Hinweis zu Affiliate-Links: Alle Produkte werden von der Redaktion unabhängig ausgewählt. Im Falle eines Kaufs des Produkts nach Klick auf den Link erhalten wir ggf. eine Provision.

Fünf Jahre allein auf dem Mars wie in „The Martian“? Dieser Mann hat erlebt, wie das sein könnte

von Dominik Schönleben
Am Donnerstag kommt der neue Science-Fiction-Film von Ridley Scott ins Kino: „The Martian“ (deutsch: „Der Marsianer — Rettet Mark Watney“). Er erzählt die Geschichte eines Astronauten, der auf dem Mars gestrandet ist und dort für vier Jahre überleben muss. Wir haben mit Oliver Knickel gesprochen, der die Isolation auf dem Mars in einer Simulation für 105 Tage erlebt hat.

Es ist schön, dass es sie noch gibt: Science-Fiction-Filme, die nicht die Action, sondern die Erforschung des Weltraums in den Mittelpunkt stellen. Zu ihnen gehört auch „The Martian“ von Ridley Scott. Die Geschichte nach dem gleichnamigen Buch von Andy Weir erzählt den Überlebenskampf des Astronauten Mark Watney (Matt Damon), der auf dem Mars gestrandet ist.

Wegen eines Unfalls zurückgelassen, muss er auf dem lebensfeindlichen Roten Planeten vier Jahre lang durchhalten, bis eine neue Mars-Mission ihn retten kann. Seine Ressourcen sind begrenzt, die Lage wirkt aussichtslos. Völlig auf sich allein gestellt muss er mit der Situation zurechtkommen.

Der Film nutzt die Überlebensgeschichte von Mark Watney, um zu erzählen, warum die Erforschung des Weltraums noch immer so aufregend ist, wie sie zu Zeiten der Mondlandung. Dass es weniger um die persönliche Geschichte Watneys, sondern mehr um unsere Einstellung zur Weltraumforschung geht, wird klar, als NASA-Direktor Teddy Sanders (Jeff Daniels) sagt: „Jedes mal wenn wir einen Unfall haben, vergisst die Welt warum wir noch fliegen.“ Und erinnert so daran, dass die im Film immer gezeigte Ares-Mission in der Realität eigentlich 2010 eingestellt wurde.

icon_cookie

Um diese Inhalte zu sehen, akzeptieren Sie bitte unsere Cookies.

Cookies verwalten

„The Martian“ ist eine Liebeserklärung an die Forschung. Der Film zeichnet Wissenschaftler nicht als Actionhelden, sondern zeigt die Realität: Menschen, die kreative Lösungen für komplexe Probleme suchen, um die Welt zu verändern. Zwar ist das alles getränkt von amerikanischem Pathos, für Watneys Rettung ist trotzdem die internationale Gemeinschaft nötig.

Dieser Wissenschafts-Fokus wird umrahmt von Watneys Leidensgeschichte auf dem Mars. Eine Isolation, die der deutsche Bundeswehr-Soldat Oliver Knickel nachvollziehen kann. Er nahm 2009 für die ESA an der MARS-500-Simulation teil — ein Projekt, das den Aufenthalt auf dem Mars für 105 Tage simulierte. Zusammen mit fünf internationalen Kollegen erlebte er, was es bedeutet, für lange Zeit auf engstem Raum in Isolation zu leben. Im WIRED-Interview gibt er einen Einblick, wie sich Mark Watney wirklich gefühlt haben würde.

WIRED: Sie waren 105 Tage in der Isolation und haben das Leben auf dem Mars simuliert. Das muss einem doch das Gefühl geben, wie es sein könnte, das für vier Jahre zu erleben.
Oliver Knickel: Ja, natürlich. Schon nach drei Wochen konnte ich nicht mehr sagen, wie lange ich da drinnen war. Ist das zwei Wochen oder zwei Monate her — oder zwei Jahre? Weil die Isolation so eintönig und monoton ist, verliert man vollkommen das Zeitgefühl.

WIRED: Was macht das mit einem?
Knickel: Es wird richtig schwer, klare Gedanken zu fassen. Man kann sich nicht mehr konzentrieren. Man muss sich wirklich kleine Ziele setzen, um motiviert zu bleiben. Sonst besteht die Gefahr, dass man die Lust und den Sinn verliert.

WIRED: Komplexe Aufgaben werden also zum Problem?
Knickel: Ich musste zum Teil einfache Tätigkeiten mehrfach wiederholen, mich hinsetzen und überlegen: Wie mache ich das jetzt. Und gerade wenn es komplexere Aufgaben gab, musste ich mich oft eine halbe Stunde lang vorbereiten.

WIRED: Sie hatten andere Menschen um sich. Ist es schlimmer, völlig allein in so einer Umgebung zu sein?
Knickel: Ich glaube, dass es deutlich schwieriger ist, wenn man ganz allein ist. Wir waren zu sechst, hatten also immer die Möglichkeit uns gegenseitig Gedankenanstöße zu geben — oder sich bei geteiltem Leid gegenseitig zu unterstützen.

WIRED: Wenn man mit mehreren Menschen in der Isolation lebt, schweißt einen das mehr zusammen oder kann man die anderen nach kurzer Zeit nicht mehr ausstehen?
Knickel: Das war bei mir abhängig davon, wer das von den anderen war. Es gab welche, da hat es richtig zusammengeschweißt und wir hatten ein sehr enges Verhältnis. Es gab aber auch andere, bei denen es mit der Zeit immer schlimmer wurde. Am Anfang kann man noch miteinander arbeiten, aber später kann jeder kleine Fehler, den der andere macht, zum Ausbruch führen.

WIRED: Woran liegt das?
Knickel: Weil man nicht die Möglichkeit hat, eine Auszeit voneinander zu nehmen. Man kann nicht nach Hause gehen, an was anderes denken und nach dem Wochenende wiederkommen — und alles gar nicht mehr so schlimm zu finden. Sondern man ist immer zusammen und hat ständig diese Probleme und den Ärger, den man über den anderen verspürt. Man hat keine Möglichkeit, sich davon zu erholen.

WIRED: Im Film ist es für die Crewmitglieder von Mark Watney selbstverständlich, dass sie ihr Leben aufs Spiel setzten und zurückfliegen, um ihn zu retten. Das klingt unrealistisch, nach dem was Sie erzählen.
Knickel: Keine Frage, ich kann mir das schwer vorstellen. Ich würde vermuten, da denkt schon jeder an sich — trotzdem würde ich es nicht ausschließen, dass es so eine Gruppendynamik geben kann.

WIRED: Was ist Ihre Einschätzung: Kann eine Einzelperson den psychischen Stress, alleine auf einem fremden Planten zu sein, ohne psychische Schäden überleben?
Knickel: Ich glaube, dass es starke Personen gibt, die das könnten. Aber für den Durchschnittsmenschen ist das unmöglich. Ich war 105 Tage mit fünf anderen Menschen in der Isolation. Aber wenn man fünf Jahre lang allein ist, stellt sich sicher schnell Hoffnungslosigkeit ein. Man fragt sich, warum man das überhaupt macht. Denkt, dass es eh keinen Sinn hat und man nie wieder da raus kommt. Ich glaube, dass die meisten Menschen daran zerbrechen und aufgeben würden. 

GQ Empfiehlt