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„Yooka-Laylee“, „Bloodstained“ & Co.: Diese zehn Kickstarter-Games retten euer Lieblingsgenre!

von Oliver Klatt
Veteranen der Videospielindustrie lieben Crowdfunding. Wer sein altmodisches Jump ‘n‘ Run, sein textlastiges Rollenspiel oder seine ausufernde Weltraumsimulation nicht bei den großen Konzernen unterbringen kann, wendet sich einfach an die Fans. Denn die sind gerne bereit, den Entwicklerlegenden ihres Vertrauens viel Geld fürs nächste Game vorzuschießen.

Als im März 2015 bekannt wurde, dass Videospielproduzent Hideo Kojima nach Erscheinen von „Metal Gear Solid: The Phantom Pain“ dem japanischen Publisher Konami den Rücken kehren wird, war das der Endpunkt einer Ära. Eines Abschnitts der Gaming-Geschichte, in dem exzentrisches Genies wie Kojima von Großkonzernen dafür bezahlt wurden, ihre aufwendigen Videospielkunstwerke auf die Konsolen dieser Welt loszulassen. Man wolle sich in Zukunft mehr auf Mobile-Games konzentrieren, hieß es von Konami.


Immer mehr Game-Designer sagen sich von den eingefahrenen Mechanismen der Industrie los.

Das bedeutet: Es wird nicht nur keine Stealth Games aus dem „Metal Gear Solid“-Universum mehr geben, die unter Kojimas Leitung entstehen. Auch das im vergangenen Jahr mit einem spielbaren Trailer wirkungsvoll angekündigte Gruselspiel „Silent Hills“, eine Kollaboration zwischen Kojima, dem Regisseur Guillermo del Toro und „The Walking Dead“-Schauspieler Norman Reedus, wurde abgeblasen. Sehr zur Enttäuschung von Fans des tiefgründigen Horrors, die sich von dem Titel eine Wiederbelebung der legendären „Silent Hill“-Reihe erhofft hatten.

Aber vielleicht hat das alles auch eine gute Seite. Schließlich haben sich in zuletzt immer mehr erfolgreiche Game-Designer von den etablierten Publishern und eingefahrenen Mechanismen der Videospielindustrie losgesagt. Und sich stattdessen dem Crowdfunding zugewandt: Traditionelle Genres, die bei vielen Gamern beliebt sind, aber nicht mehr in die Geschäftsstrategie der Konzerne passen, erleben dank Kickstarter und Co. eine Auferstehung.

So hat beispielsweise Koji Igarashi, der früher auch bei Konami war, über Kickstarter innerhalb von zwei Wochen mehr als 2,5 Millionen Dollar für sein Spiel „Bloodstained: Ritual Of The Night“ eingesammelt. Es gibt überhaupt keinen Grund, warum sein Ex-Kollege Hideo Kojima es ihm nicht gleichtun könnte, sobald er seine vertraglichen Verpflichtungen erfüllt hat. Sollte er sich dazu entschließen, seine Games künftig auf eigene Faust zu veröffentlichen, darf er sich an diesen zehn Projekten gern ein Beispiel nehmen:

#1 „Yooka-Laylee

Um die Jahrhundertwende waren 3D-Platformer mit anthropomorphen Cartoon-Helden und schrägem Humor groß in Mode. Ein paar Beispiele: „Banjo-Kazooie“, „Donkey Kong 64“, „Ratchet & Clank“ oder „Oddworld: Munch‘s Oddysee“. Die Erfinder von „Banjo-Kazooie“ wollen diesem Trend mit ihrem neuen Spiel „Yooka-Laylee“ nun eine Renaissance spendieren. Im Gegensatz zum Klassiker-Vorbild steuert man darin aber nicht einen Bären und eine Vogeldame durch die Level, sondern ein Duo aus Chamäleon und verrückter Fledermaus. Nach weniger als einem Tag hatten die Entwickler ihr Kickstarter-Ziel von einer Million Pfund erreicht. Derzeit sind sie dabei, diesen Betrag zu verdoppeln. „Yooka-Laylee“ soll Ende 2016 für alle Systeme erscheinen.

#2 „Bloodstained: Ritual Of The Night


Koji „IGA“ Igarashi hat sich als Produzent der „Castlevania“-Spiele einen Namen gemacht — actionlastige Side-Scroller, in denen man als Vampirjäger düstere Ritterburgen, Friedhöfe und andere Gothic-Kulissen erkundet. Fans schätzen Igarashis Einfluss auf die Serie so hoch ein, dass sie seinen Games eine eigenen Genre-Namen spendiert haben: Igavania. Zwar besitzt Igarashi — genau wie das Team hinter „Yooka-Laylee“ — nicht die Namensrechte an der Videospielreihe, die ihn berühmt gemacht hat. Dennoch könnte „Bloodstained: Ritual Of The Night“ genau das Igavania-Game werden, auf das Freunde der klassischen „Castlevania“-Games schon lange gewartet haben.

#3 „Mighty No. 9

Nach 23 Jahren beim japanischen Traditionsunternehmen Capcom gründete „Mega Man“-Erfinder Keiji Inafune sein eigenes Studio Comcept. Sein Ziel sei es, moderne Ästhetik mit traditionellem Game-Design zu verknüpfen, sagt der Entwickler. Und so erinnert Beck, der Held des über Kickstarter finanzierten „Mighty No. 9“, in seiner Erscheinung stark an den blauen Roboter aus „Mega Man“. Und auch Gameplay und Leveldesign sind dem Vorbild sehr ähnlich. Neu ist hingegen, dass der Maschinen-Held seine Gestalt verändern und sich beispielsweise in einen Panzer verwandeln kann. Vier Millionen Dollar hat Inafune dafür bisher einsammeln können.

#4 „Wasteland 2


Kein Independent-Studio ist auf Kickstarter so aktiv wie inXile aus Kalifornien. Für ihr 2014 veröffentlichtes Sequel zum Rollenspielklassiker „Wasteland“ knapp drei Millionen Dollar. Für „Torment: Tides Of Numenera“, das noch in Arbeit ist, sogar fast fünf Millionen. Am 2. Juni startet die Kampagne für „The Bard‘s Tale IV“, eine weitere Fortsetzung einer alten Rollenspielserie. Auch wenn inXile-Chef Brian Fargo die Rechte an seinem Endzeit-RPG „Fallout“ vor einigen Jahren abtreten musste, scheint er dank Kickstarter eine Nische gefunden zu haben, in die ihm Fans von Old-School-Dungeon-Crawlern gern folgen.

#5 „Broken Age

Auslöser des Kickstarter-Booms unter Videospielentwicklern war Tim Schafer. Weil der Erfinder von Klassikern wie „The Secret Of Monkey Island“ und „Grim Fandango“ niemanden fand, der ihm Geld für ein neues Point ‘n‘ Click-Adventure geben wollte, bat er Freunde des Genres per Crowdfunding um Unterstützung — und brach im Februar 2012 alle Rekorde. Innerhalb eines Tages hatte er eine Million Dollar zusammen, am Ende waren es sogar 3,3 Millionen. Noch nie zuvor hatte ein Projekt auf Kickstarter soviel eingespielt. Das Ergebnis ist „Broken Age“, ein Adventure-Game im gewohnt freundlichen Schafer-Stil, in dem man zwischen zwei Figuren hin- und herschaltet. Der zweite Akt ist gerade erschienen.


#6 „Formula Fusion

Kurzzeitig sah es schlecht aus für den Sci-Fi-Racer „Wipeout“, der 1995 zum ersten Mal PlayStation-Spieler in einen Geschwindigkeitsrausch versetzte. Das Entwicklerstudio wurde 2012 geschlossen, die Hoffnung auf eine „Wipeout“-Version für die aktuelle Konsolengeneration verschwand. Doch dann kam „Formula Fusion“. Das von ehemaligen „Wipeout“-Machern per Kickstarter finanzierte Game ist nichts anderes als „Wipeout“ unter anderem Namen. Auch Ian Anderson vom legendären Grafik-Studio The Designers Republic wirkt daran mit — seine Arbeit hatte maßgeblich zum futuristischen Look des ersten „Wipeout“ beigetragen. Knapp 80.000 Britische Pfund sind schon in der Kasse, ein Veröffentlichungsdatum steht noch aus.

#7 „Elite: Dangerous“


Games, in die man sich reinfuchsen und viel Zeit investieren muss, haben es nicht immer leicht auf dem Markt, der von schnelllebigen Mobile Games dominiert wird. Daher verwundert es kaum, dass Software-Pionier David Braben keinen großen Publisher dafür begeistern konnte, seine Weltraumsimulation „Elite: Dangerous“ zu unterstützen. Gamer, die sich gern in unendlichen Weiten verlieren und ferne Galaxien erkunden, sahen das zum Glück anders und brachten 1,7 Millionen Britische Pfund für die Entwicklung des Spiels zusammen. Die Fortsetzung von Brabens Videospielklassiker „Elite“ (1984) erschien Ende 2014 und wird seither kontinuierlich weiterentwickelt.

#8 „Star Citizen


„Wing Commander“-Erfinder Chris Roberts verfolgt mit „Star Citizen“ ein ähnliches Ziel wie David Braben mit „Elite: Dangerous“ — nur, dass bei ihm alles noch ein Stück ambitionierter ist. In seiner exklusiv für Windows- und Linux-PCs erscheinenden Weltraumsimulation wird man nicht nur im eigenen Raumschiff durchs All rasen können. Es soll auch von Anfang an möglich sein, auf Raumstationen und Planeten herumzulaufen und Abenteuer im First-Person-Shooter-Modus zu bestehen. Mit den über Kickstarter und die eigene Website eingesammelten knapp 40 Millionen Dollar schaffte Roberts es 2014 ins Guinness-Buch der Rekorde. Mittlerweile hat sich das Budget von „Star Citizen“ sogar verdoppelt.

#9 „Shadowrun Returns


Cyberpunk trifft Fantasy — auf dieser einfachen Formel basiert der Erfolg des Pen-&-Paper-Rollenspiels „Shadowrun“ von 1989. In den Neunzigern erschienen gleich drei Videospielumsetzungen von unterschiedlichen Herstellern. 2012 versuchte der Erfinder des Spiels, Jordan Weisman eine Wiederbelebung der bewährten Genre-Fusion. Für „Shadowrun Returns“ streckten Fans über 1,8 Millionen Dollar vor. Das Kickstarter-Projekt für den Nachfolger „Shadowrun: Hong Kong“ brachte immerhin 1,2 Millionen ein. Auch „Shadowrun Online“ von Cliffhanger Productions, das später in „Shadowrun Chronicles“ umbenannt wurde, verdankt seine Existenz dem Crowdfunding.

#10 „Shards Online

Ganz ohne Cyberpunk kommt „Shards Online“ von den Machern des Fantasy-MMORPGs „Ultima Online“ aus. Zwar kann der bisher eingesammelte Betrag von etwas über 100.000 Dollar nicht mit dem Budget von „Shadowrun“ und anderen Spielen mithalten. Aber Lead Engineer Derek Brinkmann und Lead Designer Tim Cotten wissen, wie man Fantasy-Fans motiviert: Ihr Open-World-Rollenspiel setzt ganz auf die Kreativität seiner Spieler. Der Editor von „Shards Online“ macht es möglich, eigene Level und Landschaften zu gestalten, in denen sich andere Gamer austoben können. Die erste Kickstarter-Kampagne scheiterte zunächts, weil man die anvisierten 320.000 Dollar nicht zusammenbekam. Aber nun scheint das Projekt mit weniger Ressourcen wieder auf gutem Kurs zu sein.

Natürlich kann die Fan-Finanzierung per Kickstarter auch schiefgehen. So gelang es etwa ehemaligen Mitgliedern des „Bioshock“-Entwicklerteams nicht, genug Gamer für ihr Spiel „The Black Glove“ zu begeistern, obwohl dieses zumindest optisch viele Ähnlichkeiten mit „Bioshock“ aufwies. Und auch „Areal“, das als inoffizielle Fortsetzung des beliebten Survival-Shooters „Stalker“ angekündigt wurde, scheiterte. Nicht etwa, weil es zu wenig Geld eintreiben konnte, sondern weil Kickstarter die Kampagne wegen dubioser Machenschaften der Entwickler in letzter Sekunde abbrach.


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Über all das braucht sich Hideo Kojima keine Sorgen zu machen. Würde er sich entschließen, sein nächstes Projekt über eine Crowdfunding-Plattform seiner Wahl zu finanzieren, wären ihm die Millionen der „Metal Gear Solid“-Anhänger so gut wie sicher. Bleibt also zu hoffen, dass er in den kommenden Wochen zum Telefon greift, seinen Buddy Guillermo del Toro anruft und ihn fragt, ob er im nächsten Jahr schon was vorhat. Esrt vor kurzem hat sich der Regisseur sehr enttäuscht darüber gezeigt, dass aus „Silent Hills“ wegen der Trennung Kojima vom Publisher Konami nichts mehr wird. Der Zeitpunkt könnte also nicht besser sein, um ein neues Videospielprojekt in Angriff zu nehmen. Eines, das bei alteingesessenen Publishern auf taube Ohren stößt — und die Gamer-Gemeinde mitten ins Herz trifft.


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