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Digital ist besser / Die wirklich nervigste Sache im Internet

von Johnny Haeusler
Johnny Haeusler kann es nicht mehr lesen: Lebensweisheiten, Motivationssprüche, schlaue Zitate, die wahllos in alle möglichen Social-Streams gekippt werden. Eine Wutrede.

„Die wirklich nervigste Sache im Internet“ ist natürlich ein sehr blöder Titel, denn betrachtet man das Netz als Abbild der Gesellschaft(en), kann man sich auch einfach über ebenjene aufregen. Doch ein Titel wie „Was mich ein bisschen stört an unserer Gesellschaft“ würde so gut wie keine Leserinnen und Leser anziehen — womit wir eigentlich schon wieder eine andere wirklich nervige Sache am Internet und der Gesellschaft gefunden hätten, aber um die geht es mir diesmal nicht.

Sondern um Lebensweisheiten. Um Motivationssprüche. Um schlaue Zitate. Um Bilder mit Sprüchen, gepostet auf Twitter, geteilt via Facebook, ungefragt zugeschickt über WhatsApp, als Foto auf Instagram gepostet, gerne mit Wolken oder Wellen im Hintergund. Ich kann sie aus diversen Gründen einfach nicht ab, diese Besserwissereien.

Da ist zunächst die Frage, warum irgendein Satz, geschrieben oder gesprochen von irgendjemandem zu irgendeiner Zeit, überhaupt eine Relevanz für mein eigenes Leben haben sollte. Wer ist dieser Einstein? Was maßt sich dieser John F. Kennedy überhaupt an? Und warum denken sich diejenigen, die solche Sätze verbreiten, nicht selbst mal etwas Schlaues aus oder handeln wenigstens nach dem cleveren Motto, statt Zeit damit zu verschwenden, den Kram in den Facebook-Stream zu schieben?

Und außerdem sind die allermeisten dieser Zitate, Sprüche und Weisheiten völliger Unfug. Angefangen mit dem dümmsten aller klugen Sprüche, der komplett durchgeknallten Mutter aller Lebensweisheiten:

„Lebe jeden Tag, als wäre es dein letzter!“

Alter! Bist du irre? Wüsste ich, dass ich morgen sterbe, würde ich a) mein gesamtes verbleibendes Geld verprassen, mich b) derart betrinken, dass ich am nächsten Morgen möglichst wenig von meinem Tod mitbekomme und c) garantiert nicht vor einem Computer sitzen und dumme Sprüche lesen! Was soll das werden, wenn ich jeden Tag weinend zusammenbreche, weil mein Leben in wenigen Stunden zuende sein wird? Und was genau ist daran erstebenswert?

Oder der hier: „Träume nicht dein Leben, lebe deinen Traum!“ Würde ich den Traum der letzten Nacht leben, säße ich morgen im Knast, und zwar zurecht! „Auch aus den Steinen, die in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen.“ Da ist nun echt was dran, und ich bin auch schon ganz aufgeregt, was ich aus den 5000 Euro Zahnarzt-Kosten, die meine Krankenkasse nicht übernimmt, hübsches basteln werde!

„Man ist immer so alt, wie man sich fühlt.“ Kompletter Bullshit. Man ist so alt, wie man alt ist. Andernfalls wäre ich gestern 72, vorgestern 13 und vorvorgestern 35 gewesen, wie soll man denn da Geburtstag feiern?

Nein, diese ganze Weisheiten sind nichts für mich, ich schmeiße mittlerweile Menschen aus meinen Social-Network-Filterblasen, deren Handlungen offenbar auf den schriftlich fixierten Erfahrungen Dritter basieren. Das wird nicht leicht, doch ich werde es versuchen.

Obwohl mich Homer Simpson eigentlich warnt: „Trying is the first step towards failure.“

Letzte Woche zeigte sich Johnny Haeusler beeindruckt vom Engagement beim Umgang mit Flüchtlingen. 

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