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Tetris spielen gegen furchtbare Erinnerungen

von Moritz Geier
Furchtbare Erinnerungen, die wie Bilder vor dem inneren Auge auftauchen, können Teil einer posttraumatischen Belastungsstörung sein. Eine Studie zeigt jetzt, dass Computerspiele bereits am Tag nach dem traumatischen Erlebnis dabei helfen, Gedanken daran nachhaltig zu vertreiben.

Die Traumatherapie braucht dringend bessere Behandlungsmethoden.

Emily Holmes, Cambridge University

Das altehrwürdige Computerpuzzlespiel Tetris war für die meisten Spieler vor allem ein wunderbarer Zeitvertreib. Psychologen aus England ist das zu wenig. Sie haben den Klassiker für einen anderen Zweck eingesetzt: „Die Traumatherapie braucht dringend bessere Behandlungsmethoden“, sagt Emily Holmes, Kognitionswissenschaftlerin von der Cambridge University. Sie hat dafür jetzt Tetris entdeckt.

Holmes und ihre Kollegen haben in der Fachzeitschrift „Psychological Science“ eine neue Studie veröffentlicht. Darin findet sich folgende Erklärung: Weil Tetris als räumlich-visuelle Aufgabe den Spieler kognitiv beschäftigt, und somit eine „kognitive Blockade“ schafft, kann es verhindern, dass sich Intrusionen im Gedächtnis festsetzen.

Als Intrusion wird in der Psychologie das Erinnern traumatischer Ereignisse bezeichnet. Dazu zählen Bilder, Albträume oder Flashbacks. Nach einem schweren Autounfall berichten Betroffene zum Beispiel oft von einem bestimmten Bild, das sie immer und immer wieder vor dem inneren Auge sehen: etwa den Moment des Aufpralls. Diese Bilder können auch Teil einer posttraumatischen Belastungsstörung sein.  Oft gibt es nach dem Trauma einen Schlüsselreiz, der sie ausgelöst.

Eine frühere Studie hatte bereits gezeigt, dass Computerspielen beim Bekämpfen von Intrusionen hilft. Dabei wurde Probanden Filmmaterial eines traumatischen Ereignisses gezeigt. Kurz danach spielten sie Tetris. In der folgenden Woche blieben ihnen tatsächlich die schrecklichen Bilder im Kopf erspart. Die Studie hatte allerdings einen Haken: Niemand würde im Normalfall wenige Stunden nach einem traumatischen Ereignis Tetris spielen.

Unter bestimmten Umständen können Menschen davon profitieren,  sich zu erinnern, obwohl sie eigentlich vergessen wollen.

Ella James, Oxford University

Holmes und ihre Kollegen wollten daher untersuchen, ob Tetris auch einen Tag nach dem Trauma Erinnerungen vertreiben kann — die dann eigentlich schon fester verankert sind. Sie wiederholten das Experiment mit dem Unterschied, dass die Probanden Tetris erst 24 Stunden nach dem Betrachten des Videos spielten. Außerdem wurden einer Testgruppe vor dem Computerspielen Standbilder aus dem Film gezeigt, um die Erinnerungen aufzufrischen.

Das Ergebnis überraschte die Wissenschaftler: Die Probanden, die Tetris spielten, nachdem die Erinnerungen reaktiviert worden waren, erlebten in der nächsten Woche deutlich weniger Intrusionen als Probanden, die kein Tetris spielten.  Auch Probanden, die zwar Tetris spielten, aber nicht an den Film des Vortags erinnert wurden, litten häufig unter Intrusionen.

„Die Studie legt nahe, dass Menschen unter bestimmten Umständen davon profitieren können, sich zu erinnern, obwohl sie eigentlich vor allem vergessen wollen“, sagt Ella James von der Oxford University, die die Studie mitverfasst hat. Die Forschungsergebnisse sollen jetzt dabei helfen, neue psychotherapeuthische Behandlungsmethoden zu entwickeln. 

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