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re:publica / Carolin Emcke spricht über den Hass in unserer Gesellschaft

von Anna Schughart
Der Hass ist zur Zeit allgegenwärtig, online und offline. Auch die Publizistin Carolin Emcke beschäftigt sich mit dem Thema. Auf der re:publica denkt sie laut darüber nach, woher die ganze Wut kommt, was sie ausmacht und was man gegegn sie tun kann.

„Manchmal frage ich mich, ob ich sie beneiden sollte“, so beginnt Carolin Emcke ihren Vortag auf der re:publica. Die Hassenden, sie sind ein Faszinosum, so sicher sind sie sich ihrer Sache und so wenige Zweifel haben sie. Doch Emcke will sich nicht an den Hass gewöhnen, er stellt für sie keinen Gewinn da. „Ich will die ungehemmte Lust des Hassens nicht normalisiert sehen“, sagt sie.  

Dazu dürfe man den Hass nicht einfach nur verurteilen. Stattdessen, sagt Emcke, müsse man seine Funktionsweisen betrachten, um aufzuzeigen, wo sich jemand vielleicht hätte anders verhalten können. Denn: „Hass ist nicht einfach da. Er wird gemacht.“ Der Hass, sagt Emcke, ist nichts Natürliches, sondern er wird gezüchtet. Um das zu veranschaulichen hat sie sich auf der re:publica ein Beispiel herausgesucht, das momentan wie kein anderes für den Hass in Deutschland steht: Clausnitz.

Beim Betrachten des Clausnitz-Videos fragte sich Emcke ungläubig: „Wie geht das?“ Wie könne man ein weinendes Kind wegbrüllen? „Welche Techniken des Aus- und Überblendens braucht es dafür?“ Ein Weg sei es, einerseits die Geflüchteten unsichtbar zu machen und sie nicht mehr als Individuen zu betrachten, während man sie gleichzeitig als „Andere“ wieder sichtbar mache und auf sie Eigenschaften projiziere, die sie als gefährliches Kollektiv definieren.

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Doch: „Die Ideologie, die zum Hass in Clausnitz führt, wird nicht alleine in Clausnitz gefertigt.“ Sondern in ganz verschiedenen Kontexten: im Internet, in Diskussionen, in Talkshows, in Songtexten, in Grundsatzprogrammen von Parteien oder eben in der Facebook-Gruppe, in der das Clausnitz-Video gepostet wurde.

„Das erste, was dabei auffällt, ist die bewusste Engführung“, sagt Emcke. Migranten und Migrantinnen werden nicht als Individuen, sondern als Stellvertreter wahrgenommen, als Fallbeispiele, mit denen sich die Schlechtigkeit des ganzen Kollektivs beweisen lasse: „Die Welt der Hassenden ist wie Aktenzeichen XY ... ungelöst, nur ohne das ‘ungelöst‘“.

Was also tun? „Dem Hass begegnen lässt sich nur durch das, was dem Hassenden abgeht: Genaues Beobachten, nicht nachlassendes Differenzieren und nicht zuletzt, Selbstzweifel“, sagt Emcke. Dazu muss man verstehen, wie Wut in einem spezifischen Kontext entsteht. Vielleicht sei dieser Ansatz manchen zu wenig, gibt Emcke zu. Aber: Es würde schon reichen, wenn die Quellen des Hasses besser erkennbar und denjenigen, die dem Hass zustimmten „die Selbstgewissheit genommen wäre“.

Die re:publica findet vom 2. bis 4. Mai 2016 in Berlin statt. Die WIRED-Berichterstattung zur Konferenz findet ihr hier.

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