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Nilz On Moviez / Tom Cruise ist doof, aber er liefert

von Nilz Bokelberg
Wochenende ist Kinozeit. Genau richtig für Nilz Bokelbergs WIRED-Kolumne über die wichtigsten Filme und Serien. Gestern startete „Mission: Impossible — Rogue Nation“ und unser Auto muss zugeben: Tom Cruise ist doof, aber er liefert gute Action.

Ach, seltsame Ambivalenz: Während es im Grunde genommen schon fast zum guten Ton gehört, Tom Cruise doof zu finden, wird dabei doch immer wieder übersehen, dass Cruise einer der wenigen Darsteller Hollywoods ist, die regelmässig delivern. Gut, man kann über seine Off-Screen-Performance sicher kaum eine zweite Meinung haben: Diese Scientology-Begeisterung ist geradezu grotesk over the top und ein ewig währender Quell seltsamer Totalausfälle, sei es auf Oprahs Couch oder in irgendwelchen Schulungsvideos.

Klar, der Mann ist ein eitler Sack.

Aber wenn es um die Leinwand geht, gibt es kaum einen Schauspieler, der sich präziser zu inszenieren weiß und dadurch seine Karriere schon so lange am laufen hält. Was qualitative Verlässlichkeit und Beständigkeit betrifft, spielt Cruise ganz klar in einer Liga mit Leuten wie Robert de Niro oder Meryl Streep, nur eben auf der Action-Seite der Medaille, inklusive kleiner Ausbrecher in andere Genres, wie in „Magnolia“ oder „Rock of Ages“.

Klar, der Mann ist ein eitler Sack und man darf wohl keinen Film mit ihm drehen, in dem er nicht mindestens eine Szene oben ohne hat, damit wir neidvoll anerkennen müssen, wie mega der noch körperlich in Schuss ist. Aber das nimmt man doch gerne in Kauf, wenn dafür der Rest des Films stimmt.

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Und damit kommen wir zum aktuellsten Franchise im Cruise-Universum: Ethan Hunt ist wieder da, der amerikanische Superagent der IMF, die „Impossible Mission Force“. Oder besser gesagt Ex-Agent, denn das Pentagon hat die geheime Vereinigung aufgelöst. Und das ist gerade mal der Anfang des aktuellen Abenteuers, denn einen Agenten wie Hunt hält man nicht dadurch auf, indem man ihm irgendwelche Organisationsstrukturen wegnimmt.

Er bleibt auf eigene Faust an der Verbrecherorganisation „Syndikat“ dran, aus gutem Grund: Die Bösewichte haben es sich zum Auftrag gemacht, mit ihren Superagenten jegliche Ex-IMFler zu töten und durch gezielte Anschläge eine neue und eigene Weltordnung zu installieren. Mangelnde Unterstützung der Regierung hin oder her: Hunt muss handeln und sein altes Team wieder zusammentrommeln, um die Welt ein weiteres Mal vor der Katastrophe zu retten. Oder, wie es Ben Stiller als fiktives Cruise-Stuntdouble Tom Crooze im Making-Of zu „Mission Impossible II“ so schön sagte: „This mission...got even more impossible!“

Nie Stangenware, immer Action ‚with a twist‘

Ich hab mal überlegt, ob ich die Story der vergangenen vier „Mission Impossible“-Filme noch problemlos nacherzählen könnte und musste feststellen: Nö, geht nicht. Und trotzdem fällt mir zu jedem Teil etwas ein, was mir geradezu ikonographisch im Gedächtnis blieb: Tom Cruise an den Schnüren hängend im ersten Film. Das Freeclimben oder die aufeinander zurasenden Motorräder im zweiten. Philip Seymour Hofmans intensiver Bösewicht im dritten. Und die megaspannende Verfolgungsjagd im letzten Teil: Durch versierte Besetzung, auch auf den Regiestühlen, ist es der Reihe immer gelungen, frisch und aufregend zu bleiben. Das hier war nie Stangenware, sondern immer Action „with a twist“, mit etwas Besonderem, mit etwas, dass man so noch nie gesehen hat.

Christopher McQuarrie mit der Regie des fünften Teils zu beauftragen schien geradezu konsequent, so viel wie er mit Cruise (der ja auch Produzent der Reihe ist) in den letzten Jahren zusammengearbeitet hat und so gut, wie der Outcome dieser Kollaborationen war. Man denke nur an die sehr feine, kleine und bisschen schmutzige „Und täglich grüßt das Murmeltier“-SciFi-Version „Edge of Tomorrow“. Sicher einer der besseren Filme, der letzten Jahre.

„Mission: Impossible — Rogue Nation“ macht fast alles richtig. Das Pacing ist extrem hoch für einen so langen Film. Das schon etablierte Team um Hunt, bestehend aus Benji (Simon Pegg), Brandt (Jeremy Renner) und Luther (Ving Rhames), hilft wieder, wo es kann und lässt Cruise den Raum, den er zum Glänzen braucht. Und auch davon hat er sich im fünften Teil der Reihe wieder ordentlich zugeschanzt: Cruise, der dafür bekannt ist so viele Stunts wie möglich selber machen zu wollen, sorgt auch diesmal wieder verlässlich für atembreaubende Sequenzen, inklusive einer den Mund offen stehen lassenden Motorradjagd und einer irren Sequenz auf dem Londoner Piccadilly Circus.

Testosteron-Geballer? Aber Hallo.

Das sehr eingedampfte Love Interest Ilsa Faust (Rebecca Ferguson) — eine Britin mit dem ja wohl deutschesten Rollennamen seit Hans Gruber in „Die Hard“ — verhilft dem Hauptdarsteller sogar zu seinem ganz eigenen Bogart-Moment, wenn er sie in Casablanca trifft. Auch wenn hier eher Ferguson als Cruise glänzt.

Ist der Film eitel? Mit Sicherheit. Ist das Testosteron-Geballer? Aber Hallo. Werden wir uns auch diesmal wieder kaum an die Handlung erinnern? Schon vergessen. Aber die Schauwerte sind wieder allerserste Sahne und ganz ehrlich: Dafür ist so ein Film gemacht. Der perfekte Übergang, zwischen einem staubtrocknenen, realkeependen und knochenharten „Mad Max: Fury Road“ und dem kommenden Bond. So muss ein Sommer-Blockbuster sein.

Man mag über Cruise sagen, was man will. Aber delivern kann er. 

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