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Das sind die Deutschland-Pläne von Uber

von Business Insider
Staat, Justiz, Gewerkschaften — der amerikanische Fahrdienst Uber hat sich in Deutschland mit so ziemlich jedem angelegt. Wo immer auch Uber seine Dienste anbot, Behörden und Gerichte gingen gegen den Taxi-Schreck vor. Erfolgreich. Derzeit ist das Unternehmen nur noch in Berlin und München unterwegs. Business Insider wollte wissen, wie es nun mit Uber weiter geht und traf Deutschland-Chef Christian Freese zum Interview.

Ist Uber in Deutschland am Ende?
Christian Freese:
Nein, natürlich nicht. Deutschland ist und bleibt einer der wichtigsten Märkte für Uber. Wir haben uns nur entschieden, unser Geschäft auf zwei Städte zu fokussieren: Berlin und München. In Hamburg, Frankfurt und Düsseldorf legen wir eine kurze Pause ein.

Warum machen Sie das?
Freese:
Wir mussten erkennen, wie aufwendig es unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen in manchen Städten ist, ausreichend professionelle Fahrer auf unsere Plattform zu bekommen. Unser Angebot konnte nicht mehr in angemessener Weise mit der hohen Nachfrage unserer Nutzer mithalten. Das machte es uns in diesen Städten unmöglich, ein Produkt zu bieten, das unseren Ansprüchen genügt, beispielsweise durch konstant kurze Wartezeiten. Letztlich war unseren potenziellen Fahrer-Partnern der bürokratische Prozess auf dem Weg zum selbstständigen Mietwagenunternehmer schlichtweg zu zeit- und kostenintensiv. Es geht nun darum die richtige Uber-Formel für Deutschland zu finden. Wenn wir das in fünf Städten gleichzeitig angehen, verzetteln wir uns.

Haben Sie sich nicht bereits verzettelt? Immerhin ist Uber seit 2013 in Deutschland unterwegs.
Freese:
Wir haben beim Markteintritt in Deutschland Fehler gemacht. Nicht alles ist richtig gelaufen. Dass die vorhandenen Gesetze so ausgelegt werden, dass die modernen Möglichkeiten durch Apps und Internet unberücksichtigt bleiben, war für uns nicht zu erwarten. Es ist aber auch so, dass disruptive Geschäftsmodelle mit Bewährtem brechen, Altes in Frage stellen.

Das Vorgehen Ubers ähnelte aber eher dem einer Brechstange...
Freese:
Das waren noch andere Zeiten bei Uber. Wir waren von der Euphorie unserer Community getrieben. Wir haben aber gelernt, wie wichtig Regulierung im Bereich Digitalisierung und vor allem im Bereich Mobilität ist. Deshalb kümmern wir uns jetzt wesentlich stärker um diese Themen.

Was wollen Sie anders machen?
Freese:
Wir bündeln unsere Kräfte, arbeiten enger an einem Produkt, auf das wir stolz sein können. Außerdem wollen wir mehr Zeit dafür finden, um mit Politik und Behörden in den Diskurs zu gehen und Partnerschaften zu schließen. In Berlin bieten wir mit Uber Taxi ganz erfolgreich einen Vermittlungsdienst für klassische Taxis an. Wir verdeutlichen damit, dass es uns nicht darum geht, gegen die Taxi-Branche zu arbeiten. Außerdem können wir Politikern und Gesetzgebern die Vorteile unserer Plattform sozusagen vor Ort vorführen und erklären.

Und wie gehen Sie da vor?
Freese: Es geht uns nicht darum, alle Gesetze abzuschaffen. Ganz im Gegenteil. Ein regulierter Markt gibt allen Beteiligten Sicherheit. Wir hoffen aber auch, dass sich der Rechtsrahmen dem digitalen Zeitgeist anpasst. Viele Regeln sind ökologisch und ökonomisch völliger Wahnsinn und dienen nüchtern betrachtet nur dazu, eine etablierte Branche vor Wettbewerb zu schützen.

Was meinen Sie genau?
Freese: Jeder Fahrer muss für seine Zulassung unter anderem eine Ortskenntnisprüfung machen. Die gehört im Zeitalter von Navigationssystemen abgeschafft. Ebenfalls weg muss die Rückkehrpflicht, wonach jeder Mietwagenfahrer wieder zurück an seinen Dienstsitz muss, bevor ein neuer Kunde gefahren werden darf. Für die Mietwagenunternehmer bedeutet das mehr Aufwand, und das verhindert einen echten Preiswettbewerb — letztlich nur zu Ungunsten des Verbrauchers.

Wo geht denn bei Uber die Reise hin?
Freese:
Ein Step ist der Mitfahrservice Uber Pool. Warum sollten drei Personen in drei Autos in dieselbe Richtung fahren? Das kann man doch viel effizienter organisieren. Wir sehen uns als ein Netzwerk innerhalb einer Stadt, eine Plattform für innovative Mobilität. Da geht es nicht nur um Personen- sondern auch um Gütertransport. Wer Personen befördert, kann doch im Kofferraum auch zum Beispiel Schuhe oder Kleider von A nach B fahren.

Und die Paketlobby wird da nicht auf die Barrikaden gehen?
Freese:
Ganz im Gegenteil. Die letzte innerstädtische Meile ist für die Anbieter die teuerste. Wir sprechen derzeit sowohl mit E-Commerce-Unternehmen als auch mit Kurier- und Paketdiensten. Interesse an einer Zusammenarbeit ist vorhanden.

Und der Uber-Fahrer bringt mir dann das Paket in den 5. Stock ohne Fahrstuhl?
Freese:
Naja, ganz so einfach ist das nicht. Wenn der Uber-Partner in zweiter Reihe parken muss, funktioniert der Dienst nicht mehr so schnell, wie wir uns das wünschen. Da müssten Sie schon runter auf die Straße kommen und Ihr Paket entgegennehmen. Ziel ist es, dass Sie sich das Paar Schuhe, das es in Ihrer Größe im Laden um die Ecke vorrätig gibt, nicht mehr aus einem Hunderte Kilometer entfernten Lager liefern lassen müssen. In New York und Chicago werden gerade verschiedene Varianten getestet. Der Plan ist, Uber Rush 2016 nach Deutschland zu bringen.

Wie sieht denn ihre persönliche Bilanz aus — jemals daran gedacht, alles hinzuwerfen?
Freese: Nein, ich stehe erst am Anfang. So richtig Bilanz gezogen habe ich noch nicht. Dazu gab es bisher keine Gelegenheit. Ich werde aber an Weihnachten einen ausgiebigen Spaziergang machen und das erste Jahr an Bord Revue passieren lassen. Eins ist klar, bei uns wird es nie langweilig.

Dieser Text ist zuerst bei Business Insider Deutschland erschienen. Hier könnt ihr Business Insider auf Twitter folgen. 

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