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Warum Metal-Musik und Pop-Songs zeigen, wie du denkst

von Moritz Geier
Warum gefällt uns ein bestimmtes Lied? Musikgeschmack ist noch immer weitestgehend unerforscht. Jetzt haben Forscher in einer Studie herausgefunden, wie unser Denkstil unsere Musikwahl beeinflusst – und was Metallica und Vivaldi verbindet.

Bisher wusste die Wissenschaft nur dies: Zwischen Musikgeschmack und Charakter eines Menschen gibt es eine Verbindung. Extrovertierte scheinen zum Beispiel elektronische Musik, Pop und Funk zu bevorzugen, Neugierige dagegen vor allem Jazz, Klassik und Blues. Jetzt gibt es eine brandneue Erkenntnis: Forscher um den Psychologie-Doktoranden David Greenberg von der University of Cambridge behaupten, dass unser kognitiver Stil bestimme, welche Musik wir lieber hören als andere.

Der Denkstil sei sogar ein genauerer Prädikator für den Musikgeschmack als der Charakter

„Der Musikgeschmack eines Menschen schwankt zwar im Laufe eines Lebens, aber wir haben festgestellt, dass der Grad des Einfühlungsvermögens und der Denkstil eines Menschen voraussagen, welche Art von Musik er mag“, sagt Greenberg. Tatsächlich sei der Denkstil sogar ein genauerer Prädikator für den Musikgeschmack als der Charakter. Ihre Studie veröffentlichten die Forscher im Fachjournal PLOS ONE.

Greenberg und seine Kollegen werteten dafür die Fragebögen von mehr als 4000 Probanden aus, die in einer zweiten Runde 50 Musikstücke verschiedenster Genres bewerteten. Die Fragebögen gaben den Forschern Auskunft darüber, ob ein Proband aufgrund seines Denkstils eher als „Empathizer“ beschrieben werden kann oder als „Systemizer“. Letztere denken analysierend und strukturiert, und haben ein ausgewiesenes Interesse dafür, Komplexitäten, Systeme und Regeln zu verstehen. Ein Empathiker dagegen reagiert sehr einfühlsam auf Emotionen anderer. Auch eine Balance zwischen diesen beiden Extremen sei möglich.

Das Ergebnis der Studie: Probanden mit hoher Empathiefähigkeit hörten lieber sanftere Töne, also Musik von R&B bis Soft Rock, Musik wie Country, Folk und Singer-Songwriter-Genres, sowie zeitgenössische Musik von Pop bis Latin und Electronica. Intensive Musik gefällt den „Einfühlsamen“ indes weniger. Diese sei die Sache der „Systematiker“: Sie lieben Punk, Heavy Metal, schnelle und laute Musik. Die Ergebnisse stellten sich auch innerhalb der Genres als beständig heraus: So bevorzugen „Empathiker“ den sanften, unaufdringlichen Jazz einer Norah Jones, Systematiker dagegen den komplexeren, intensiveren Jazz eines Ornette Coleman.

Darüber hinaus scheinen „Empathiker“ kontemplative, poetische und warme Elemente in der Musik zu schätzen, auch traurige, melancholische Züge in den Liedern. Systematiker brauchen energische Musik, die aufputscht, antreibt und positive Emotionen überträgt. Sowohl Metallica als auch Vivaldi liege ihnen, behaupten die Wissenschaftler. Auf der anderen Seite ist „Hallelujah“ von Jeff Buckley die Hymne der Empathiker.

Greenberg ist sich sicher, dass die Musikindustrie von seiner Forschung profitieren wird: „Spotify oder Apple Music stecken viel Geld in die Entwicklung von Algorithmen, die Musik für uns auswählen. Wenn sie den Denkstil einer Person kennen, könnten diese Dienste in Zukunft ihre Vorschläge noch feiner anpassen.“

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