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Jeder Stein in diesem Mahnmal-Konzept eines Wolkenkratzers steht für einen toten WM-Arbeiter in Katar

von Max Biederbeck
Am Anfang überlegte Axel de Stampa, einen großen Fußboden für die Toten zu bauen. Er könnte mitten in der Wüste von Katar liegen, unweit der Stadien, in denen 2022 die Fußball-Weltmeisterschaft stattfinden wird. Doch dann hatten er und sein Partner Sylvain Macaux eine andere Idee.

Ein Wolkenkratzer wäre die bessere Wahl, dachten die beiden Architekten von 1 Week 1 Project. Ein Gebäude, das den Machtsymbolen der reichen Eliten in Katar entspricht. Und das einfach niemand übersehen kann. Mit ihrem Qatar World Cup Memorial kritisieren die beiden Architekten aus Paris den Weltfußballverband FIFA und prangern die unmenschlichen Arbeitsbedingungen am nächsten Austraggungsort der nächsten Weltmeisterschaften an.

Jeder Stein des Towers steht für einen Baustellen-Toten.

Imposante Wolkenkratzer werden in Ländern wie Katar meist auf dem Rücken tausender Arbeiter errichtet, die man wie Sklaven behandelt. „Genau das passiert auch auf den Baustellen für die nächste WM“, sagt de Stampa. Deshalb soll jeder Stein seines Memorial Towers an genau einen Toten erinnern, der auf der Baustelle eines der Stadien ums Leben gekommen ist. Der Turm wird zum Zeichen dafür, welche Schuld die FIFA auf sich lädt, wenn sie Weltmeisterschaften an Staaten wie Katar vergibt. 2010 gab sie dem Land den Zuschlag für das Turnier.

„Wir haben noch acht Jahre bis zur WM, dementsprechend würde der Wolkenkratzer riesig werden, wenn sich nicht schnell etwas ändert“, sagt de Stampa. Momentan hätte er schon 900 Steine. Die Zahl setzt sich aus Recherchen des Architekten-Duos in Medien-Artikeln und Informationen von NGOs wie dem Pravasi Nepali Coordination Committee zusammen. Dort geht man zum Beispiel davon aus, dass mittlerweile mindestens 400 aus Nepal stammende Bauarbeiter in Katar umgekommen sind.

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Auch vor den Weltmeisterschaften in Brasilien hatte es zahlreiche Proteste wegen unmöglichen Arbeitsbedingungen für Bauarbeiter gegeben. Mit 1200 Bauhelmen erinnerte damals zum Beispiel die Fair-Play-Initiative „Nosso Jogo“ an die vielen Menschen, die auf schlecht gesicherten Gerüsten und durch sklavereiähnliche Arbeitsbedingungen ums Leben gekommen sind. Auch 1 Week 1 Project sorgte damals in Brasilien für Aufsehen. Das Duo hatte vorgeschlagen, die oft nicht ausverkauften Stadien im Land auch als Wohnmöglichkeit zu nutzen. Diejenigen, die wegen der WM aus ihrem Zuhause vertrieben wurden, sollten so eine neue Unterkunft finden.

„Architektur, wie wir sie verstehen, ist an Lösungen orientiert“, sagt de Stampa. Sie habe deshalb immer eine politische und gesellschaftliche Komponente. Er selbst war schon auf vielen Baustellen und ist sicher: „Ich habe ein Gefühl dafür, wie etwas gebaut wird. Ich weiß, dass es auch anders geht als in Katar.“

Eine Genehmigung für den Bau des Memorials wird das Land wohl so schnell nicht erteilen. Auch auf eine Reaktion der FIFA gab es bisher nicht. Im nächsten Schritt wollen de Stampa und Macaux ihren Wolkenkratzer digitalisieren. „Jeder der unsere Seite besucht, kann dann interaktiv und virtuell beobachten, wie der Turm immer größer wird“, sagt de Stampa. Hoffentlich wird das Wachstum sich in Grenzen halten. 

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