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Problem Solver / Die Algorithmen-Überwacher

von Katharina Nickel
Ein gutes Produkt löst ein großes Problem, lautet eine Startup-Weisheit. WIRED stellt regelmäßig Unternehmen, Menschen und Ideen vor, die diesem Grundsatz folgen, Problem Solver eben. Diesmal: Algorithm Watch will die Funktionsweise von Algorithmen transparent machen.

Das Problem? Dass Google seine Suchergebnisse nicht ganz objektiv bewertet, ist uns mittlerweile bewusst. Algorithmen im Netz sollen dabei helfen, das Übermaß an Informationen zu filtern und (Kauf-)Entscheidungen gezielter treffen zu können. Besonders im Bereich der personalisierten Werbung setzen viele Unternehmen darauf, indem sie den Usern Produkte oder Dienstleistungen vorschlagen, nach denen diese angeblich sowieso schon auf der Suche waren.

Das verspricht viele Vorteile, schränkt aber die Entscheidungsfreiheit ein. Trotzdem gewinnen diese Prozesse algorithmischer Entscheidungsfindung (Algorithmic Decision Making, kurz ADM) im täglichen Leben an Bedeutung. Bundesjustizminister Heiko Maas forderte schon Ende vergangenen Jahres einen „Algorithmen-TÜV“, der sicherstellen solle, dass Menschen nicht durch digitale Berechnungsverfahren benachteiligt werden.

Die Lösung? Die Diskussionen um das Thema personalisierte Werbung nahmen sich die Gründer der Initiative Algorithm Watch zum Anlass, der Funktionsweise von Algorithmen im Netz auf den Grund zu gehen. Pünktlich zur re:publica in Berlin ging ihre Beobachtungsplattform online, mit der ADM-Prozesse untersucht und Regulierungsstrategien entwickelt werden sollen, mit denen die Bürgerrechte der User gewahrt bleiben.

„ADM-Prozesse müssen nachvollziehbar sein, damit sie demokratischer Kontrolle unterworfen werden können. Demokratische Gesellschaften haben die Pflicht, diese Nachvollziehbarkeit herzustellen“, heißt es im Manifest der Initiative.

Den Initiatoren geht es vor allem um Transparenz seitens der Algorithmen-Schöpfer und um die Datensouveränität der User, die von den Prozessen betroffen sind. Die Plattform startet zunächst in Form von Blogeinträgen, die sich mit verschiedenen Positionen, Hintergründen und Neuigkeiten rund um das Thema ADM beschäftigen. Im ersten Post erklären drei Gastautoren etwa, warum die Google-Suchergebnisse in den USA die Demokraten gegenüber den Republikanern bevorteilen.

Wer steckt dahinter? Die Initiative ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit von vier Digitalexperten. Mit Lorena Jaume-Palasí, Lorenz Matzat, Matthias Spielkamp und Katharina Anna Zweig haben sich zwei Journalisten, eine Rechtsphilosophin, und eine Informatikerin des Themas Algorithmen im Internet angenommen.

Jaume-Palasí etwa forscht zu Rechtsphilosophie an der LMU München, Zweig dagegen an der TU Kaiserslautern im neu gegründeten Studiengang Sozioinformatik. Matzat und Spielkamp sind die beiden Journalisten im Team. Spielkamp ist außerdem Herausgeber der Informationsplattform iRights.info, die seit 2005 mit Urheberrechtsfragen in der digitalen Welt behandelt.

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Aber braucht man das wirklich? Glaubt man den Initiatoren, ist Algorithm Watch „europaweit die erste Initiative dieser Art“. Immerhin stellen die Gründer eine Plattform bereit, die es Experten sowie interessierten Bürgern ermöglicht, sich auszutauschen. Im besten Fall wird eine für die digitale Gesellschaft wichtige Debatte angestoßen, die bisher kaum Beachtung gefunden hat. Ob diese Debatte wirklich dazu führt, dass Regulierungsstrategien entwickelt werden, bleibt abzuwarten.

Wie geht es weiter? Zukünftig will Algorithm Watch auch mit Crowdsourcing arbeiten. Die Präsentation auf der re:publica war vorrangig eine Einladung an alle, sich an dem Projekt zu beteiligen, Fragen zu stellen und Themen vorzuschlagen. „Wir sind gespannt darauf zu erfahren, welche Algorithmen die Leute am meisten interessieren – und was wir finden werden“, sagte Spielkamp gegenüber Golem. Auch die Finanzierung der Plattform steht noch aus. Neben einer Grassroots-Initiative sind Stiftungsanfragen und Spendenaufrufe für bestimmte Analysen geplant. 

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