Virtual-Reality-Filme sind noch lange nicht in den Multiplex-Kinos angekommen. Aber Indie-Filmemacher tun einiges dafür, um das Genre weiterzuentwickeln. Unterstützt werden sie dabei von Events wie dem Tribeca Film Festival oder dem South by Southwest, die mittlerweile eigene Kategorien für VR-Filme haben.
Das Frankfurter Lichterfilmfestival hat jetzt als erstes deutsches Filmfestival im Wettbewerb eine eigene Kategorie: Virtual Reality Storytelling. Den ersten Preis gewann der Regisseur Alexandre Perez mit seinem französischsprachigen Film Sergeant James. Er setzte sich gegen mehr als 50 Konkurrenten durch.
Die siebenminütige Erzählung spielt unter dem Bett eines kleinen Jungen und lässt den Zuschauer die Perspektive eines Monsters einnehmen, das ihn mit gruseligen Erlebnissen überrascht. Die Jury begründete ihr Urteil damit, dass Sergeant James „magisch von traditionellen Erzählformen im 2D-TV-Raum befreit ist“. WIRED hat mit Alexandre Perez über seinen Film, die Vorteile von VR-Kino und die Zukunft des Mediums gesprochen.
WIRED: Was begeistert dich an der Arbeit mit VR-Filmen?
Alexandre Perez: Sergeant James ist mein erster VR-Film, vorher habe ich zwei sehr kurze Filme veröffentlich – beide mit dem iPhone gedreht. Die Arbeit dazu hat im Dezember 2015 begonnen, der Film entstand erst als Skript anlässlich eines Wettbewerbs für 360-Grad-Filme in Paris. Die Idee, dass der Film unter dem Bett eines Kindes spielen soll, war als erstes da. Die meisten VR-Inhalte sind darauf konzipiert, dass man alles sieht. Mich hat das Gegenteil interessiert. Ich mag die Idee eines Dialoges zwischen Hauptdarsteller und Zuschauer. Dadurch entsteht die Frage: Wer bin ich im Film. Bin ich nur ein Beobachter oder doch ein Protagonist?
Die meisten VR-Inhalte sind darauf konzipiert, dass man alles sieht. Mich hat das Gegenteil interessiert
WIRED: Was hat dir VR ermöglicht, was beim klassischen Film nicht möglich gewesen wäre?
Perez: Natürlich hätte ich diesen Film auch in 2D machen können. Durch VR kann man die Aufmerksamkeit aber auf bestimmte Punkte richten. In meinem Film gibt es beispielsweise die Szene eines sich nähernden Zuges, im Hintergrund passiert aber gleichzeitig die eigentliche Handlung mit dem Jungen. Meine Herangehensweise beim Machen des Filmes war, sich auf das Spiel mit dem Zuschauer zu konzentrieren. Dabei habe ich die verschiedenen Szenen wie Erdbeben aufgebaut: Es gab immer einen Mittelpunkt. Da es aber cineastisches VR ist, gibt es keine direkte Möglichkeit für Interaktion. Ich wollte den Film nicht mithilfe von Hotspots interaktiv machen.
WIRED: Welche Genres eignen sich besonders für VR-Filme?
Perez: Es gibt viele gute Dokumentationen für VR, beispielsweise über den Klimawandel oder das Leben von syrischen Geflüchteten. Auch im Line-ups von Festivals wie Tribeca, Sundance, oder South by Southwest finden sich vor allem VR-Dokumentationen. Für mich geht es jedoch nicht um das Genre, sondern um das Auslösen von Emotionen: wie Angst, Wut, Trauer oder Freude. Außerdem ist es für mich wichtig, welche Position der Zuschauer im Film einnimmt.
Für mich ist 2017 das erste Jahr der VR-Zeitrechnung
WIRED: Wie sieht die Zukunft des VR-Kinos aus?
Perez: Vor wenigen Tagen haben die Internationalen Festspiele von Venedig einen eigenen Wettbewerb für VR-Filme angekündigt. Für mich ist 2017 das erste Jahr der VR-Zeitrechnung. Ich denke, dass die Premium-Inhalte weiterhin in ausgewählten Kinos und Festival gezeigt werden, cineastische VR-Filme aber auch mehr und mehr für den Privatgebrauch gedreht werden.
Sergeant James ist beim Lichter Filmfestival in Frankfurt am Main noch an folgenden Terminen zu sehen: Freitag, 31. März 2017, 19:00 Uhr und 21:00 Uhr, Sonntag 2. April 2017, 14:00 Uhr, 16:00 Uhr und 18:00 Uhr.