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Über der Cloud: iPhone 6 Plus Camera vs. GoPro — der Test bei 270 Kmh im freien Fall

von Bernd Skischally
iOS-Bugs, #Bendgate, #Hairgate  –  und jetzt der iPhone-6-Sturzflug: Kann die hochgelobte Kamera einen professionellen Fallschirmspringer überzeugen?

Seit die Action-Cam GoPro auf dem Markt ist, kann jeder hautnah miterleben, warum sich Fallschirmspringer wie Patrick Hartwig Wochenende für Wochenende in Lebensgefahr stürzen. Das Netz ist voll von faszinierenden Skydiving-Shots. Ein Beispiel: Der aktuelle Weltrekord im Freefly mit über 120 Fallschirmspringern.  Sieht man sich das Video an, hat man das Gefühl, man sei einer von denen gewesen, die da mit 270 Stundenkilometern Richtung Erde rasen – kopfüber.

 

Wir hatten die iPhones einen halben Tag lang im Dauereinsatz. Trotzdem war der Akku auf dem Heimweg noch mehr als halbvoll.

Patrick Hartwig, IT-Experte und Fallschirmspringer

Hartwig, der als IT-Experte unter anderem für die WIRED-Redaktion arbeitet, weiß genau, wie sich das anfühlt. 2009 wurde er mit seinem Partner David O'mer Deutscher Freefly-Meister. Und auch er hat bei seinen waghalsigen Fallschirm-Sprüngen regelmäßig eine Kamera dabei. In der Vor-GoPro-Ära montierte er sich noch klobige Camcorder auf den Helm. 2002 wurden seine Bilder sogar live ins Fernsehen übertragen: Bei „Wetten, dass...?“ verpasste ein Mitglied seiner Crew einem anderen im Flug eine Nassrasur. Zeit für den WIRED-Test: Taugen die hochgelobten Kameras von iPhone 6 und iPhone 6 Plus auch als Action-Cam unter verschärften Bedingungen?

Bei der Präsentation der neuen iPhone-Generation schwärmte Apples Marketing-Chef Phil Schiller vor allem von der Kamera. Die „technology used by high-end DSLR“ werde kleinere Video-Kameras und Pocket-Cams endgültig vom Markt verdrängen. DSLR steht für digital single-lens reflex und ist der Code für digitale Spiegelreflex-Modelle, denen inzwischen auch professionelle Filmemacher erlegen sind.

Das iPhone 6 Plus ist für so eine Aktion viel zu groß. Es wäre uns mehrfach fast aus der Hand oder vom Helm gerutscht.

Patrick Hartwig, IT-Experte und Fallschirmspringer

Ganz ohne zusätzliches Objektiv und mit nur wenigen Finger-Tippern auf dem Touch-Display lassen sich mit dem 129 Gramm leichten iPhone 6 und der 30 Gramm schwereren Plus-Variante Clips in Full-HD aufzeichnen, also mit 1920x1080 Pixeln. Das Ganze bei wahlweise 30 oder 60 Bildern pro Sekunde (fps). Zusätzlich bietet Apple erstmals einen Slow-Motion-Modus mit 240 fps und die sogenannte Cinematic-Video-Stabilisierung, um das Bild ruhig zu halten.

Ob diese Features ausreichen, um den GoPro-Kameras ihren Platz an den Helmen von Fallschirmspringern streitig zu machen – das herauszufinden, war Hartwigs Auftrag. „Unser Sport ist prädestiniert für Filmaufnahmen. Bei der Entwicklung der Action-Cams haben Fallschirmspringer deshalb eine Vorreiterrolle“, sagt Hartwig. Mit anderen Worten: Was im Himmel besteht, hat auch auf dem Boden nichts zu befürchten.

Gemeinsam mit seinem Partner O'mer absolvierte Hartwig vier Sprünge aus 4000 Metern. Abwechselnd hielten sie das iPhone 6 und das iPhone 6 Plus in der Hand oder montierten sie an den Helm. Konkurrenten waren eine GoPro Hero2 und eine GoPro Hero3 Black Edition. Das ist das Ergebnis:

Patrick Hartwigs Urteil nach dem letzten Sprung: Für den Himmel ist das iPhone dann doch nicht gemacht.

WIRED: „Generell ist das iPhone 6 für mich die optimale Steigerung zum iPhone 5. Größe, Design, Performance – alles gelungen erneuert", sagt Hartwig. „Was an den iPhone-6-Videos in der Luft überzeugt, sind die Farbwiedergabe und die Frame Rate. Da merkt man, dass wir es hier mit einer Full-HD-Kamera zu tun haben, mit einer Qualität, die wir uns vor zehn Jahren selbst von einem ausgereiften Camcorder nicht erträumt hätten. Was für unsere Test-Flüge außerdem wichtig war, ist die Akkuleistung. Wir waren einen halben Tag unterwegs und hatten die Telefone im Dauereinsatz – bei teils schnell wechselnden Temperaturen. Trotzdem war der Akku auf dem Heimweg noch mehr als halbvoll.“

TIRED: „Wir haben die iPhone-Kamera spürbar an ihre Grenzen gebracht. Allein die Bedienung via Touch-Display ist einfach nicht praktikabel fürs Fallschirmspringen – zu umständlich und sensibel, wenn man in der engen Fliegerkabine auf „Aufnahme“ drücken oder mal eben vom Normal- in den Zeitlupen-Modus wechseln will. Was die Aufnahme selbst betrifft: Da versagte die auf dem Boden gut funktionierende Bildstabilisierung leider. Im Gegensatz zu den Go-Pro-Kameras, die dank feststehender Linse auch bei einer Fluggeschwindigkeit von rund 270 km/h zuverlässig arbeitet, haben die iPhones mit ihrer vorinstallierten Steady-Shot-Funktion zum Teil sehr unscharfe oder wellige Bilder fabriziert. Der extreme Weitwinkel der GoPros ist im Flug ebenfalls ein deutlicher Vorteil. Mit den iPhones mussten wir relativ viel Abstand zueinander halten, um ein ordentliches Motiv zu bekommen. Keine Überraschung: Das iPhone 6 Plus ist für so eine Aktion viel zu groß. Es wäre uns mehrfach fast aus der Hand oder vom Helm gerutscht.“

FAZIT: „Für den Alltagsgebrauch ist die iPhone-Kamera tatsächlich ein Quantensprung. Am Helm von Extremsportlern wird man sie aber auch in Zukunft nicht finden. Bei unseren Anforderungen brauchen wir spezielle Kameras. Meine nächsten Flüge filme ich mit der neuen GoPro Hero 4 – in 4000 Metern mit 4K-Auflösung.“ 

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