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Musiklabel der Zukunft? Wie Apple den Streaming-Kampf gewinnen will

von Elisabeth Oberndorfer
Während die Musikindustrie über Spotify und YouTube schimpft, hat Apple beste Chancen, sich als Streaming-Marktführer zu positionieren. Die Strategie: große Konkurrenten einschüchtern und kleine aufkaufen.

Apple hat Grund zum Feiern. Vor einem Jahr ging der Streaming-Dienst Apple Music an den Start – und obwohl das Musik-Abo mit 15 Millionen zahlenden Kunden noch weit von Spotify entfernt ist, hat der Technologiekonzern seinen Erzfeind bereits erfolgreich eingeschüchtert. Denn die Anwälte der Musikplattform aus Schweden warfen Apple vergangene Woche vor, die Spotify-App im iTunes-Store bewusst zu benachteiligen. Grund für das Schreiben ist ein App-Update, das der Store-Betreiber nicht genehmigt hat. Spotify behauptet, Apple wolle damit den Streaming-Konkurrenten ausschalten.

Apple findet jedoch, dass Spotify bisher sogar bevorzugt behandelt wurde, weil die App eigentlich gegen die iTunes-Geschäftsbedingungen verstoße. Das Unternehmen zweigt bekanntlich 30 Prozent von den App-Einnahmen ab, was Spotify seit Jahren zu umgehen versucht. Anstelle von In-App-Kaufabschlüssen bittet der Streaming-Service User, Abos auf seiner Website abzuschließen. Eine Zeit lang berechnete Spotify iOS-Nutzern sogar 30 Prozent mehr, um die Gebühren zu kompensieren.

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Das aktuelle Hickhack um die iOS-App ist weiterer Zündstoff im Streaming-Kampf, der mit dem Launch von Apple Music zwischen den beiden Anbietern ausgebrochen ist. Doch Apple und Spotify sind nicht allein am Markt. Während Google derzeit Musikfreunde von Play Music überzeugen will, macht der Newcomer Tidal mit seinem Eigentümer Jay Z und exklusiven Deals auf sich aufmerksam. Und genau diesen Dienst will Apple jetzt angeblich aufkaufen, um sich noch besser gegen Spotify zu rüsten.

Die Rolle des fairen Partners der Musikbranche dürfte Apple gefallen

Dass Tidal auf Käufersuche ist, hat sich schon herumgesprochen. Für Samsung soll eine Übernahme nicht attraktiv genug gewesen sein. Jetzt verhandelt das Startup, das Ende 2014 sein Angebot startete, laut Medienberichten mit Apple. Analysten schätzen, dass das junge Unternehmen mit 4,2 Millionen Abonnenten 500 Millionen Dollar kosten könnte. Jay Z hatte das schwedische Startup seinerzeit nur wenige Monate nach dem Launch für 56 Millionen Dollar gekauft.

Die Reichweite von Tidal ist noch überschaubar, könnte dem Technologiegiganten Apple aber helfen, ein Streaming-Monopol aufzubauen. Der kleine Player hat einen großen Vorteil: exklusive Partnerschaften mit gefragten Künstlern. Diese will Apple ausbauen, während sich Spotify nach zehn Jahren am Markt mehr Ärger als Liebe von der Musikindustrie einholt. Jay Z versprach, aus Tidal einen künstlerfreundlichen Streaming-Dienst zu machen. Ein baldiger Exit würde zumindest die Konten derjenigen Stars, denen der rappende Geschäftsmann eine Beteiligung an seinem Unternehmen gegeben hat, rasch füllen.

Die Rolle des fairen Partners der Musikbranche dürfte Apple nicht nur gefallen, sondern auch einfach zu besetzen sein. Die Industrie wettert seit Jahren vor allem gegen Spotify und Google, weil diese ihre Einnahmen durch Streaming und Musikvideos auf YouTube angeblich nicht ausreichend an Künstler und Labels weiterleiten. Doch auch Apple bekam in einem offenen Brief von Taylor Swift sein Fett weg. Die Lösung: ein exklusiver Streamingdeal mit der Popsängerin, die mittlerweile sogar für Apple Music wirbt.

Dass Apple bei einem Kauf von Tidal die exklusiven Verträge mit Rihanna, Beyoncé und anderen einfach so übernehmen kann, darf allerdings bezweifelt werden. Ähnliche Partnerschaften sind aber durchaus denkbar, immerhin erkauft der Konzern sich damit Verbindungen zur Musikindustrie. Das gleiche Prinzip soll Apple schon bei der Übernahme von Beats by Dre verfolgt haben: Mitgründer und Musikproduzent Jimmy Iovine und Trent Reznor sind bei Apple Music maßgeblich involviert.

Unbequem wird die Apple-Dominanz für Indie-Musiker und Konsumenten

Durch die Entwicklung der krisengeschüttelten Musikbranche könnte Apple am Ende sogar als Plattenlabel der Zukunft dastehen. Im Mai veröffentlichte Chance The Rapper ein Album exklusiv bei Apple, weil er kein Label hat – ein Beispiel, das veranschaulicht, wie universell sich das wertvollste Unternehmen der Welt im Streaming-Wettbewerb positioniert. In einem kürzlich veröffentlichten Artikel des Musikmagazins Rolling Stone zeigten sich Labelmanager positiv beeindruckt von Apple. Eine Stellung, von der Google und Spotify nur träumen können.

Angesichts der eingeschüchterten (Spotify) und irrelevanten (Google Play Music und Amazon Prime Music) Konkurrenz hat Apple die besten Chancen, den Streaming-Kampf zu gewinnen. Die Übernahme von Tidal würde diesen noch verkürzen. Die exklusiven Deals werden dann den Markt beherrschen, was Musiklabels und Künstler zumindest kurzfristig mehr Einnahmen als durch Streaming einbringen dürfte. Unbequem wird eine Apple-Dominanz voraussichtlich für Indie-Musiker und Konsumenten, die mehrere Dienste abonnieren müssen, um ein breites Angebot zu erhalten. 

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