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Nilz on Moviez / Wahre Leinwandhelden brauchen kein Cape

von Nilz Bokelberg
Es ist wieder Heldenzeit im Kino. Die Leinwände platzen aus allen Nähten, bei so viel Testosteron und Mut. Unser Filmexperte Nilz Bokelberg hat sich für WIRED ein paar echt actiongeladene Neuerscheinungen angesehen und kommt zu dem Ergebnis, das echte Leinwandhelden nicht fliegen können müssen – sondern bloß Skispringen.

#1 The finest Hours

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Chris Pine spielt Bernie Webber, ein Mitglied der Küstenwache, in den 1950er Jahren in New England, an der Ostküste der USA. Eines Nachts zieht ein schlimmer Sturm auf. Die Männer der Küstenwache wissen, dass irgendwo da draußen noch ein einzelner Tanker unterwegs ist. Ohne fremde Hilfe hat die Besatzung keine Chance, den Orkan zu überleben. Deswegen wird eine Rettungsmission losgeschickt, die wie ein Himmelfahrtskommando wirkt: In einem kleinen Boot kämpft sich die Coast Guard durch die haushohen Wellen, auf der Suche nach dem Tanker – denn die genaue Position ist unbekannt. Man kann seine Abende auch schöner verbringen.

Der Film basiert auf einer wahren Begebenheit und wird als „The greatest small boat rescue in U.S. coast guard history“ betitelt. Und ja: Man spürt schon einen leichten Hauch der Unspektakularität, wenn man diesen Satz liest. Und genau das erlebt man auch, wenn man den Film sieht.

Ich bin ein Freund des gepflegten Katastrophenfilms, auch Rettungsmissionen gucke ich mir gerne an. Aber bei diesem Film merkt man, dass eine nächtliche Rettungsaktion auf dem offenen Meer eine recht limitierte Auswahl an Motiven bietet, nämlich eigentlich nur Wasser und Dunkelheit. Der Film aus dem Hause Disney versucht das Beste rauszuholen, aber es bleibt dabei: Andauernd wiederkehrende Motive machen keinen guten Film, egal wie oft Chris Pine mit ernster Miene den Motorgriff seines Boots umklammert. Helden? Mit Sicherheit! Aber auf der Leinwand leider sehr ermüdend.

#2 Batman v Superman

Wo fange ich an? Superman ist seit jeher mein absoluter Lieblings-Comicheld. Batman fand ich zu Zeiten von Tim Burtons Inszenierung auch großartig. Wenn es um Comics geht, sind mir die Helden und die Geschichten des Verlags DC viel lieber, als die aus dem Hause Marvel. Aber bei Verfilmungen hat seit mehreren Jahren Marvel deutlich die Nase vorn, zum Beispiel mit „Iron Man“ oder „Guardians of the Galaxy“ – und da hab ich jetzt noch nicht mal mit den Netflix-Serien angefangen. Alles Marvel, DC machte sich im Kino eher rar.

Obwohl ich „Man of Steel“ mochte, weil endlich wieder Superman auf der Leinwand war und weil er irgendwie cool aussah und ein bisschen aufregend erzählt wurde. Alle meine Sensoren fiepten: „Batman gegen Superman? Geili!“ Vor allem, da mir Ben Affleck als Bruce Wayne/Batman im Trailer auch auf Anhieb gefallen hat. Jetzt würde man Marvel endlich auch im Kino die Stirn bieten können, dachte ich. Was sollte schon schief gehen, wenn man die größten Helden aus dem eigenen Universum aufeinandertreffen lassen sollte?

Und dann sah ich diesen Film.

Von der Leidenschaft eines Comiclesers weit entfernt, wurden die beiden Helden zu grumpy old men zusammengestaucht, die sich den Großteil des Films einer Privatfehde untereinander hingeben. Keine Helden, eher so Falschparkeraufschreiber. Kleinlich, peinlich, reaktionär. Das war schon harter Tobak, meine Helden so sehen zu müssen. Humor? Fehlanzeige. Das mag nicht schlimm sein – es gibt Menschen, denen geht der deutlich leichtere Ton von Robert Downey jr. als Iron Man wohl ein wenig auf den Keks. Aber liebe Leute, uns ist schon allen noch klar, dass wir uns hier in einer Comic-Verfilmung befinden und nicht in dem schwersten Sozialdrama aller Zeiten, oder? Snyders Superman hat viel auf der Erde gelernt, nur nicht zu lächeln oder sich mal den Stock aus dem Arsch zu ziehen. Snyders Batman ist der schwerfälligste Kampfsportler ever und die Kombinationsgabe des besten Detektivs aller Zeiten lässt auch sehr zu wünschen übrig. Sprich: Man hat Batman so ziemlich aller Kernkompetenzen beraubt, die ihn ausgemacht haben.

Daran ist sicher auch Christopher Nolan mit seiner „Dark Knight“-Trilogie nicht ganz unschuldig. Plötzlich schien es unheimlich deep zu sein, wenn man Batman als Verlierer zeigt und Wayne als unsympathischstes Brötchen ever. Und an dem Erfolg dieser Filme, hat sich Warner wohl orientiert. Ich habe sogar einmal gelesen, dass es vom Studio die Direktive gab, dass die DC-Helden nicht ironisch sein dürften – um sich krampfhaft von den Marvel-Filmen abzusetzen. Das Resultat dieses Humor-Verbots kann sich nun jeder zweieinhalb Stunden lang im Kino ansehen. Aber Vorsicht: Wer Heldenaction erwartet, wird erstmal durch ein tiefes Tal der Dialoglastigkeit waten müssen. „Batman v Superman“ ist dann doch eher ein Erklärbär-Film geworden, warum auch immer irgendwer meinte, dass man das braucht.

#3 Eddie the Eagle

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Kommen wir zum einzig wahren Heldenfilm in dieser Aufzählung. Für alle, die noch nie von „Eddie the Eagle“ gehört haben: Michael Edwards alias Eddie war quasi die britische Skisprung-Mannschaft. Weil es im Vereinigten Königreich eigentlich keine Berge gibt, gibt es auch keine richtige Möglichkeit, Ski zu springen. Dem jungen Eddie ist das aber egal, in den späten 70ern. Er hat den Traum, einmal bei den olympischen Winterspielen dabei sein zu können und in der Skisprung-Lücke seines Landes sieht er seine Chance. Deswegen macht er sich auf nach Garmisch-Patenkirchen, um im damaligen Mekka des Sports zu trainieren und sich für Olympia zu qualifizieren. Und trotz aller Widerstände, trotz des Winds, der ihm permanent ins Gesicht bläst, lässt er sich nicht von seinem Traum abbringen. Das ist die Geschichte des Films.

Nun trägt Eddie eine dieser Brillen, deren Gläser man scherzhaft gerne „Glasbausteine“ nennt, und ist auch körperlich nicht der größte Athlet, den man sich vorstellen kann. Dennoch rührt sein Mut einen zu Tränen, zu den guten Tränen. Er ist kein supernaiver Forrest Gump, aber auch kein zynisch abgeklärter Alles-Checker. Eddie ist ein einfacher Junge, der sich einfach nur von einer Schneerampe stürzen will. Vielleicht für die Anerkennung, vielleicht zum eigenen Vergnügen. Aber wenn man diesen Film sieht, merkt man schnell, dass er ein wahrer Held ist. Ihm fehlt eigentlich nur das Cape. Obwohl: Er würde sich mit Sicherheit so sehr darin verheddern, das lassen wir mal lieber. Aber: Wer dieser Tage wirklich einen Helden im Kino sehen will, der kommt an „Eddie the Eagle“ auf keinen Fall vorbei. 

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