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Die neue „Serial“-Staffel könnte die Geschichte eines mutmaßlichen US-Deserteurs erzählen

von Oliver Klatt
Mit ihrem Real-Crime-Podcast „Serial“ gelang Sarah Koenig und ihrem Team eine Internetsensation. Die wahre Geschichte um die 1999 ermordete High-School-Schülerin Hae Min Lee machte Millionen von Zuhörern zu Hobbyermittlern — und bewirkte immerhin, dass der Fall neu aufgerollt wurde. Im Herbst beginnt die zweite Staffel von „Serial“. Diesmal könnten die Recherchen der Podcastjournalisten noch weitere Kreise ziehen — bis ins amerikanische Militär.

Wie das Magazin Maxim berichtet, wird sich eine der zwei kommenden „Serial“-Staffeln — die dritte soll schon im Frühjahr 2016 anlaufen — mit dem Fall des mutmaßlichen US-Army-Deserteurs Bowe Bergdahl befassen. Bergdahl war am 30. Juni 2009 unter bisher ungeklärten Umständen von seinem Militärposten in Afghanistan verschwunden und kurz darauf von den Taliban gefangengenommen worden.

Die US Army ist der größte Witz, über den die Welt jemals gelacht hat.

Sergeant Bowe Bergdahl, mutmaßlicher Deserteur

Erst fünf Jahre später wurde er im Austausch gegen fünf Guantanamo-Häftlinge wieder freigelassen. Mit der Frage, ob Bergdahl desertiert sei und seine Kameraden im Stich gelassen habe, beschäftigt sich derzeit ein Militärgericht. Im Fall einer Verurteilung droht dem Soldaten lebenslange Haft.

Bei einer Anhörung vor zwei Wochen in San Antonio, Texas sollen auch „Serial“-Produzentin Sarah Koenig und einer ihrer Kollegen von der Radiosendung „This American Life“ dabeigewesen sein. Außerdem beruft sich Maxim auf Aussagen zweier Mitglieder von Bergdahls ehemaliger Einheit in Afghanistan. Sie behaupten, von Koenig interviewt worden zu sein.

Eine offizielle Bestätigung vonseiten der „Serial”-Crew steht allerdings noch aus. Thematisch passen die Ereignisse um Bergdahls Gefangenschaft jedenfalls perfekt ins Konzept das Podcasts. Anstatt wie im Fall Adnan Syed Licht auf das fehleranfällige Rechtssystem in den USA zu werfen, könnte Bergdahls Schicksal nun unangenehme Details über den Militäreinsatz der Amerikaner in Afghanistan zum Vorschein bringen.

Als zentrale Figur einer neuen „Serial”-Staffel taugt der 29-jährige Sergeant allemal. Schließlich entspricht er ganz und gar nicht dem Klischee vom patriotisch verblendeten Kämpfer, der siegessicher in ein fremdes Land einfällt. Vor seinem Einsatz in Afghanistan war Bergdahl Balletttänzer und verbrachte längere Zeit in einem buddhistischen Kloster. In einer letzten E-Mail, die er kurz vor seiner Entführung an seine Eltern schickte, beklagte er das martialische Gehabe der anderen Soldaten und äußert Zweifel an der Richtigkeit des Militäreinsatzes.

„Die US Army ist der größte Witz, über den die Welt jemals gelacht hat“, schrieb Bergdahl. „Es ist eine Armee von Lügnern, Verrätern, Deppen und Tyrannen.“ Sollte ihm alles irgendwann zu blöd werden, soll der 29-Jährige gegenüber einem Kollegen gesagt haben, werde er sich absetzen und in den Bergen Pakistans untertauchen.Vieles deutet darauf hin, dass Bergdahl genau das versucht hat und dabei von den Taliban geschnappt wurde. Sicher ist jedoch nur wenig. Und genau deshalb könnte die zweite Staffel von „Serial“ mindestens genauso spannend werden wie die erste.

Es wäre schön, wenn ich mich wie ein Troll in meinen Keller zurückziehen könnte.

Sarah Koenig, Produzentin von „Serial“

Den Machern von „Serial“ scheint das Projekt allerdings schon jetzt ein wenig über den Kopf zu wachsen. In einer Stellungnahme teilte Production Manager Emily Condon mit, dass man sich wünsche, andere Journalisten würden nicht über die zweite „Serial“-Staffel spekulieren, weil das die Arbeit erschweren könnte. Das „Serial“-Team selbst musste sich wiederum Kritik von Militärexperten anhören, die darauf verweisen, dass ein Podcast zu einer laufenden Gerichtsverhandlungen diese negativ beeinflussen könnte.

Und Sarah Koenig, die Stimme von „Serial“, ließ bei einer Veranstaltung in der Brooklyn Academy of Music durchblicken, dass ihr der Trubel um den Podcast bisweilen zuviel wird. „Ich vermisse die Zeit, in der sich niemand einen Dreck darum geschert hat, was ich mache“, sagte sie. „Es wäre schön, wenn ich mich wieder wie ein Troll in meinen Keller zurückziehen könnte.“

Daraus wird wohl nichts. Denn wenn die neue „Serial“-Staffel auch nur annähernd so gut recherchiert und mitreißend erzählt ist wie die vorherige, werden wir nicht nur jede Folge begierig mit unseren Ohren aufsaugen, sondern natürlich auch bei WIRED darüber berichten. Tut uns (gar nicht) leid. 

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