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Attacken auf Ghostbusters-Star: Twitter verbannt einen seiner schlimmsten Hetzer

von WIRED Editorial
Twitter hat den konservativen Tech-Journalisten Milo Yiannopoulos von seiner Plattform verbannt – als Reaktion auf seine koordinierte rassistische Kampagne gegen Ghostbusters-Schauspielerin Leslie Jones. Dass Yiannopoulos' Fans nun ebenfalls Twitter verlassen wollen, ist ein schöner Nebeneffekt.

Twitter hat einen der notorischsten Provokateure von seiner Plattform verbannt: Der Account des neo-rechten Tech-Journalisten Milo Yiannopoulos, auf Twitter bekannt als @nero, wurde am Dienstag dauerhaft gesperrt.

Yiannopoulos hatte zuvor im Netz gegen die Schauspielerin Leslie Jones gehetzt, die eine von vier Hauptrollen im neuen Ghostbusters-Remake spielt, das gerade in den Kinos anläuft. Seine Follower ritten daraufhin eine koordinierten Attacke auf die afroamerikansiche Schauspielerin, bombardierten sie mit rassistischen und sexistischen Beleidigungen, etwa Bildern, auf denen sie mit einem Gorilla verglichen wird. Auch Yiannopoulos selbst beteiligte sich an dem Angriff.

„Leute sollten vielfältige Meinungen und Überzeugungen auf Twitter zum Ausdruck bringen können“, sagte ein Firmensprecher daraufhin zu Buzzfeed News. „Aber niemand verdient es, gezieltem Missbrauch unterworfen zu sein, und unsere Regeln verbieten es, zum gezielten Missbrauch und Angriff auf anderer Personen anzustacheln oder sich daran zu beteiligen.“

Leslie Jones hatte zu diesem Zeitpunkt bereits einige sehr anstrengende Tage hinter sich. Nachdem Ghostbusters am Wochenende in den US- und Britischen Kinos anlief, kämpfte sie bereits übers Wochenende mit rassistischen Angreifern auf Twitter. Am Montag begann sie damit die Beleidigungen über ihr eigenes Account mit ihren 263.000 Followern zu teilen – der Versuch, die Angreifer bloßzustellen und das Ausmaß des Problems öffentlich zu machen.

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Twitter CEO-Jack Dorsey schaltete sich zu einem Zeitpunkt selbst in die Situation ein und lud Jones zu einem Gespräch ein. Er scheint allerdings, als habe er ihr keine echte Hilfe anbieten können: Nach einer Reihe zunehmend wütender und verzweifelter Tweets schrieb Jones am Dienstagabend, sie werde Twitter „mit Tränen und einem sehr traurigen Herzen“ verlassen. „Das alles, weil ich einen Film gemacht habe.“ Zuvor schrieb sie noch an Yiannopoulos: Sie habe ihn gemeldet und hoffe, sein Account werde gesperrt.

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Yiannopoulos, derzeit als Tech-Journalist beim konservativen US-Portal Breitbart angestellt, gilt als eine der lautesten Stimmen der sogenannten „alt-right“, also der alternativen Rechten. Sein Profil schärft er mit Angriffen gegen Feministinnen, Linke und andere Verfechter einer seiner Meinung nach übertriebenen Political Correctness, von der er sich und andere privilegiert weiße Männer akut bedroht sieht. Die Kritik an der so genannten Rape Culture in den USA verglich er mit Harry Potter („beides Fantasie“), Donald Trump unterstützt er im Wahlkampf mit dem Kampagne Gays for Trump (Yiannopoulos ist schwul).

Nach dem Anschlag in Orlando nutzte er die Stunde, um gegen den Islam und die vermeintlich naive amerikanische Linke zu hetzen. Mit solchen Aktionen hat es sich auf Twitter und anderswo im Netz eine beachtliche Fanbasis aufgebaut: Zum Zeitpunkt der Sperrung hatte Yiannopoulos mehr als 388.000 Follower.

Yiannopoulos kommentierte seinen Rauswurf auf Breitbart als „feige“ und als Beweis dafür, dass Twitter eine „no-go zone“ für Konservative sei. „Wie alle Akte der totalitären regressiven Linken, wird ihnen das noch auf die Füße fallen, und mir weitere bewundernde Fans bescheren. Wir gewinnen den Kulturkrieg.“ Im beliebten Duktus all jener, die sich jedes Mal den Mund verboten sehen, wenn jemand ihre Drohungen oder Hetze unterbindet, bemüht er das Recht auf freie Meinungsäußerung: „Das ist das Ende von Twitter. Jeder der etwas auf freie Meinungsäußerung gibt, hat eine klare Botschaft erhalten: Du bist auf Twitter nicht willkommen.“

Twitter hatte ihm bereits im Januar sein blaues Ehrenabzeichen entzogen – die Plakette, mit der prominente Nutzer die Authentizität ihres Accounts nachweisen können. Zu den Gründen wollte sich Twitter damals nicht äußern, vermutlich soll es aber eine Art Verwarnung gewesen sein. Nachdem die Botschaft an Yiannopoulos offenbar vorbei gehallt war, hat Twitter ihm jetzt vor die Tür gesetzt.

Twitter steht bereits seit Jahren in der Kritik, seine Nutzer und besonders Nutzerinnen nicht effizient genug gegen Gewalt und Belästigung zu schützen. Der derzeitige Aktionismus der Plattform – neben Yiannopoulos wurden zahlreiche weitere Accounts gesperrt – liegt vermutlich daran, dass Leslie Jones' Fall prominent genug ist, um das bereits schlechte Image von Twitter als rechtsfreiem Raum noch weiter zu beschädigen.

Doch rassistische, sexistische, homo- oder transphobe Hasstiraden und Drohangriffe auf Twitter treffen nicht nur prominente US-Schauspielerinnen, sondern viele ganz und gar nicht berühmte Nutzer, für die ihre Anwesenheit auf der Plattform zum täglichen Nahkampf wird.

„Wir wissen, dass viele glauben, wie hätten nicht genug getan, um dieses Verhalten auf Twitter einzudämmen. Wir stimmen zu“, sagte Twitter am Dienstag zu Buzzfeed News. „Wir werden weiterhin stark in unsere Werkzeuge und Systeme investieren, um Missbrauch schneller zu identifizieren und aktiv werden zu können, noch während er passiert, um Wiederholungstäter zu verhindern.“

Diese Form von öffentlicher Selbstgeißelung wird jedoch immer unglaubwürdiger je öfter Twitter sie wiederholt ohne erkennbare Maßnahmen zu ergreifen. Jack Dorseys CEO-Vorgänger Dick Costolo hatte vor mehr als einem Jahr bereits diese Pose eingenommen. In einer internen Nachricht, die später ins Netz gelangte, schrieb er: „Wir sind beschissen darin, mit Missbrauch und Trollen umzugehen und wir sind es seit Jahren.“ Nur will inzwischen vermutlich kein Nutzer mehr öffentliche Schambekundungen des Führungspersonals lesen darüber, wie man an den eigenen Ansprüchen scheitert. Twitter bleibt nicht mehr viel Zeit, um mit konkreten Maßnahmen nachzuweisen, dass es ihnen mit ihren Versprechen auch Ernst ist.

Womöglich könnte die Sperrung von Yiannopoulos' Account jedoch auf ganz unvorhergesehene Weise zumindest einen Teil des Problems lösen. Seine Follower haben angekündigt, ihre eigenen Accounts aus Solidarität zu löschen:

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