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Mücken sind womöglich nicht die Einzigen, die das gefährliche Zika-Virus übertragen

von Chris Köver
El Salvador empfiehlt Frauen, bis zum Jahr 2018 nicht mehr schwanger zu werden. Auch Kolumbien, Brasilien und Jamaica raten von einer Schwangerschaft ab, seit eine Verbindung zwischen dem Zika-Virus und schweren Fehlbildungen bei Ungeborenen festgestellt wurde. Das Virus breitet sich rapide aus – und womöglich nicht nur über Mücken.

Es wirkt ganz harmlos, wenn man sich mit dem Zika-Virus infiziert hat: ein bisschen Ausschlag, Gliederschmerzen, leichtes Fieber – und nach einer Woche ist alles wieder vorbei. Schätzungsweise 80 Prozent der Infizierten entwickeln gar keine Symptome, nachdem sie von einer Mücke gestochen wurden, die den Erreger in sich trägt.

Doch dann schlug das Brasilianische Gesundheitsministerium Alarm. Das Virus hatte sich erschreckend schnell in dem Land verbreitet und zeigte Folgen, die so vorher nicht aufgefallen waren: Bereits Ende 2015 bemerkten Wissenschaftler, dass in den vorangegangenen Monaten auffallend viele Kinder mit einem zu kleinen Kopf auf die Welt gekommen waren. Das Krankheitsbild heißt Mikroenzephalie. Normalerweise tritt diese Fehlbildung äußerst selten auf. Jetzt wurden innerhalb weniger Monate rund 3700 solcher Fälle gezählt – und in allen hatte sich die Mutter zuvor mit dem Zika-Virus infiziert.

4000 Fälle in wenigen Monaten – in allen hatte sich die Mutter zuvor mit dem Zika-Virus infiziert.

Wissenschaftler verstehen noch nicht genau, wie das Virus zu den Fehlbildungen führt, doch die Zahlen lassen kaum noch Zweifel aufkommen, dass es sich nicht um einen Zufall handeln kann. Die südamerikanischen Länder, die am stärksten von Zika betroffen sind, reagieren entsprechend mit teils radikalen Empfehlungen: So rät El Salvador seinen Einwohnerinnen bis zum Jahr 2018 am besten gar nicht schwanger zu werden. Auch Brasilien — mit einer Million Fällen im Zentrum der Epidemie — und Kolumbien empfehlen, Schwangerschaften vorerst um sechs bis zwölf Monate aufzuschieben.

Nun schalten sich auch internationale Gesundheitsbehörden ein. So hat das US Center for Disease Control and Prevention eine bislang einzigartige Reisewarnung ausgesprochen: Schwangere Frauen sollten Reisen in Zika-Regionen am besten aufschieben. Zuvor waren in den USA etwa ein Dutzend Zika-Fälle gemeldet worden, alle stammen von Auslandsreisen. Auch das Auswärtige Amt warnt in seinen Sicherheitshinweisen für Brasilien: "Schwangere sollten generell von vermeidbaren Reisen in Zika-Endemie-Gebiete absehen."

Anfang dieser Woche warnte dann auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) vor dem Virus. Es sei zu erwarten, dass sich Zika bald auf dem gesamten amerikanischen Kontinent ausbreiten werde, schreibt die Organisation in einer aktuellen Mitteilung. Einzige Ausnahme: Kanada und Chile, wo die übertragende Aedes-Mücke nicht vorkommt.

Zwei Gründe macht die WHO dafür aus, dass sich das Virus derzeit so schnell in Amerika ausbreitet: Erstens sei das Virus erst vor kurzem auf dem Kontinent angekommen, die Bevölkerung war dem Erreger also bislang nicht ausgesetzt. Zweitens lebe die für die Übertragung verantwortliche Aedes-Mücke – derzeit das wichtigste Vehikel für den Virus – in fast allen Ländern auf dem Kontinent. Optimale Ausgangslage für eine Epidemie also.

Die Forschung geht davon aus, dass das Virus derzeit vor allem über die Aedes-Mücke übertragen wird: Die Mücke sticht eine infizierte Person, saugt deren Blut und sticht dann die nächste Person, die sie dadurch ansteckt.

Allerdings ist das wohl nicht der einzige Übertragungsweg: Zumindest ein Fall ist bekannt, in dem das Virus wahrscheinlich durch sexuellen Kontakt übermittelt worden ist. Dr. Brian D. Foy, in Biologe der Colorado State University, hatte sich in Sengal angesteckt und nach seiner Rückkehr nach bisherigem Kenntnisstand seine Frau infiziert. In einem weiteren Fall auf Haiti konnten Zika-Viren außerdem in der Samenflüssigkeit eines Mannes nachgewiesen werden, der sich zuvor infiziert hatte. Er steckte allerdings niemanden an.

Die Faktenlage ist also dünn. Die WHO sagt, dass sich auf dieser Basis noch nicht mit Sicherheit sagen lasse, ob Zika tatsächlich sexuell übertragbar sei – und damit hat sie sicher Recht. Sollte das Virus allerdings tatsächlich sexuell übertragbar sein, würde das die Situation weiter verschärfen. Reisewarnungen würden dann nicht mehr nur für Schwangere gelten oder solche Frauen, die es werden könnten. Auch die Männer wären dann ein Risiko: Sie könnten Sexualpartnerinnen nach ihrer Rückkehr mit dem Virus infizieren.

Dr. Foy, der Biologe an der Colorado State University, sagte der New York Times, er habe im Anschluss an seine Infektion im Jahr 2008 versucht, das Phänomen weiter zu erforschen. Weil Zika aber keine Mäuse oder Ratten befällt, sondern nur Menschen und Affen, seien Versuche aufwändig und kontrovers. Bis vor kurzem sei das Interesse an diesem obskuren Virus einfach zu gering gewesen, um die Forschung zu finanzieren.

Die neuesten Entwicklungen ändern diese Situation, Wissenschaftler rufen jetzt dazu auf, die Übertragbarkeit dringend zu erforschen. Samenproben von infizierten Männer in den betroffenen Regionen sind der erste Schritt – das dürfte kein allzu großes Problem sein. Viel schwerer wird es vermutlich, weitere Paare zu finden, bei denen ein Partner – wie Dr. Foy – das Virus aus einer Zika-Region mitbrachte und den anderen ansteckte. 

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