steuern.

Als Festo 2013 eine Roboter-Libelle vor den Augen von Angela Merkel und Wladimir Putin zeigte, stürzte diese ab. Schuld war der Störsender der Security des russischen Präsidenten

Die 26-jährige Informatikerin Kärcher ist Teil des kleinen Teams des Bionic Learning Network von Festo und hat die Software für das Känguru programmiert, die es schafft, den gesamten Sprungablauf in 0,3 Sekunden zu berechnen und zu bearbeiten. Besonders stolz ist Kärcher darauf, das mithilfe der firmeneigenen Regelungstechnik geschafft zu haben.

Warum aber baut ein mittelständisches Unternehmen alle Jahre wieder mit enormem Aufwand die Natur nach? Nur, um festzustellen, dass man deren Leistungsfähigkeit auch mit noch so ausgeklügelter Mechanik, Leichtbauweise und Software nur entfernt nahekommt? Kärcher sagt, es gehe schlicht darum, Prinzipien der Natur für Technologie nutzbar zu machen. Beim Känguru seien die Wissenschaftler vom Energiemanagement des Tieres begeistert gewesen: Es gewinnt bei jedem Sprung einen Teil der aufgewandten Energie zurück und speichert sie, um sie dann für den nächsten wieder zu aktiveren.

Dieses Prinzip könnte für die Auto­industrie interessant werden. „Wir suchen oftmals Lösungen für Probleme, die es noch gar nicht gibt“, sagt Kärcher. Anregungen dazu kommen etwa von der Biologin im Team, die die Ingenieure auf Funktionsprinzipien in der Natur aufmerksam macht. Für die Umsetzung holt sich das Team oft Hilfe von Fachleuten anderer Unternehmen oder von Wissenschaftlern. Und nicht selten lösen Fähigkeiten der Festo-Roboter sehr konkrete Probleme der Kunden. Der Elefantenrüssel zum Beispiel, den Fes­to gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut entwickelt hat und 2010 in Hannover zeigte, wird heute in Form eines flexiblen Greifarms mit zangenartiger Hand in vielen Fertigungshallen eingesetzt — ganz natürlich.

Eine Übersicht aller Innovatoren der Februar-Ausgabe von WIRED gibt es hier.

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