Mittlerweile habe ich selten Zeit dazu, aber wenn ich mir doch mal ein Wochenende dafür freinehme, dann fühlt sich der Trip ins Mushroom Kingdom von „Super Mario Bros. 3“ wie ein Nachhausekommen an. Ich kenne jeden Block und jedes Rohr, weiß, welcher Stein es lohnt, sich den Kopf an ihm zu stoßen, und durch welche Röhren ich schlüpfen kann. Alte Freunde und Feinde hängen noch genauso wie früher in den einzelnen Levels rum.
Eben so, als ob man an Weihnachten zu den Eltern fährt, zurück in die Kleinstadt. Und dann nach der familiären Bescherung nochmal los macht, um Leute von früher in der alten Kneipe zu treffen. Manche möchtest du aus den Fängen der monströsen Gegenwart retten, anderen am liebsten auf den Kopf springen.
Die Geschichten die an einem solchen Abend erzählt werden, kennt man ja irgendwie alle schon. Pünktlich zum Fest kommen sie jedes Jahr wieder zusammen mit Glühwein und Würstchen auf den Gabentisch. Macht aber nichts, denn nach genügend Nostalgie im Punschbecher kann man sich die alten Anekdoten auch nochmal und nochmal erzählen, sich immer wieder den Koopalingen stellen, um letztendlich einmal mehr die Pilz-Welt zu befreien.
Diese alte Welt ist so herrlich einfach strukturiert wie ihre Grafik – klar zweidimensional. Man schaut von der Seite auf eine flache Landschaft, die Dinge und Ereignisse sind logisch und straight, weder verschachtelt noch kompliziert. Manchmal ist dieses Heimkommen ins NES-Land auch wie eine Flucht zurück in eine längst vergangenen Zeit, in der das größte Problem im Leben Koopa war. Ein nostalgischer Traum, in dem die Welt noch zweidimensional war.
Genau diese Zuckerwatten-NES-Traumwelt sprengt die neue Software 3DNes. Sie frisst die süße Kindheitserinnerung weg und hinterläst ein Burtoneskes Alice-im-Wunderland-Szenario. Als ob Winnie Puuh gestorben wäre und Dr. Seuss ihn als Kreuzung mit The Cat in a Hat wieder auferstehen lassen hätte. Also irgendwie gruselig, aber zugleich auch ziemlich großartig.
Über Monate hinweg hat der vietnamesische Entwickler Trần Vũ Trúc an dem Programm gearbeitet, den Prozess auf dem YouTube-Channel Geod Studio dokumentiert. Der webbasierte Emulator, der leider nur in Firefox funktioniert, upcycelt alte NES-Kultspiele. Vormals flache Welten verwandelt das Tool in eine seltsam kuriose Mischung aus 2D und 3D.
Auch wenn die Betaversion der Software aktuell noch recht anfällig ist (beim Laden stürzte der Browser immer wieder ab), sind die Resultate sehr unterhaltsam. Was ja nur beweißt, dass die Flucht nach vorn, manchmal viel unterhaltsamer sein kann, als der Trip zurück ins Zuckerwatten-Erinnerungsland.