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Urlaub auf Uranus: „Wanderers“ ist ein Kurzfilm über unsere Zukunft im Weltraum

von Oliver Klatt
Imposante Luftschiffe gleiten gemächlich über den Marshorizont. Eine Gruppe Astronauten hält am Rand eines Kraters inne, um den Sonnenuntergang zu genießen. Auf dem Saturnmond Iapetus verströmen die Kuppeln der ersten menschlichen Siedlung ein einladendes Licht. Eine Stimme ist zu hören.

Sie gehört dem 1996 verstorbenen Astrophysiker Carl Sagan, er zitiert aus „Moby Dick“: „Was mich betrifft, so peinigt mich ein ewiger Kitzel nach Entlegenem. Ich liebe es, verbotene Meere zu besegeln.“

Der Kurzfilm „Wanderers“ des Schweden Erik Wernquist appelliert an den menschlichen Pioniergeist — und zeigt, wie eine Zukunft aussehen könnte, in der ein Spaziergang auf dem Mars genauso selbstverständlich ist wie Basejumping vom Verona Rupes auf dem Uranusmond Miranda, dem höchsten Kliff in unserem Sonnensystem. Wernquist ist 37 Jahre alt, hat früher am Theater gearbeitet, Drehbücher geschrieben und Regie geführt. Zur Jahrhundertwende wagte er den Berufswechsel und wurde Computergrafiker. In seiner Freizeit beschäftigt er sich am liebsten mit Astronomie. „Wenn ich mir Aufnahmen ansehe, die Roboter und Sonden von anderen Planeten gemacht haben, male ich mir häufig aus, wie es sein würde, wirklich dort zu sein“, sagt er.

Zeitgenössischen Science-Fiction-Filmen mangelt es an Sinn für Realität, sie sind in den Fünfzigerjahren stecken geblieben.

Erik Wernquist, Regisseur von „Wanderers“

Mit „Wanderers“ konnte Wernquist zum ersten Mal seine Berufserfahrungen mit seiner Sehnsucht nach fernen Welten verbinden. „Ich wollte das, was ich bisher über Astronomie gelesen habe, zu den glaubhaften Zukunftsvisionen von Autoren wie Kim Stanley Robinson und Arthur C. Clarke in Beziehung setzen“, sagt er. „Ich finde, zeitgenössischen Science-Fiction-Filmen mangelt es an Sinn für Realität. Sie sind in den Fünfzigerjahren stecken geblieben.“ Statt Warp Drive und Zeitreisen, Aliens und Laserkanonen gibt es in „Wanderers“ Luft- und Landschaftsaufnahmen unserer Nachbarplaneten und ihrer Monde zu sehen. Denn die, so Wernquist, seien schließlich spektakulär genug.

Um der Wirklichkeit einer möglichen Zukunft so nahe wie möglich zu kommen, benutzte Wernquist Bilder aus den Archiven der NASA und anderer Weltraumorganisationen als Ausgangspunkt für viele seiner Szenen. Ein Mosaik aus Einzelbildern, das die Weltraumsonde Voyager 1 im Jahr 1979 von der Oberfläche des Jupiters aufgenommen hat, diente ihm genauso als Vorlage wie ein Foto des Mars-Rovers von 2005. Viele dieser Bilder wurden in 3D-Landschaften umgewandelt und mit Aufnahmen realer Schauspieler und am Rechner entstandener Modelle von Raumschiffen ergänzt. In der Bildergalerie auf seiner Webseite erläutert Wernquist ausführlich, wie jede einzelne Szene entstanden ist und welcher Quellen er sich bedient hat.

Mein Film ist reine Spekulation. Viele Szenen zeigen einen romantisierenden Blick auf die Zukunft.

Erik Wernquist, Regisseur von „Wanderers“

Trotz aller Gewissenhaftigkeit bei der Recherche und Gestaltung seines Kurzfilms betont Wernquist, dass es sich bei dem, was man in „Wanderers“ sieht, um reine Spekulation handelt. „Viele der Szenen zeigen einen romantisierenden Blick auf die Zukunft, was die Anwesenheit des Menschen an diesen Orten betrifft“, sagt er. „Das sind sehr feindliche Umgebungen. Vor allem die hohe Radioaktivität dürfte uns zu schaffen machen.“ Nichts, was in „Wanderers“ zu sehen ist, sei physikalisch unmöglich, so Wernquist, aber Raumfahrt und Ingenieurtechnik müssten schon noch gewaltige Fortschritte machen, bevor an diese Form von Weltraumtourismus zu denken sei.

Und die Stimme von Carl Sagan? Die hat sich Wernquist bei der Aufzeichnung einer Lesung von Sagans Buch „Pale Blue Dot: A Vision Of The Human Future In Space“ ausgeborgt — ohne um Erlaubnis zu fragen. Bisher hat sich zum Glück noch niemand darüber beschwert. Wäre auch seltsam, denn „Wanderers“ wäre mit Sicherheit ein Film nach Sagans Geschmack. 

 

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