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Die Persönlichkeitsprofile von Crystal sollen uns helfen, bessere E-Mails zu schreiben

von Angela Gruber
Crystal will Nutzern bei ihrer Online-Kommunikation auf die Sprünge helfen und baut dafür aus öffentlichen Daten Persönlichkeitsprofile. Auch wenn der Algorithmus noch oft daneben liegt: Crystal zeigt, wie solche Tools den Alltag verändern könnten. Was auch ein bisschen gruselig ist.

Drew D'Agostino ist überzeugungsstark und setzt sich gerne über existierende Strukturen hinweg. Dieses Persönlichkeitsprofil hat zumindest sein Web-Dienst Crystal für den Gründer errechnet. Und das sind keine schlechten Voraussetzungen für jemanden, der die Art und Weise umkrempeln will, wie wir in Zukunft E-Mails schreiben. Für D'Agostino ist Crystal „die größte Verbesserung von Mails seit der Autokorrektur“. Sein Ziel: effizientere Online-Kommunikation durch mehr Wissen über das Gegenüber. Das ist bei weltweit geschätzt 206 Milliarden verschickten E-Mails pro Tag ein riesiger Markt.

„Wir kombinieren alle öffentlich verfügbaren Quellen wie Tweets und Blogeinträge und lassen dann unseren Algorithmus auf die Daten los. Er definiert die Persönlichkeit und gleicht sie mit einem unserer 64 Persönlichkeitstypen ab“, erklärt D'Agostino. Wer eine Mail an eine bestimmte Person verschicken will, zum Beispiel einen Personalchef, sucht den Namen bei Crystal und lässt sich ein Profil errechnen. Auf eine Kurzbeschreibung der Zielperson folgen Tipps für den Umgang mit ihr. Crystal gibt etwa an, wer gerne Überraschungen oder Sarkasmus mag oder wer es gar nicht schätzt, wenn man ihn unterbricht oder zu viele persönliche Fragen stellt.

Ein kostenpflichtiges Plugin berät den User sogar live beim Schreiben.

Mit diesen Infos gerüstet schreiben Nutzer dann ihre Mail. Ein kostenpflichtiges zusätzliches Gmail-Plugin berät sogar live beim Schreiben: Benutze doch noch ein Emoticon. Verzichte auf Schachtelsätze. Und bitte nicht Schwafeln, dein Gesprächspartner mag keine langen Mails.

Wer Crystal benutzt, findet sich oder sein Gegenüber meist irgendwo in den Persönlichkeitsprofilen wieder, ähnlich wie bei einem Horoskop. Viele Tipps sind sehr allgemein oder treffen überhaupt nicht zu — sie attestieren etwa pünktlichen Menschen chronisches Zuspätkommen. Weil Crystal bisher nur englische Quellen analysiert, ist die Treffergenauigkeit gerade für deutsche Nutzer sehr gering — wenn sie denn überhaupt gefunden werden.

Trotz aller Unschärfen ist es schon ein bisschen gruselig, wenn Crystal seine Persönlichkeitsanalysen vor einem ausbreitet. Für mehr Einfühlungsvermögen wird der Dienst aber erst einmal nicht sorgen, selbst wenn die Prognosen präziser werden sollten. Vielmehr wird dann die Fehlertoleranz sinken, zugunsten einer möglichst störungsfreien Kommunikation.

Was ist, wenn Krankenkassen, Banken oder die Schufa solche Tools einsetzen?

Crystal liefert mit seinem frei einsehbaren, unverrückbaren Schubladendenken auch einen Vorgeschmack auf eine Zukunft, in der ähnliche Online-Tools das Leben ziemlich unangenehm machen können — sollten etwa Krankenversicherungen, Banken oder die Schufa sie standardmäßig einsetzen. Von solchen Dystopien will D´Agostino nichts wissen. Im Gegenteil: Er sieht in seinem Dienst die Demokratisierung des Profilings, das Werbetreibende und andere im Netz ohnehin schon betrieben. „Wenn eine große Firma Persönlichkeitsprofile erstellt und die Daten geheimhält, fehlt die öffentliche Kontrolle. Crystal ist für alle zugänglich.“ 

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