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Digital ist besser / Der ewige Kampf mit der (digitalen) Ordnung

von Johnny Haeusler
Haufenweise Push-Benachrichtigungen, E-Mails und Kalender-Tasks, die das Display des Smartphones verstopfen — ein Anblick, den Johnny Haeusler nur schwer ertragen kann. Obwohl er es auf seinem realen Schreibtisch mit der Ordnung eigentlich gar nicht so genau nimmt.

Als ich neulich einen (natürlich erlaubten) Blick auf den Homescreen des iPhones einer Freundin warf, erschrak ich etwas. Ich dachte, das Ding hat Masern. Überall rote Punkte, an jeder zweiten App ein roter Kreis mit einer Zahl drin. 187 ungelesene Mails. Elf nicht gesichtete Nachrichten. 17 offene Todos. 35 vorliegende App-Updates, eines davon fürs Betriebssystem!

Ich würde durchdrehen bei so einem Anblick. Ich kann diese Warnhinwiese nicht ertragen, ich muss sie eliminieren, ihre Ursache erforschen, sie gegebenenfalls abstellen. Ich brauche digitale Ordnung, soweit es geht. Das ist ein bisschen erstaunlich, denn ich bin ansonsten überhaupt kein ordentlicher Typ. Papier, Zeitungen, Magazine, Briefe stapeln sich auf meinem Schreibtisch. Sich täglich ansammelnde Dinge, die keinen festen Platz haben und bei denen noch nicht sicher ist, ob man sie überhaupt aufheben will oder muss, bevölkern die Ecken von Büro und Wohnung. Sie passen sich nach und nach ihrer Umgebung an und schon nach wenigen Tagen sehe ich sie nicht mehr. Sie verschwinden. Aber sie sind immer noch da.

Manchmal wünschte ich, diese ganzen kleinen Echtwelt-Dinge-Haufen würden auch mit einem kleinen roten Kreis mit einer Zahl drin auf sich aufmerksam machen. Dann würde ich mich sicher besser um ihre Bereinigung oder Erledigung kümmern. Ich würde Echtwelt-Newsletter mit einem Klick abbestellen und Rechnungen sofort bezahlen, damit der Kreis weggeht. Ich würde herumliegende Stifte, Feuerzeuge und Kinderkrams gleich in ihre entsprechenden Ordner sortieren oder diesen neu anlegen oder alles einfach in den Papierkorb ziehen. Ich würde überflüssige Zeitverschwender abstellen.

In der physischen Welt geht das alles leider nicht ganz so leicht. Und bevor ich mich hinsetze und in einem Papierbrief der irgendwann wahrscheinlich von mir gegebenen „Einwilligung für die Zusendung weiterer Informationen per Post“ widerspreche, kommt der Kram halt auf irgendeinen Haufen. Das geht schneller. Und man sieht es ja nach kurzer Zeit nicht mehr.

Bei der erwähnten Freundin ist es übrigens genau umgekehrt. In ihrer Wohnung sehe ich keine überflüssigen Stapel. Und die roten Kreise mit den Nummern auf ihrem Smartphone lassen sie völlig kalt. Den betreffenden Mail-Account nutzt sie eh nur für Newsletter und Anmeldevorgänge, da kann nichts Wichtiges drinstehen, sagt sie. Die ungelesenen Messages können nur Leute sein, mit denen sie kaum Kontakt hat. Wer was will, soll sie anrufen. Und diese Todo-Liste — die hat sie besser im Kopf, die digitale Version pflegt sie sowieso nicht richtig.

Auf eine Art, denke ich, ist sie freier als ich. Im Gegensatz zu mir lässt sie sich nicht durch rote Kreise unruhig machen.

Aber das Systemupdate, antworte ich. Das muss doch… Also sie kann doch nicht…!

Letzte Woche warnte Johnny Haeusler: Schützt euch vor digitalem Gedankendiebstahl! 

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