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Digital ist besser / Weg mit dem Handy-Verbot auf der Klassenfahrt!

von Johnny Haeusler
Diese Kolumne muss leider mit einer Triggerwarnung beginnen. Vorgeschrieben sind solche Hinweise vor allem in Foren, genutzt werden sie aber auch oft von Nutzerinnen und Nutzern sozialer Medien. Sie sollen andere Menschen vor der Beschreibung bestimmter Ereignisse oder der Erwähnung bestimmter Wörter warnen und vor möglichen Schäden oder Angstreaktionen, die diese auslösen könnten.

Also, Triggerwarnung, es folgt ein Wort, das bei einigen Leserinnen oder Lesern starke Belastungen auslösen kann: Elternabend. Achtung, es wird noch schlimmer: Elternabend, bei dem eine Klassenfahrt besprochen wird.

So richtig Randale gibt es auf Elternabenden erst, wenn es um digitale Medien geht.

Es ist ein Grauen. Immer wieder. Ich spreche in diesem speziellen Fall nicht von der halbstündigen Debatte um die Frage, ob die jugendlichen (!) Kinder während einer dreitägigen Reise auch im europäischen Ausland krankenversichert sind (Hinweis: Sie sind es, aber wir sollten trotzdem noch ein wenig länger darüber reden und wirklich sicherstellen, dass der Hubschrauber im Notfall auch gut landen kann). Obwohl diese Debatte ihren Teil dazu beiträgt, dass manche Mütter und Väter die Teilnahmepflicht am Elternabend mittlerweile durch das Vortäuschen von schweren Verletzungen oder tödlichen Krankheiten zu vermeiden suchen.

So richtig Randale gibt es auf Elternabenden aber erst, wenn es um digitale Medien geht. Genauer gesagt um die Frage, ob die jugendlichen (!) Kinder ihr Smartphone auf die Klassenreise mitnehmen dürfen. Oder eben nicht.

Die sollen mal wieder miteinander reden! Die sollen sich die Stadt ansehen, statt sie nur zu fotografieren! Die können ja wohl auch mal ohne Musik auskommen!

Die einhellige Meinung der Lehrkräfte, dass ein komplettes Handyverbot vonnöten ist, um nächtliche Verabredungen von Zimmer zu Zimmer oder Selfies bei der Führung durch ein ehemaliges Konzentrationslager zu verhindern, wird von der Elternschaft einhellig unterstützt. Die können sich ruhig auch mal in die Augen schauen! Die sollen mal wieder miteinander reden! Die sollen sich die Stadt ansehen, statt sie nur zu fotografieren! Die können ja wohl auch mal ein paar Tage ohne Musik auskommen! Lehrer und Eltern sind sicher, dass ihre jugendlichen (!) Kinder keinen Schaden davontragen, wenn sie mal ein paar Tage ohne Smartphone auskommen müssen. Und wenn doch, dann sind sie ja krankenversichert.

Und natürlich haben alle recht. Jeder kann ein paar Tage ohne Smartphone gut überstehen. Sogar jugendliche (!) Kinder. Von denen waren übrigens beim Elternabend auch drei anwesend. Und vor allem völlig anderer Meinung als die Erwachsenen, deren eigene Smartphones während der ganzen Veranstaltung fließig surrten und piepsten oder in einem sehr ehrheiternden Einzelfall „Ich habe nicht verstanden, was du mir sagen wolltest“ aus einer Jackentasche verlauten ließen.

In ihrer Funktion als Schülersprecher wiesen die jugendlichen (!) Kinder darauf hin, dass die Nachricht eines Smartphone-Verbots in der Schülerschaft möglicherweise mit eher gemischten Gefühlen, also Totalverweigerung aufgenommen werden könnte. Und dass womöglich der Eine oder die Andere — also eher alle, eigentlich — das Verbot umgehen würden. Überflüssig zu sagen, dass die Meinung der jugendlichen (!) Kinder auf kein besonderes Interesse bei den Älteren stieß.

Mein eigener Einwand, dass die jugendlichen (!) Kinder ein Verbot als Strafe empfinden würden; meine Frage, ob es nicht um das Erlernen der möglichst sinnvollen und zeitlich eingeschränkten Nutzung der Geräte statt um Verbote gehen sollte; mein Vorschlag, die Herausforderungen mit den jugendlichen (!) Kindern zu besprechen, Regeln und Folgen bei Zuwiderhandlung gemeinsam festzulegen und durchzusetzen — das alles ernetete die Art von Kopfschütteln, die man sich ansonsten für Menschen aufhebt, die schon wieder vergessen haben, das Kleingeld bereits vor dem Bezahlen an der Supermarktkasse bereitzuhalten. Für die Alltagserschwerer. Die Störer.

Die Abstimmung fiel trotz weiterer Vorschläge und Argumente weniger anderer Eltern mit nur fünf Stimmen gegen das Verbot eindeutig aus: Die Handys bleiben zu Hause. Basta. Wer Selfies machen will, der kann die Lehrer um deren mitgebrachten Fotoapparat bitten (srsly?!). Wer Musik hören will, darf einen MP3-Player mitbringen. Obwohl einer der anwesenden Schüler anmerkte, dass er schon seit Jahren niemanden mehr kennt, der einen MP3-Player besitzt.
Egal. Eltern und Lehrkräfte waren sich einig in dieser Sache. Und die Schülerinnen und Schüler über ihren Umgang damit vermutlich auch.

In der letzten Folge „Digital ist besser“ erklärte Johnny Haeusler, wie aus Yo endlich eine sinnvolle App werden könnte — mithilfe der Apple Watch. 

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