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Wie ein deutscher Student zum Darknet-Waffenhändler wurde

von Sonja Peteranderl
Lukratives Geschäft: Ein Schweinfurter Student hat auf Darknet-Marktplätzen Maschinenpistolen und Munition vertrieben. Jetzt steht er vor Gericht — im ersten deutschen Verfahren gegen einen Darknet-Waffenhändler überhaupt.

Erst bestellte er sich online offenbar eine Maschinenpistole für den Eigengebrauch, dann wurde er selbst zum Waffenhändler: Der 26-jährige Christoph K. hat vor Gericht gestanden, dass er sogenannte „Deko-Waffen“, die eigentlich schussunfähig waren, zu scharfen Maschinenpistolen umgebaut und auf Plattformen im Darknet vertrieben hat. Nun hat in Schweinfurt der Prozess gegen ihn begonnen — das erste deutsche Verfahren gegen einen Darknet-Waffenhändler überhaupt.

Vorgeworfen werden dem Mechatronikstudenten Verstöße gegen das Waffengesetz und das Kriegswaffenkontrollgesetz. Konkret geht es vor Gericht um die Herstellung und den Vertrieb von 14 Maschinenpistolen, also Kriegswaffen, sowie 17 sonstigen Waffen (Pistolen), die Christoph K. zwischen März 2014 und Januar 2015 online verkauft haben soll. Auch Zubehör wie einen Schalldämpfer, einen Schlagring sowie Munition hatte „Max Mustermann“, wie K. sich online nannte, im Angebot. Die Höchststrafe könnten bei einer Verurteilung bis zu zehn Jahre Haft sein.

Einen Großteil seiner Ware bezog er zu Stückpreisen zwischen 180 und 200 Euro. Der Online-Verkaufspreis nach dem Umbau: 1500 bis 2000 Euro

„Er hat die Taten weitgehend eingeräumt“, bestätigte der Sprecher der Schweinfurter Staatsanwaltschaft Thomas Fenner nach dem ersten Verhandlungstag gegenüber WIRED. Es sind nun vor allem Details, die bei den vier weiteren Terminen bis Ende Februar geklärt werden sollen.

In Foren hatte der Student gelesen, wie leicht sich Maschinenpistolen, die schussunfähig gemacht wurden, also unbrauchbar sind und sich auch ohne Waffenschein beziehen lassen, wieder reaktivieren lassen. Die erste Waffe, die er für sich selbst besorgte, konnte er durch zwei Stunden Bastelarbeit wieder scharf machen. Fortan betätigte er sich auch als Händler: Für wenige Hunderte Euro kaufte er Waffen im Ausland ein, baute sie um und verkaufte sie auf Darknet-Marktplätzen wie „Agora“ oder „Black Market Reloaded“ mit Aufschlag weiter. Einen Großteil seiner Ware — „Skorpion“-Maschinenpistolen — bezog er zu Stückpreisen zwischen 180 und 200 Euro bei einer Firma in der Slowakei. Der Online-Verkaufspreis nach dem Umbau: 1500 bis 2000 Euro. Zu seinen Abnehmern zählten Engländer, Franzosen und Deutsche.

Vor einem Jahr stürmten SEK-Spezialkräfte dann den Campus der Fachhochschule Schweinfurt — und nahmen Christoph K. vor seinem Laptop fest. Die Razzia erinnert an die Festnahme von Silk-Road-Chef Ross Ulbricht, den Ermittler vor seinem Rechner in einer Bibliothek in San Francisco überraschten (mehr zum Thema: Darum ging es im Silk-Road-Prozess). Wie Ulbricht hat auch der angeklagte Deutsche mehr IT-Erfahrung und technisches Wissen als kriminelle Expertise. In seiner Fachhochschule verbrachte er fast die ganze Zeit vor dem Computer. Die für den Versand bestimmten Waffen soll er unter anderem im Keller seines Elternhauses, aber auch in Schränken auf dem Fachhochschulgelände gelagert haben.

Auf welchem Weg das bayerische Landeskriminalamt seine Identität ermittelte, ist bislang unbekannt. Das LKA nimmt derzeit keine Stellung zu dem Fall und verweist ans Bundeskriminalamt, das nur allgemein Stellung bezieht. Die Ermittler halten das Phänomen des Waffenhandels im Darknet für ein zunehmendes Problem: „Die Fallzahlen, in denen die Polizeien des Bundes und der Länder Ermittlungsverfahren einleiten, steigen“, sagt eine Sprecherin des BKA auf WIRED-Anfrage. Die bekannten Möglichkeiten, sich illegal Waffen zu beschaffen, würden durch das Darknet ergänzt.

Laut Insidern sind viele der im Darknet angebotenen Waffen Scams.

Wie umfangreich der Online-Waffenhandel tatsächlich ist, lässt sich schwer einschätzen. „Die Anzahl der Foren, Marktplätze und Plattformen ist schwer zu beziffern und ändert sich nahezu täglich“, so das BKA. „Wird einer der Marktplätze/Plattformen geschlossen, weicht das Klientel in der Regel auf andere aus, bzw. neue Plattformen werden gegründet.“

Auf allgemeinen Online-Marktplätzen für illegale Waren machen Waffen allerdings meist nur einen sehr geringen Teil des Warenangebotes aus. Wie Insider in Foren berichten, handelt es sich bei den angebotenen Waffen zudem häufig um Scams. Nur wenige Plattformen im Deep Web hatten sich allein auf Waffenhandel konzentriert, etwa die inzwischen geschlossene Plattform „The Armory“. 

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