Hinweis zu Affiliate-Links: Alle Produkte werden von der Redaktion unabhängig ausgewählt. Im Falle eines Kaufs des Produkts nach Klick auf den Link erhalten wir ggf. eine Provision.

Die Panama Papers sind ein genialer Medien-Coup

von Johnny Haeusler
Mehrere Terabyte mit Namen mächtiger Menschen, die ihr Geld illegal im Ausland geparkt haben – die Panama Papers sind eine beeindruckende journalistische Leistung. Doch nicht nur das, auch abseits ihres Inhalts war die Veröffentlichung ein genialer Medien-Coup, kommentiert Johnny Haeusler.

Davor muss man schon Respekt haben. Am späten Sonntag veröffentlichten verschiedene Medienkanäle „das bislang größte Datenleck“ der Geschichte der Datenlecks: die Panama Papers. Vor etwa einem Jahr waren der Süddeutschen Zeitung Informationen aus dem Umkreis der Kanzlei Mossack Fonseca zugespielt worden, die sich in erster Linie darum kümmert, die Gelder der Superreichen, nun ja, anzulegen. In offenbar nicht immer legalen Briefkästen.

Im Datenwust von 2,6 Terabyte fanden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Süddeutschen Zeitung gemeinsam mit dem Internationalen Konsortium für Investigative Journalisten (ICIJ) und unter Mitwirkung des Guardian, der BBC, von Le Monde, des NDR, des WDR und vieler anderer Medienhäuser ein Geflecht aus Prominenten, der FIFA, Politikern und anderen Machtinhabern, das Hinweise auf illegales Handeln geben könnte.

2,6 Terabyte: So analysierten Journalisten die Panama Papers

Respekt muss man aber nicht nur vor der Aufarbeitung dieser Datenmassen haben, sondern vor allem vor dem Launch der ersten Ergebnisse. Der späte Sonntag sorgte als Veröffentlichungszeitpunkt dafür, dass kaum eines der nicht an dem Projekt beteiligten Medien für die Montagsausgaben angemessen reagieren konnte. Tageszeitungen waren bereits im Druck, Online-Redaktionen vermutlich eher spärlich besetzt. Das Resultat zeigen schnell noch hingedonnerte Print-Randnotizen wie die des Berliner Tagesspiegels am Montag. Seine Überschrift „Viele Politiker nutzen offenbar Geheimkonten“ hat ähnliche Brisanz wie der Satz „Manche Fünfjährige haben vielleicht schonmal gelogen“.

Denn das ist das Bittere an den Veröffentlichungen ist: Die Inhalte überraschen an der Oberfläche wohl niemanden so richtig. Doch sie haben im Detail, falls die Beweise so eindeutig sind, wie es derzeit den Anschein hat, eine immense Tragweite, die in den kommenden Jahren weltweit einen Haufen Anwälte beschäftigen dürfte.

Für genügend „Buzz“ in der Öffentlichkeit – am Sonntagabend im Netz, am Montag überall – brauchte es jedoch ein paar ganz legale Steuerungstricks. Der Veröffentlichungszeitpunkt gehörte dazu, aber auch die in den Artikeln genannten Namen. Dass der von Putin, der gleich zu Beginn der Nachrichten immer an erster Stelle stand, in den Dokumenten nirgends auftaucht, erfuhr man erst beim Lesen der Artikel. Doch hätte man mit „Roldugin“ getitelt, hätte das eben weniger Menschen interessiert. Und auch die Form der Veröffentlichungen erscheint äußerst geschickt geplant. Da gibt es auf einen Schlag aufwändige Infografiken, epische und auf Mobilgeräte zugeschnittene Web-Essays, Erklärvideos auf YouTube und ganze Online-Titelseiten rund um dieses eine Thema.

Die Vorbereitungen für diesen journalistischen Coup müssen, abgesehen von der eigentlichen Recherche, viele Wochen gedauert haben, und man kann nur ahnen, wie viele hundert Personen an dem Gesamtprojekt mitgewirkt haben müssen. Ohne, dass eine davon irgendetwas hat durchsickern lassen.

Und auch davor muss man Respekt haben. Die Panama-Leaks zeigen nicht nur, dass man im Jahr 2016 kaum noch etwas verstecken kann. Sondern auch, dass man es eben doch kann.

Ach ja: Das Buch zum Leak erscheint dieser Tage ebenfalls schon. Bei KiWi. Respekt.

GQ Empfiehlt
Könnten Hacker die US-Wahl sabotieren?

Könnten Hacker die US-Wahl sabotieren?

von Max Biederbeck