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Carla Chan macht Kunst aus digitalisierter Natur

von Anna Schughart
Carla Chan fürchtete sich lange vor der Natur. Deshalb machte sie sie zum Gegenstand ihrer Kunst. In ihrer aktuellen Ausstellung in Berlin führt Chan Natur und Digitales zusammen.

Carla Chan hat ein kompliziertes Verhältnis zur Natur. Die 26-jährige Künstlerin wuchs in Hongkong auf. Eine enge, dichte Stadt, in der immer Licht, Bewegung und Menschen sind. Als sie vor drei Jahren nach Europa kam, erlebte Chan das erste Mal die Natur Nordschwedens – und hatte Angst: „Die Leere, die Ruhe, kein Licht und die Weite, die kein Ende hat, ich hatte total Angst. Ohne Menschen hört man immer diese Käfer: bzzzzzz...“ Doch genau diese Erfahrung hat – wenn auch manchmal unterbewusst – ihre Arbeit als Künstlerin geprägt.

Und so beschäftigt sich auch Chans aktuelle Ausstellung The Melting Black, zu sehen im Studiolo Berlin, mit der Natur. The Melting Black ist Videokunst. Auf fünf großen Bildschirmen läuft ein einstündiger Film, den Chan während eines Spaziergangs am Meer aufgenommen hat. Doch die Wellen sind kaum noch zu erkennen. Chan hat die Natur digitalisiert.

Sie hat die Aufnahme neu zusammengestellt, verschiedene Blickwinkel ausgesucht, Effekte darauf gelegt und die Farben rausgenommen. „Ich habe den Computer genutzt, um das, was ich während meines Spaziergangs gefühlt habe, hervorzubringen“, sagt Chan. „Die Reinheit des Meeres hat mich gefangengenommen.“

Unterstützt durch die Soundkulisse von Ulf Langheinrich, die einerseits wie Natur klingt und dann wieder doch nicht, wirkt das Ergebnis fast hypnotisierend. „Kunst ist für mich keine Erzählung, sondern Erfahrung. Viele meiner Arbeiten brauchen ein bisschen Zeit, bis man reinkommt, doch dann ist es, als wäre man in einer anderen Welt“, sagt Chan.

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Für sie haben Natur und Digitales einige Gemeinsamkeiten. „Digitale Technologien sind eine menschliche Erfindung, aber wir verstehen sie trotzdem nicht ganz, weil wir dazu nur unsere Gehirne haben. Ähnlich ist es mit der Natur: Wir wissen, was passiert. Wir wissen zum Beispiel, was eine Welle ist, aber wir haben keine Kontrolle darüber“, sagt Chan.

Genau das ist für sie als Künstlerin reizvoll: „Wenn ich male oder eine Skulptur herstelle, dann kommt dafür alles aus meinem Kopf. Ich mag aber das Dazwischen: Ein Medium, das intelligent ist, etwas selbstständig tut und trotzdem von mir geschaffen wurde.“ Ein Beispiel dafür ist Black Moves eine immersive Videoinstallation aus dem Jahr 2015. Aus übereinandergelagerten Geräusch-Algorithmen schaffte Chan eine meterhohe Simulation natürlicher Landschaften.

Jetzt hat Chan aber erst einmal genug von der Natur, in ihrer nächsten Arbeit soll es um etwas anderes gehen. „Ich langweile mich schnell. In der Natur fühle ich mich inzwischen nicht mehr so unwohl, ich bin mutiger geworden. Deshalb ist es weniger interessant.”

The Melting Black ist noch bis zum 8. Mai im Studiolo Berlin im Aufbauhaus, Prinzenstraße 85c zu sehen. 

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