Hinweis zu Affiliate-Links: Alle Produkte werden von der Redaktion unabhängig ausgewählt. Im Falle eines Kaufs des Produkts nach Klick auf den Link erhalten wir ggf. eine Provision.

Forgotten Days of the Internet / Spiegel Online schickt die berühmteste Kaffeemaschine der Welt in Rente

von WIRED Staff
Im Sommer tritt sie ihre letzte Reise ins Museum an und beendet damit eine beeindruckende Karriere als Internetlegende. Seit 1991 übertrug die erste Webcam der Welt und lieferte damit de facto den ersten Livestream der Geschichte.

Damals ging es aber noch nicht um Pokémon spielende Fische oder überdrehte Youtube-Stars wie PewdiePie. Weder gab es langweilige Google-Hangouts noch wurden einem zu jeder Tageszeit hysterische „Call Of Duty“-Befehle ins Ohr gebrüllt. Damals ging es um guten alten Filterkaffee — Wissenschaftlern dabei zuzusehen, wie sie ihn frisch aufbrühen, wie er tiefschwarz und in einzelnen Bildern in die Kanne tröpfelt. Der Stream, er war einfach eine verlässliche Größe im Alltag, ein Eckpfeiler der frühen Internetkultur. Er existiert noch heute, der Kaffee dahinter brodelt aber schon lange nicht mehr.

Die Trojan Room Coffee Cam überwachte in den 90iger Jahren Tag und Nacht, wie Studenten und Mitarbeiter des Computer Science Department der University of Camebridge eine Kanne Kaffee nach der anderen aufbrühten. Nicht nur die Webcam stellte dabei einen Rekord auf. Genau genommen war auch die zugehörige Trojan Room Coffee Machine eine der ersten Vertreterinnen des Internet of Things. Erfunden, um den Füllstand 24 Stunden am Tag zu überwachen und jeden unnötigen Gang in die Küche zu vermeiden.

Im Frühjahr 2001 schien die Maschine der Marke Krups ProAroma aber an Altersschwäche zu sterben. Schon länger gab es Gerüchte unter den Mitarbeitern: Das Kaffeblubbern auf dem Bildschirm war zwar schön anzuschauen, der Geschmack aber, den das gebrechliche Gerät da produziere, kaum noch auszuhalten. Und als hätte sie zugehört, ging die Kaffeemaschine kaputt, als das Department 2001 in neue Räume an der Universität umzog. Zum ersten Mal schien der Meilenstein der vernetzten Geschichte für immer zu verschwinden. Doch eine deutsche Medienseite brachte die Rettung.

Spiegel Online ersteigerte die Krups ProAroma für 10.500 Mark.

Spiegel Online ersteigerte die Krups ProAroma damals für knapp 10.500 Deutsche Mark. Die ersten deutschen Online-Redakteure verhinderten damit, dass die Kaffeemaschine unwürdig auf dem Schrott landete. Im Gegenteil: Für einen kurzen Moment wurde sie sogar zur teuersten defekten Kaffeemaschine der Welt.

Die Journalisten aus Hamburg wollten sich damals aber nicht mit diesem zweifelhaften Rekord abfinden. Sie reparierten die Trojan Machine und brachten den Stream wieder ins Netz. Das war vor 14 Jahren — den Link gibt es noch immer. Aber die Maschine hat nach all der Zeit doch sichtbar abgebaut.

Auf unsere Anfrage bei Spiegel Online schreiben die Kollegen: „Wie man sieht, hat sie gerade etwas Schräglage, was sicher daran liegt, dass sie kein Zimmer für sich allein hat, sondern ihr Büro mit ständig wechselnden Redakteuren teilen muss. Einer davon hat die Kamera wohl unabsichtlich angestupst. Darum müssen wir uns kümmern.“

Kaffee koche in der Maschine aber sowieso schon lange niemand mehr. „Sie soll es bei uns gut haben und muss nicht arbeiten.“ Ein paar letzte schöne Tage also noch, bevor Spiegel Online das Gerät Mitte 2015 als Dauerleihgabe an das Deutsche Technikmuseum in Berlin übergibt. Vielleicht kann der Nachtwächter dort ja mal wieder einen guten alten Kaffee vertragen. Wir würden ihm mit Freuden beim Kochen zuschauen. 

GQ Empfiehlt