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Neues vom Admin / Risiken und Nebenwirkungen finden Sie im Internet

von Armin Hempel
Der medizinische Teil des Netzes braucht dringend eine Generalüberholung! Admin Armin sucht im Netz nicht nur nach Reparaturanleitungen für kaputte Computer, sondern auch mal für sich selbst. Bei Kleinigkeiten assistiert Dr. Google, ernsthafte Beschwerden bespricht er dann doch lieber mit einem richtigen Arzt. 

Neulich hatte ich nach dem Aufräumen einen Splitter im Zeigefinger. Er saß ziemlich tief und war beim besten Willen nicht mit einer Pinzette oder Nadel zu entfernen. Drin lassen war keine Alternative, ich wollte aber mit so einer Kleinigkeit auch nicht gleich zum Hausarzt rennen. Also befragte ich das Netz und nahm erstaunt zur Kenntnis: „Splitter entfernt man am besten mit einer dicken Paste aus Wasser und Backpulver.“ – Ich bin neugierig und Backpulver habe ich immer da. 30 Minuten später war der Splitter raus. Ob das jetzt am Backpulver, am Wasser oder an beidem zusammen lag? Offen gesagt: Keine Ahnung! Egal: Das Netz hatte mir geholfen und konnte mein Problem lösen, wie schon so oft.

Leider geht das Suchen nach medizinischen Tipps im Internet auch gern mal nach hinten los. Suchen wir nach Kopfschmerzen, sind wir drei bis vier Anfragen später felsenfest davon überzeugt, dass wir es mit einem ausgewachsenen Hirntumor zu tun haben. Geben wir „Rückenschmerzen“ bei Google ein, finden wir statt naheliegenden Erklärungen die Antworten „Rheuma“ oder gar Exoten wie „Morbus Bechterew“. Denn wir haben leider nach „Rückenschmerzen“ und nicht etwa nach „Rückenschmerzen und völlige Selbstüberschätzung beim Sport nach jahrelanger Bewegungsabstinenz“ gesucht. Die Internet-Suche nach ernsteren oder auch nur vieldeutigen Krankheitssymptomen bringt fast nie nützliche Ergebnisse, sondern ist viel häufiger die Ursache von Cyberchondrie, der online hervorgerufenen Variante der Hypochondrie. 

Das ist eine Herausforderung für die Ärzteschaft! Denn wir stehen plötzlich in deren Praxen, bewaffnet mit fertigen Diagnosen für eingebildete Krankheiten. Die Schulmediziner haben ihre liebe Mühe damit, uns davon zu überzeugen, dass doch eigentlich alles in bester Ordnung ist und der Knubbel am Hals schon von selbst verschwinden wird, wenn wir unseren Körpern nur ein wenig Zeit dafür lassen. In anderen Fällen jedoch kann ein bisschen zusammengegoogeltes medizinisches Basiswissen allerdings auch von Vorteil sein. Denn jetzt können wir einfach nur mit dem Kopf schütteln, wenn unser Hausarzt uns wieder einmal weismachen will, dass das soeben vorsorglich verschriebene Antibiotikum das Grippevirus schon in den Griff bekommen wird. 

Die Mediziner müssen damit zurechtzukommen, dass wir nun etwas mehr wissen als vor 20 Jahren und dass wir den ehemaligen Halbgöttern in Weiß nicht mehr blind vertrauen. Das Internet und vor allem die immer klügeren Suchalgorithmen sorgen zunehmend dafür, dass Ärzte und Patienten auch bei ernstzunehmenderen Krankheitsbildern ein Gespräch auf Augenhöhe führen können. Leider müssen die Mediziner darüber hinaus auch mit allem anderen zurechtkommen, was wir im Netz auftreiben: Mit undifferenzierten Diagnosen aus unmoderierten Foren, die sich an statistisch irrelevanten Einzelfällen orientieren, mit „Wissen“ aus der Werbung und aus Medizin-Portalen, auf denen die positiven Bewertungen vermutlich genauso gekauft sind wie viele andere Rezensionen im Netz auch.  

Kurz gesagt: Der medizinische Teil des Internets ist an sich eine gute Sache, aber er ist hoffnungslos kaputt. Eine Generalüberholung ist dringend fällig! Doch wer wird das in Angriff nehmen? Zunächst sind hier die Suchmaschinenbetreiber gefordert, denn etwa jede zwanzigste Internet-Suche dreht sich um Gesundheitsthemen. Google arbeitet bereits an einer Lösung für dieses Dilemma. Seit kurzer Zeit finden sich im Knowledge Graph und in der Google-App liebevoll illustrierte Fakten über mehr als 900 Krankheitsbilder, bisher leider nur auf Englisch und auf die USA beschränkt. Die Artikel werden von einem großen Ärzte-Team zusammengestellt und geprüft, um sicherzustellen, dass darin nur wissenschaftlich fundierte und relevante Informationen verwendet werden. Google arbeitet unter Hochdruck daran, das Feature auch in vielen anderen Ländern anbieten zu können.


Ich freue mich sehr darauf, denn ich kann es schon jetzt kaum erwarten, nächstes Jahr mit etwas mehr als mit Halbwissen in der Arztpraxis aufzukreuzen. 

In der letzten Folge „Neues vom Admin“ überlegte Armin Hempel, ob der Besitz von Ferrero der Domain „.kinder“ gerechtfertigt ist. 

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