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Der Rennwagen der Zukunft liest die Gedanken seines Fahrers

von GQ
Der MP4-X ist das neue Formel-1-Konzept von McLaren. Der Wagen soll zeigen, woran die Applied-Technologies-Abteilung des Rennstalls derzeit arbeitet und wie Technologien aus anderen Bereichen im Rennsport eingesetzt werden können.

Neben einem Schutz-Kokon hat der MP4-X einen morphendes Fahrgestell, das nach einem Aufprall in seine ursprüngliche Form zurückkehrt. Dazu kommen ein Augmented-Reality-Cockpit, ähnlich wie bei einem Kampfjet und die Möglichkeit, bestimmte Systeme durch die Gehirnströme des Fahrers zu steuern.

Weitere Features sind eine Real-Time-Analyse des Reifendrucks, die vorausschauend vor platzenden Reifen warnen kann, und Sensoren, die die Biotelemetrie-Daten des Fahrers erfassen und sie bei einem Crash sofort an Notfallhelfer übertragen.

Im Gespräch mit WIRED erzählte Jim Newton, Leiter der Abteilung Market Developement von McLaren Applied Technologies (MAT): „Natürlich sind nicht alle Dinge, die hier gezeigt werden, schon voll einsatzbereit. Aber darum ging es hier auch nicht — wir wollten in eine mögliche Zukunft blicken. Die Wahrheit ist aber, dass wir einige Technologien bereits im Einsatz haben. Etwa Batterie-Packs, die gleichzeitig als Strukturelemente im Rahmen Verwendung finden.“ Auch die Monitoring-Systeme von MAT werden schon heute im Profi-Rugby eingesetzt, um die Vitalwerte der Spieler zu überwachen.

Die Idee für das MP4-X-Konzept sei vor allem aus Bedenken hinsichtlich Sicherheit der Piloten entstanden, sagt Newton. Darunter auch der Wunsch von Fahrer Jenson Button, der angeregt hatte, dass es vielleicht an der Zeit sei, einen Schutz-Kokon für F1-Rennwagen einzuführen, ähnlich wie bei den Le-Mans-Wagen.

„Ich gehörte zu den Fahrern, die gesagt haben: Das hier ist ein Rennsport mit offenen Cockpits und so sollte es bleiben. Aber ich denke, es ist Zeit umzudenken“, sagt Button. „Wir brauchen einen Kokon im Auto. Denn solche Unfälle wie in den letzten Jahren dürfen nicht wieder passieren. Wir sind nicht mehr in den 1970ern, wir sollten es besser wissen.“

Der Kokon des MP4-X würde nicht nur Sicherheit bieten, sondern auch aerodynamischer sein. Er ist gleichzeitig wasserabweisend und photochromatisch, weshalb er sich an verschiedene Bedingungen anpassen kann. Bei guten Bedingungen könnten dann Zuschauer in die Kanzel blicken, wohingegen bei starkem Sonnenlicht das Glas getrübt werden würde, um die Sicht des Fahrers zu verbessern.

Hinzu kommt ein Sicherheitsanzug, der aus smarten Materialien hergestellt wurde. Er besteht aus einem Gemisch aus leitfähigen, energiegewinnenden Fasern sowie eingebauten Biosensoren. Bei einem Unfall würde der Anzug sofort zeigen, wo der Fahrer gequetscht oder verletzt wurde, damit Unfallhelfer gezielter und schneller reagieren können.

Damit das Auto den Fahrer auf verschiedene Weisen schützen kann, hat der MP4-X außerdem negativ-starre Materialien, die sich bei einem Aufprall verformen und danach wieder in ihre ursprüngliche Form biegen. „Moderne Materialien können dies aufgrund einer elastischen Gitterstruktur. Aber beim MP4-X geht das viel weiter“, sagt Newton.

Ein neues Feature ist, dass das Auto die Gehirnströme des Fahrers beobachten und so Befehle von ihm annehmen kann. MAT nennt diese Funktion „Kognitives-Mensch-Maschine-Interface mit Gesten- und Gehirn-Synapsen-Kontrolle“.

MAT arbeitet mit GlaxoSmithKline daran, neurologische Krankheiten besser zu verstehen. „Universitäten und Unternehmen untersuchen Gehirnaktivität auf einem immer größeren Level und nutzen das als Ansatz, um zu verstehen, wie Menschen denken und sich verhalten — ein wirklich interessantes Gebiet“, sagt Newton.

Eine Technologie wie diese könnte zur Entwicklung von Systemen führen, bei denen der Fahrer bestimmte Funktionen mit seinen Gehirnströmen aktivieren kann. Außerdem könnte das Team seine Gedanken lesen, damit sie ihn besser unterstützen können.

„Als Taktiker und Strategie-Berater weiß man dann genau, was im Fahrer vorgeht und man kann ihm helfen, taktischer zu denken. Man könnte die Kommunikation mit dem Fahrer verbessern. Zu verstehen, was der Fahrer denkt, ohne dass man mit ihm sprechen muss, wäre ein entscheidender Vorteil“, sagt Newton.

Eine weitere technologische Neuerung wäre die Active Flow Control. Elektroden an der Oberfläche der Flügel des Autos würden es erlauben, das aerodynamische Verhalten im Bedarfsfall an- oder auszuschalten. Wenn die Elektroden angeschaltet werden, dann verwandelt sich die Luft an den Flügeln in Plasma.

„Plasma Flow Control würde viel Energie benötigen. Aber in der Zukunft könnten wir dafür den Motor verwenden“, sagt Geoff McGrath, Chief Innovation Officer von MAT. „Derzeit ist das verboten von den F1-Regeln, aber so könnte man höhere Geschwindigkeiten erzielen. Besonders auf Bahnen wie Monza, wo man auf den Geraden möglichst den Druck nach unten verringern will, nur um ihn für die Kurven wieder zu aktivieren.“

Ultraleichte Solarzellen sind im MP4-X verbaut, die dazu dienen die On-Board-Systeme mit Energie zu versorgen — oder als Geschwindigkeits-Boost. Außerdem erhält der Fahrer durch ein 360-Grad-Augmented-Reality-System den völligen Überblick. Er könnte damit hinter das Auto oder durch Mauern auf der Bahn sehen. Das komplette Cockpit wird durch Gesten und holographische Elemente gesteuert. Auch die Vermarktung wird sich verändern. Anstatt aufgeklebte Logos soll der MP4-X digitale Bildschirme an der Außenhaut besitzen, auf denen Werbung projeziert werden kann.

„Ja, einige Dinge an diesem Auto liegen ziemlich weit in der Zukunft“, sagt Newton. „Am schwierigsten werden die kognitiven Systeme und die Gestensteuerung werden.“ Deshalb sieht er sie auch nicht als das aufregendste an dem Rennwagen, sein Favorit ist das Reifenwarnsystem. „Es ist ein Beispiel für Real-Time-Analysen, die bei Entscheidungen helfen können. Etwas das bereits bei der Öl oder Gasgewinnung in der Nordsee ähnlich umgesetzt wurde.“ 

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