Hinweis zu Affiliate-Links: Alle Produkte werden von der Redaktion unabhängig ausgewählt. Im Falle eines Kaufs des Produkts nach Klick auf den Link erhalten wir ggf. eine Provision.

Ein Mathematiker hat herausgefunden, warum alle Hipster gleich aussehen

von Katharina Brunner
Sogenannte Hipster sind ein Paradebeispiel dafür, wie Selbst- und Fremdbild auseinandergehen können. Als höchstes Hipster-Ziel gilt es, das individuellste aller Individuen zu sein. Von außen betrachtet gelten Hipster jedoch als homogene Masse aus Vollbärten, zugeknöpften Hemden und veganem Pausenbrot im bedruckten Jutebeutel. Der französische Neurowissenschaftler Jonathan Touboul hat diesen „Hipster-Effekt“ nun wissenschaftlich untersucht.

Toubouls Aufsatz „The Hipster Effect: When Anticonformists All Look the Same“ will mit einem Modell aus der statistischen Physik erklären, warum Individuen, die sich „gegen die Mehrheit“ wenden, einander trotzdem ähnlich sind. Sie erschaffen einen Hipster-Trend, in Wissenschaftssprache heißt das: Sie verhalten sich synchron.

Sie sind zu langsam, um die Trends aufzuspüren.

Jonathan Touboul, Mathematiker

Der Mathematiker am Collège de France in Paris argumentiert, dass niemand fähig ist, in Echtzeit auf die neuesten Trends in Musik oder Mode zu reagieren – und somit auch nicht dazu, ein wahrer Hipster zu sein: „Sie sind zu langsam, um die Trends aufzuspüren.“ Es kommt immer zu einer gewissen Verzögerung, bis sich die neuen coolen Bands aus Brooklyn Aufmerksamkeit im Netzwerk der Berliner Hipster verschafft haben. Und wenn die Musik endlich wahrgenommen wird, dann von allen gemeinsam. Einzelne Hipster merken nur nicht, dass auch alle anderen die Musik gerade gut finden. Dazu kommt der Einfluss von einzelnen Personen, die Trends prägen, etwa den Betreibern populärer Blogs. Auch Anti-Mainstream hat also einen Mainstream: „Obwohl sie sich sehr bemühen, anders zu sein, endet das oft damit, dass Hipster ständig die gleichen Entscheidungen treffen. In anderen Worten: Sie sehen alle gleich aus“, schreibt Touboul.

Entscheidend ist auch die Distanz zwischen Personen. Es ist leicht, sich modisch von den Mitbewohnern in der WG abzuheben, weil man sie jeden Tag sieht. Im kleinen Rahmen ist Individualität also möglich. Sich auf einer großen Party mit hunderten von Personen die Krone der Unkonventionalität zu verdienen, ist dagegen schon schwieriger.

Die Argumentation des „Hipster Effekts“ kann aber genauso auf jede andere Gruppe übertragen werden, die individuell sein will, aber optisch als Kollektiv wahrgenommen wird: Banker, Fussballfans, Teenager. Touboul beweist Sinn für Ironie, indem er seine Untersuchung gerade auf eine Gruppe bezieht, die offiziell keine Mitglieder hat. Schließlich gehört es zum guten Hipster-Ton zu unterstreichen, dass man selbst aber nun wirklich nicht zu diesem Jugendkultur-Einheitsbrei gehört. Sozusagen das Grundwissen der Generation Y: Hipster, das sind immer nur die anderen. 

GQ Empfiehlt