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Facebook Live zeigt, wie weit Facebook für seine Ziele zu gehen bereit ist

von Leonie Czycykowski
Gute Interaktion führt zu guter Platzierung – diese Gleichung wird bei Facebook gerade umgedreht: Wer die neue Streaming-Funktion Facebook Live nutzt, wird nicht nur hoch im Newsfeed einsortiert, sondern gegebenenfalls auch dafür bezahlt. Dann erst folgt gute Interaktion. Die Plattform für sozialen Austausch Facebook ist längst vom Unternehmen Facebook übernommen worden, kommentiert Leonie Czycykowski.

Im Kampf um die meisten, die engagiertesten, die treuesten Nutzer scheint das Format des Video-Livestreamings die neue Lieblingswaffe von Facebook zu sein. Nachdem zunächst nur Prominente über die App Mentions dieses Feature nutzen konnten, können wir nun also alle unser Leben jederzeit live auf Facebook (mit)teilen. Mit Kommentarfunktion und Emojis und allem, was der moderne Mensch halt so zur Kommunikation benötigt. Und wer das Video-Streaming nutzt, wird gleich auch ganz oben im Newsfeed einsortiert. Belohnung à la Facebook.

Seit jeher steuert das Unternehmen, wie bestimmte Inhalte oder Medientypen ausgespielt werden und ob Erfolg oder Misserfolg am Ende stehen. So wissen wir schon lange, dass Videos an sich eine besonders gute Performance auf Facebook hinlegen, solange man sie nativ hochlädt. Facebook reagiert damit auf die Konkurrenzsituation zu YouTube. Facebook Live ist der konsequente nächste Schritt, um den Markt von Apps wie Periscope oder sogar Snapchat anzugreifen und den eigenen Videoschwerpunkt fortzuführen.

Für Social-Media-Manager geht es immer weniger darum, was die Nutzer mögen.

Allerdings: Dass Facebook jetzt offensichtlich bereit ist, nicht nur durch gute Platzierung, sondern sogar finanziell zu belohnen, ist neu: Unternehmen und Medienhäuser sollen laut Medienberichten Geld erhalten, damit sie das neue Feature sofort ausgiebig nutzen und ihre Ressourcen entsprechend verschieben.

Hatte bisher die Interaktion von Usern mit dem, was auf Facebook gepostet wurde, die deutlichste Auswirkung auf die jeweilige Performance, verschiebt sich der Schwerpunkt nun offensichtlich immer deutlicher hin zur davon unabhängigen Lenkung. Oder anders gesagt: Das Prinzip wird auf den Kopf gestellt: Interaktion folgt auf die gute Platzierung.

Die Wette darauf, dass Inhalte, die stärker sichtbar sind, auch mehr Likes, Kommentare und Shares nach sich ziehen werden, ist für Facebook eine ziemlich sichere Nummer. So sicher, dass das Unternehmen nun neben dem Versprechen von mehr Sichtbarkeit also auch Geld einsetzt, um den schnellen Erfolg schlichtweg einzukaufen – und das sogar offen kommuniziert.

Stattdessen gilt: Du musst wissen, was Facebook mag.

Warum ist das bemerkenswert? Es macht einen kleinen Paradigmenwechsel deutlich: Für Social-Media-Manager geht es immer weniger darum, was die Nutzer mögen. Stattdessen gilt: Du musst wissen, was Facebook mag. Erst dann kommt die Frage nach den Nutzern und der bestmöglichen eigenen Umsetzung der Unternehmensstrategie Facebooks. Und wenn dieser Kreislauf erstmal funktioniert, impliziert das praktisch unendliche Möglichkeiten – für Facebook.

Wer dachte, dass inzwischen werbende Unternehmen die soziale Plattform für ihre eigenen Marktziele praktisch übernommen haben, kann spätestens jetzt dem Ganzen eine neue Dimension hinzufügen: Die Plattform für sozialen Austausch Facebook wurde längst vom Unternehmen Facebook übernommen.

Tut das der Sache einen Abbruch? Nein, wir werden alle weiter mitpaddeln im Strom dessen, was Facebook so zusammenmischt, und natürlich versuchen, immer das Beste für die Nutzer und damit eben auch für uns herauszuholen. Bis eines Tages ein neues Netzwerk übernimmt. Oder die Nutzer plötzlich etwas gänzlich Unvorhergesehenes tun. Das wäre doch irgendwie toll. Für uns alle. 

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