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Sprachrohr für Terroristen? Die Witwe eines IS-Opfers verklagt Twitter

von Cindy Michel
Nachdem ihr Ehemann bei einem IS-Attentat getötet wurde, prozessiert Tamara Fields gegen Twitter. Die Plattform diene als Sprachrohr und Propagandawerkzeug der Terroristen, sagt sie. Das Verfahren erhöht den Druck auf Regierungen und Silicon-Valley-Unternehmen, terroristische Online-Propaganda zu bekämpfen.

Am 9. November 2015 unterrichtet Lloyd Fields im International Police Training Center in Amman, Jordanien. Als er an diesem Tag in der Ausbildungsstätte zu Mittag isst, befindet sich auch der Schüler und jordanische Polizist Anwar Abu Zaid in der Cafeteria. Der zieht plötzlich seine Waffe und feuert auf Ausbilder und Angestellte. Die Schüsse sind tödlich. Fields und vier seiner Kollegen sterben. Was zuerst wie der Angriff eines sogenannten „Lone Wolf“ wirkt, ein terroristischer Einzeltäter ohne Verbindungen zu bekannten Terrorgruppen, stellt sich bald als Angriff des IS heraus.

Nun klagt Tamara Fields, die Ehefrau des ermordeten Amerikaners, gegen Twitter. Das soziale Medium diene der Terrorvereinigung als Sprachrohr und trägt ihrer Meinung nach maßgeblich zur Popularität des IS bei. Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, geht Fields noch einen Schritt weiter: Sie wirft dem Unternehmen vor, es habe dem IS seine Plattform wissentlich zur Verfügung gestellt, damit die islamistische Vereinigung über ihre Twitter-Accounts Propaganda verbreiten sowie neue Anwärter und Geldgeber rekrutieren konnte.

In der Anklageschrift, die dem Bundesgericht in Oakland seit Mittwoch vorliegt, heißt es: „Ohne Twitter wäre das explosionsartige Wachstum des IS zu einer der meist gefürchtetsten Terrorgruppen der Welt, gar nicht erst möglich gewesen.“ Rund 70.000 IS-Accounts soll es mittlerweile auf Twitter geben, 30.000 Rekruten über die Plattform gefunden und eine hohe Summe an finanziellen Mitteln über Twitter akquiriert worden sein, das behaupten die Anwälte von Tamara Fields.

Ohne Twitter wäre das explosionsartige Wachstum des IS nicht möglich gewesen.

Tamara Fields

Dass dies ein mühseliger Kampf für Fields wird, davon sind amerikanische Anwälte, die sich auf Terrorismus spezialisiert haben, überzeugt. Dennoch könnte das Verfahren Auswirkungen auf die Social-Media-Welt haben. Sicherlich wird es auch bei anderen Firmen wie beispielsweise Facebook den Druck erhöhen, Posts besser zu kontrollieren und terroristisch motivierte Online-Propaganda zu zensieren.

„Auch wenn wir glauben, dass diese Anklage keine finanziellen Früchte für Frau Fields tragen wird, sind wir zutiefst bedrückt, von dem schrecklichen Verlust, der Familie zu hören“, erklärt Twitter in einer Presseerklärung. „Drohungen sowie die Förderung von Terrorismus haben keinen Platz auf Twitter. Dies wird in unserer Satzung klar und deutlich formuliert, wie es auch bei anderen sozialen Netzwerken der Fall ist.“

Erst vor Kurzem bildete die Obama-Regierung eine neue Task Force. Diese militärisch geschulte Einheit ist darauf spezialisiert, extremistische Gruppen zu durchleuchten, die das Internet für ihre Zwecke nutzen, etwa die Rekrutierung junger Menschen. Vorausgegangen waren die Attentate in Paris und San Bernadino, Kalifornien. Außerdem finden aktuell Gespräche zwischen US-Regierungsbeamten und Managern aus dem Silicon Valley statt, um auch online Lösungsansätze gegen den Terror zu finden.

„Social Media spielt natürlich eine wichtige Rolle bei den Rekrutierungsmaßnahmen des IS. Vor allem im Ausland“, sagt Jimmy Gurule, Jurist an der University of Notre Dame und ehemaliger Mitarbeiter des amerikanischen Finanzministeriums, sein Spezialgebiet: die Finanzierung terroristischer Vereinigungen. „Am Ende zählt aber nur die Antwort auf die Frage, ob es denn eine tatsächliche nachweisbare Verbindung zwischen der Nutzung von Twitter und den eigentlichen Terrorattentaten gibt“, sagt er.

Laut Twitters Transparency Report stellten Regierungen und Gerichtshöfe aus aller Welt zwischen Januar und Juni vergangenen Jahres 1003 Anträge, Twitter-Content zu löschen. 42 Prozent dieser Removal Requests berücksichtigte das Unternehmen, keiner davon zählte zu den 25 Anfragen aus den USA. 

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