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Die digitale Bundesligatabelle: Wer hat die beste Vereins-App?

von Tim Rittmann
Moderner Fußball? Das klingt nach Selfie in der Kabine, steigenden Ticketpreisen und alkoholfreiem Bier — also eher nichts für den traditionsbewussten Fan. Dabei hat sich die oft verteufelte Moderne längst ins Leben hartgesottener Ultras eingeschlichen, in Form von Vereins-Apps.

Eine solche App leistet sich nämlich inzwischen fast jeder deutsche Bundesligist. Dabei waren die Programme lange Zeit nicht mehr als Nachrichten-Center. Jede Zerrung und jedes Vorbereitungsspiel wurde durch Push-Funktion und Fanfaren angekündigt. Manchmal dienten die Apps auch zum Empfang des vereinseigenen TV-Kanals. Inzwischen müssen sie mehr können. Sie sind Fanshop, Live-Radio und Online-Kartendienst. Aber auch Revolverblatt, Lostrommel und Fan-Forum in einem.

Weil Stadien wie der Dortmunder Signal Iduna Park, die BayArena in Leverkusen oder die Allianz Arena in München flächendeckend W-Lan anbieten, dienen unsere Smartphones hier als Fernbedienungen. Mit der jeweiligen App kauft man Bratwurst und Bier. Nebenbei wird der Spieler des Tages gekürt oder das Bild einer am Spielfeldrand angebrachten Kamera angesteuert. In den modernsten Arenen der Welt, etwa dem Levi’s Stadium in Kalifornien, kann man pünktlich zu Spielbeginn für einen kleinen Aufpreis sogar Essen bestellen. Das wird dann direkt an den Sitzplatz gebracht. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis es auch in der Bundesliga soweit ist.

Als Vorbild für die vernetzten Stadien und die Vereins-Apps dient der amerikanische Profi-Teamsport — also Basketball, American Football und Eishockey. Die Apps der LA Kings, New England Patriots oder Chicago Bulls sind nicht nur perfekte Marketing-Werkzeuge, sondern auch ausführliche Statistik-Zentralen: Jeder Spieler wird bis auf die letzte Nachkommastelle analysiert. Fans mögen das, gerade in den statistikverrückten USA. Neben den harten Fakten gibt es dann noch Soft-News und Fotos aus dem Mannschaftstrakt, die über die offiziellen Social-Media-Kanäle eingespielt werden.

So weit sind die meisten Apps und Stadien der deutschen Fußballvereine noch nicht. Pünktlich zum Auftakt der Bundesliga-Saison 2015/16 machen wir deswegen den App-Test und prüfen, welche Clubs sich auch auf dem Handy erstklassig präsentieren — und welche nicht.

HANNOVER 96
„Wir haben uns damals bewusst gegen eine App und für eine optimierte mobile Website entschieden,“ sagt Vereinssprecher Oliver Rickhof. „Uns fehlte ein Zusatznutzen, der über die Push-Funktion hinausgeht. Außerdem wollten wir keine generische Modul-Lösung, so wie viele andere Bundesligisten.“ Eine neue App kommt erst, wenn auch das Stadion in Hannover mit W-LAN ausgestattet ist. Rickhof verspricht: „Das Projekt wird gerade beackert, denn wir haben erkannt, dass eine App auch was mit der Außenwirkung zu tun hat.“ Bis dahin:
WIRED-Tabellenplatz: 18

BORUSSIA MÖNCHENGLADBACH
Die Vereins-App, das Accessoire für trendbewusste Bundesligisten. Nicht substantiell, aber nice-to-have. Nun messen sich die Fohlen nach langer Zeit wieder mit den europäischen Meistern. Denn auf diesem Parkett der Eitelkeiten ist ein Accessoire ein Muss, sonst wird gelästert: „Ah, ein Neureicher.“ Nur: es gibt derzeit keine Gladbach-App. Derzeit arbeitet man — wie in Hannover — mit einer optimierten Website. Derweil tüftelt der Club fieberhaft an einer neuen App-Lösung, sagt ein Vereinssprecher auf Anfrage. Für ein Weiterkommen in der Champions League ist das eh herzlich egal.
WIRED-Tabellenplatz: 17

TSG 1899 HOFFENHEIM
Hoffenheim gilt als liebstes Projekt des SAP-Gründers Dietmar Hopp. Eine gewisse Nähe zur IT-Branche wäre also zu vermuten. Das Mindeste, was man hätte erwarten können, wären Smartphone-Applikationen für nischige Betriebssysteme wie Ubuntu und Windows. Stattdessen reicht es nur für eine iOS-App. Die heißt achtzehn99 und stört nicht weiter beim Bügeln. Der Auftakt im DfB-Pokal verlief für die Hoffenheimer denkbar schlecht. Und auch in unserer App-Rangliste reicht es wegen der fehlenden Plattformen nur für einen Relegationsplatz.
WIRED-Tabellenplatz: 16

FC INGOLSTADT
Wussten Sie, dass Ramadan Özcan, der Torwart des FC Ingolstadt, von seinen Mitspielern „Rambo“ genannt wird? Und dass das Leitbild seines Arbeitgebers „modern und interaktiv“ ist? Das werde, so der Club, auch gelebt. Sein Beweis: Die Schanzer sind schon seit März 2014 auf Snapchat, als erster Profi-Fußballverein überhaupt. Die Smartphone-App entspricht, bis auf die integrierten Instagram-Foto-Feeds, hingegen nicht wirklich dem Leitbild. Schriften sind zu klein und Videos öffnen sich nur im Browser. Abgesehen vom Ticker gibt es keine Live oder Stadion-Funktionen. Um Missverständnisse vorzubeugen: Snapchat wurde nicht verwendet, um Untenrum-Material aus dem Ermüdungsbecken zu verschicken.
WIRED-Tabellenplatz: 15

FC AUGSBURG, FSV MAINZ 05, EINTRACHT FRANKFURT, FC KÖLN, DARMSTADT 98
Es gibt Vereine, die tun keinem weh. Seit Jahren mäandern sie durch das Mittelfeld der Bundesligatabelle und freuen sich über ein positives Torverhältnis. Dieses Szenario lässt sich auch auf Bundesliga-Apps übertragen. Der FC Augsburg hat zum Beispiel eine App, die der von Eintracht Frankfurt zum Verwechseln ähnlich sieht. Was daran liegt, dass beide Apps — und daneben noch die einiger Zweitliga-Vereine — vom gleichen Dienstleister programmiert wurden. Da ist dann wenig Raum für Individuelles. Die Apps sind aufgeräumt und funktional. Aber das sind Fertighäuser auch.
WIRED-Tabellenplatz: 14-10

HERTHA BSC 
Die App des derzeit besten Clubs aus der Hauptstadt. Das Stadion-Magazin „Wir Herthaner“ ist komplett einsehbar. Hertha TV sendet auf Kommando im integrierten Player. Eine praktische Auswärtsfahrt-Funktion markiert auf Google Maps die Heimstätten der gegnerischen Teams. News werden nicht in für dicke Daumen ungeeignete Listen aufgeführt, sondern in großen, bunten Bildern. Einzige Mankros: In der Teampräsentation sollten schleunigst die aktuellen Bilder der einzelnen Spieler eingepflegt werden und für die Fließtexte braucht man eine Lupe.
WIRED-Tabellenplatz: 9

BAYER 04 LEVERKUSEN
Die App von Bayer 04 ist wie viele Städte im Rheinland: nicht hübsch, aber sozial. Ein Twitter-Feed übernimmt ungefiltert sämtliche Tweets über die Werkself. Der Instagram-Kanal wird ebenfalls abgebildet. Im „Live-Chat“ loben Anhänger die Vorzüge des neuen Mittelfeldmotors und hinterlassen Spielern Glückwünsche auf der Fan-Wand: „Herzlichen Glühstrumpf! Lass es ordentlich krachen!“ Inhalte können gelikt und kommentiert werden, nur macht das kaum jemand. Bayer ist eben nicht Bayern, die Anhängerzahl ist begrenzt, entsprechend ernüchternd sind die Aufrufzahlen. Ein Highlight dagegen ist die Live-App mit Ticker. Hier gibt’s animierte Infografiken und Echtzeit-Daten über einzelne Spieler-Leistungen. Außerdem Umfragen, Gewinnspiele und Chat-Funktion. Aber nur, wenn man selbst im Stadion sitzt.
WIRED-Tabellenplatz: 8

VFB STUTTGART
Kein Witz: An dieser App haben die Schwaben gespart. Die nötigsten Features für den Stuttgart-Anhänger sind grundsolide programmiert. Etwa der integrierte Media-Player für Videoinhalte. Auch erfreulich: Das Stadionmagazin gibt es als E-Paper. Ein interaktives Volksfest ist das hier allerdings nicht und das Design eher Opel als Porsche. Man könnte die App direkt ad acta legen, wäre da nicht der Podcast. Der wurde in Zusammenarbeit mit einem privaten Radiosender produziert und ist in der Tat ein richtiges Alleinstellungsmerkmal.
WIRED-Tabellenplatz: 7

SCHALKE 04
Volksnähe ist auf Schalke wichtig. Das zeigt der Verein überall. Der Präsident: ein sympathischer Kumpeltyp. Die Mannschaft: bodenständige Malocher ohne Star-Allüren. Der Manager: ein hemdsärmeliger Macher. Die App: nah dran am Spieler. Neben den üblichen Funktionen wie News, Spielerprofilen sowie der Abbildung aktueller Wettbewerbe werden unter „Social Mannschaft“ und „Social Spieler“ alle relevanten sozialen Netzwerke gezeigt. Und weil die Fans hier noch das Sagen haben, gibt es die Glückaufwand. Anhänger können ihren Helden in Königsblau an Spieltagen Glück fürs Spiel wünschen. Tweets wie „Auf geht’s Schalke, kämpfen und siegen“ und „NUR DER S04“ verfasst unter dem Hashtag #s04wirlebendich werden direkt auf einem Monitor im Kabineneingang angezeigt. So klappt es sicherlich bald auch mit der Schale.
WIRED-Tabellenplatz: 6

FC BAYERN MÜNCHEN
Die Bayern-App ist umfangreich und sauber programmiert, aber konzeptionell und grafisch weit weniger spektakulär als das Spiel der siamesischen Flügelzange Robbéry. Spielerprofile lesen sich angenehm ausführlich: Sebastian Rode mag „Quizduell“, Philipp Lahm liebte als Kind Leberkäs' und Kartoffelsalat. Wer hätte das gedacht? Interaktive Features wie Gewinnspiele und Live-Votings beziehen die Fans mit ein. Wer in der Allianz-Arena mit einem Weißbier auf das nächste Triple anstoßen will, lädt über die App die Karte fürs bargeldlose Bezahlen auf. Allerdings sind manche Inhalte nur für Abonnenten des kostenpflichtigen Club-Fernsehkanals zugänglich. Was Matthias Sammer gar nicht mögen dürfte: Im Appstore wirbt der Meister mit einem Foto, das Toni Kroos, Mario Mandzukic und Xherdan Shaqiri in inniger Umarmung zeigt.
WIRED-Tabellenplatz: 5

VfL WOLFSBURG
Auf den ersten Blick so attraktiv wie die Abschrift einer VW-Betriebsratssitzung. Wer sich aber etwas Zeit nimmt, kann sich die Startseite individuell zusammenstellen. Die App liefert aktuelle Meldungen zu allen Fußball-Abteilungen des VfL, der ja auch ein sehr erfolgreiches Frauen-Team hat. Dazu die Telefonnummern der Fan-Betreuer, die Catering-Preise — vegane Gemüsepfanne für vier Euro — oder den kostenlose Zugriff auf alle bislang erschienenen Ausgaben des Stadionmagazins. Einen barrierefreien Zugang in die wunderbare Welt des VfL garantiert die Vorlesefunktion für News und den Live-Ticker. Auswechseln könnte man hingegen den QR-Code-Reader.
WIRED-Tabellenplatz: 4

SV WERDER BREMEN
Bei Werder Bremen, dem unpeinlichen unter den Nord-Klubs, ist man schlau und weiß: Auswärts ist das halbe Leben. Deswegen wartet die Werder-App mit einem praktischen Planer für Auswärts-Fahrten auf, mit vorinstallierten Routen bis direkt vors gegnerische Stadion. Auch schick: der integrierte Fanshop, da gibt es die „Werderletten“ — schwarze Badelatschen mit Werder-Raute auf der Sohle. Viele Videos des Vereins-Kanals Werder.tv sind kostenlos (Vorab-Anmeldung erforderlich). Auch das restliche Standard-Programm wie Termine, Live-Ticker, News und Foto-Gallerien werden souverän geliefert. Praktische Zusatzinfo: Nutzer, die sich die Werder-App heruntergeladen haben, haben sich auch für „Pocket Liga Fussball“ und „Schwarzer Humor“ interessiert.
WIRED-Tabellenplatz: 3

BORUSSIA DORTMUND
Pünktlich um 09.09 Uhr erklärt die BVB-App den stinknormalen Spieltag zum „Feiertag“. Dann vollzieht der Spieltags-Stream eine Dreiteilung. Denn nicht alle Infos sind für alle Fans gleich wertvoll. Auf dem Weg ins Stadion gibt's Wettervorhersagen, Verkehrsmeldungen, Infos über die Einlass-Situation und spezielle Marketing-Aktionen. Fans vor dem Fernseher, die das Smartphone als Second Screen benutzen, bekommen relevante Daten zum Spiel. Und wer um 15:30 Uhr noch auf Opas Geburtstag ist, erhält die notwendigsten Infos per Push-Nachricht. Das Layout der App ist weniger kleinteilig als das der Konkurrenten und sieht damit fast so gut aus wie Verteidiger-Darling Mats Hummels. Zwar kommt der Statistik-Teil über die üblichen Ball-Besitz-Prozent-Anzeigen nicht hinaus. Dafür ist jedoch ein Feature geplant, mit dem während des Spiels im Stadion verteilte Kameras live angesteuert werden können. Für alle Stadionbesucher sind die Funktionen der App übrigens ausgestellt.
WIRED-Tabellenplatz: 2

HAMBURGER SV
Der Hamburger Sportverein, scheinbar unaussterblicher Bundesliga-Dino, bezieht ja immer wieder Prügel, sportlich und medial. Aber damit ist jetzt Schluss. Hört ihr das Krachen, Leute? So klingt es, wenn man eine Lanze bricht. Denn es ist nicht alles schlecht beim HSV. Im Gegenteil: Die HSV-App ist richtig gut! Jawoll. Sie sieht so gut aus wie das neue Trikot. Sie ist übersichtlich wie ein Tumblr-Blog. Sie bietet einen integrierten Ticket-Verkauf. Die Programmierer haben verstanden, dass nach links und rechts Swipen nicht erst seit Tinder beliebt ist. Die App ist eine Freude. Sie ist reif für die Champions League. Das musste mal gesagt werden. Aber, liebe HSVler, lasst euch das jetzt nicht wieder zu Kopf steigen.
WIRED-Tabellenplatz: 1

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