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Skype übersetzt Gespräche jetzt live ins Deutsche — wir haben den Dienst getestet

von Dominik Schönleben
Der Skype Translator erinnert an den Universal Translator aus „Star Trek“. Doch der war eigentlich nur ein billiges Hilfsmittel. Die Drehbuchschreiber wollten sich nicht ständig mit der Frage beschäftigen müssen: Warum sprechen selbst die Mitglieder einer unbekannten Spezies aus dem Gamma-Quadranten perfektes Englisch? Bei ihrer ersten Erwähnung schien diese Technologie fast so unmöglich wie das Beamen — die neue Preview des Skype Translators zeigt aber, dass ein simultan übersetzender Computer keine Science-Fiction mehr ist. Unser Redakteur hat das Programm getestet.

„Was sind deine Hobbies?“, frage ich. Und noch während ich spreche, erscheinen die Worte in einer Sprechblase neben dem Video. Mit einer Verzögerung von einer halben Sekunde überträgt der Computer sie ins Englische: „What are your hobbies?“ Der Satz wird dann für meine Gesprächspartnerin von einer Computerstimme nachgesprochen. Mit ihrer Antwort passiert das Gleiche. Ich erfahre von ihr, dass sie gerne malt, am liebsten mit Kohle — was ich erst für einen Übersetzungsfehler halte — und sogar von ihrer Vorliebe für den Impressionisten Claude Monet. Alles, ohne dass ich ein Wort Englisch mit ihr spreche.

Bereits bei leicht komplexerer Fragestellung verzweifelt der Algorithmus.

Doch damit das auch wirklich klappt, muss ich langsam und deutlich sprechen. Kein Dialekt, keine verschluckten Buchstaben, nur simple Subjekt-Prädikat-Objekt-Sätze. Bereits bei der Frage: „Was gefällt dir an Bildern von Claude Monet so gut?“, verzweifelt der Algorithmus und wirft eine völlig unverständliche englische Übersetzung aus. Ich wiederhole meine Frage wieder und wieder. Erst als ich auf die simple Fragestellung „Warum gefällt dir der Maler?“ zurückfalle, erkennt der Computer, was ich sagen will.

Die größte Schwierigkeit beim simultanen Übersetzen seien die „false starts“, die falschen Anfänge, sagt Skype Übersetzungsexperte Chris Wendt. Im Gespräch fingen wir oft Sätze an, die wir nie beenden. Ganz unbewusst würden wir uns dazu entscheiden, etwas anderes zu sagen oder den Satz anders zu formulieren. Genau hier kommt der Skype Translator ins Stolpern. Eigentlich sollte er solche „false starts“ für die Übersetzung einfach ignorieren — doch zuverlässig ist er darin nicht. Besonders wenn ich schnell spreche, verwurstet der Algorithmus oft beide Sätze zu einem neuen, sinnfreien Satz.

Bisher gab es die Preview Version des Skype Translators in vier Sprachen: Englisch, Spanisch, Chinesisch und Italienisch. Dazu kommen jetzt Deutsch und Französisch. Windows 8.1 oder 10 Nutzer können die Preview-Version von Skype Translator als eigene App installieren und selbst testen. Am besten funktioniert laut Wendt die Übersetzung zwischen Englisch und Spanisch. Hier sei die Sprachstruktur am ähnlichsten und es gäbe die meisten Texte, mit denen der Computer geschult werden kann.

Die Sprachen lernt der Computer durch statistische Analyse, durch das sogenannte Machine Learning. Nötig sind dafür geschriebene Texte, die in zwei Sprachen vorhanden sind und die dazugehörenden Audio-Aufnahmen. Aus ihnen leitet der Computer selbst seine Regeln zur Übersetzung ab. Die eingespeisten Texte und Audio-Files stammen zum großen Teil aus dem Internet.

Deutsch falle dem Algorithmus dabei besonders schwer, sagt Wendt. Die Unterschiede zwischen Schriftsprache und gesprochenem Wort seien hier besonders groß. Das bestätigt auch die Demonstration. Kaum fange ich an, weniger bemüht zu sprechen, sind die Ergebnisse katastrophal. Wer das Programm so benutzt wie im Skype-Werbevideo, wird scheitern. Nach meiner Erfahrung erscheint es unrealistisch, dass der überraschte Ausruf des Chinesen „Hey, you speak Chinese!“ tatsächlich korrekt vom Computer übersetzt wird. Die Gesprächsgeschwindigkeit ist einfach im gesamten Video zu hoch:

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Dennoch ist der vorgestellte Prototyp beeindruckend. Er zeigt, was bald schon möglich sein wird. Noch ist der Algorithmus krude und irrt sich oft, doch die Grundlagen funktionieren. Der Computer muss jetzt nur noch das sprachliche Fingerspitzengefühl lernen, von denen Skype im Preview-Video spricht.

Aber der Computer ist geduldig und hat Zeit — er wird es lernen. Und die Menge der Daten, die ihm im Internet zur Verfügung stehen, wachsen täglich. Wir werden vielleicht nicht den Universal Translator aus Star Trek bekommen, der die Hirnströme ausliest und sie so verändert, dass wir eine fremde Sprache als unsere eigene wahrnehmen. Aber eine simultan übersetzende Computerstimme ist vorerst völlig ausreichend.

Zumindest so lange, bis wir Erstkontakt mit den Außerirdischen des Gamma-Quadranten haben. Erst dann müssen wir uns wieder mit Händen und Füßen verständigen — aber ich bin zuversichtlich: im Italienurlaub hat das ja auch immer geklappt. 

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