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„Beyond Eyes“ ist ein Videospiel-Gedicht über das Leben als blindes Mädchen

von Oliver Klatt
Das wunderbare an Games ist, dass sie uns in die Rolle anderer Menschen schlüpfen lassen. Wir können mutige Soldaten sein oder muskelbepackte Superhelden. Spitzensportler, Weltraumreisende und machversessene Gangster. Oder ein Mädchen, das sein Augenlicht verloren hat.

Mit ihrem Videospiel-Gedicht „Beyond Eyes” lässt die Niederländerin Sherida Halatoe den Spieler die Welt mit den Sinnen der zehnjährigen Rae erleben. Ein Unfall während eines Feuerwerks hat Rae erblinden lassen, als sie noch sehr klein war. Seither verbringt sie die meisten Tage zurückgezogen im Garten ihrer Eltern. 

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Das ändert sich jedoch, als sie eines Tages Besuch von einer neugierigen Katze bekommt. Die beiden freunden sich an, und Rae tauft ihren neuen Gefährten auf den Namen Nani. Als Nani von einer Pirsch in den umliegenden Gärten nicht zurückkehrt, beschließt Rae trotz ihrer Blindheit, das Grundstück ihrer Eltern zu verlassen, und sich auf die Suche nach ihrem Freund zu begeben. So beginnt „Beyond Eyes“.

Im folgenden Spielverlauf liegt es nun am Spieler, Rae durch eine unsichtbare Welt zu geleiten. „Ich mag Games wie ,ICO‘ weil sie mir das Gefühl geben, für eine Spielfigur verantwortlich zu sein“, sagt Halatoe. „Das gleiche wollte ich auch mit ,Beyond Eyes‘ erreichen.“ Nur Dinge und Lebewesen, die Rae hören, riechen und ertasten kann, werden auch für den Spieler in „Beyond Eyes“ sichtbar.

In „Beyond Eyes“ macht sich die blinde Rae auf die Suche nach ihrer Katze.

Sherida Halatoe

Ein Vogel, der singend in einer Baumkrone sitzt, taucht auf, wenn er seine Stimme erhebt — und verschwindet wieder, sobald er verstummt. Auf einer Strasse vorbeirauschende Autos werden zur grauen, undurchdringlichen Wand. Gegenden, die Rae schon erkundet hat, erstrahlen in zarten Pastelltönen, die den Verlust der Farbenpracht spüren lassen. Der Rest des Bildschirms bleibt weiß.

Es war nicht mein Ziel, einen Blindheits-Simulator zu programmieren.

Sherida Halatoe, Game-Designerin

„Es war nicht mein Ziel, einen Blindheits-Simulator zu programmieren, aber ich wollte dem Thema gerecht werden. Deswegen habe ich mich mit blinden Menschen über ihre Erfahrungen unterhalten und selbst mehrere Tage mit verschlossenen Augen gelebt“, erzählt Halatoe. „Beyond Eyes“ vermittelt eine gute Ahnung davon, wie unwegsam und irritierend die Umwelt auf Menschen mit Sehbehinderung wirken kann: Was sich aus der Ferne wie ein plätschernder Brunnen anhört, entpuppt sich etwa als stinkendes Abwasserrohr, als Rae direkt davor steht.

Voll von dunkler Poesie sind die Welten, die Rae so anders wahrnimmt als Sehende.

Sherida Halatoe

Ein wütend bellender Hund wiederum erweist sich als ungefährlich, als Rae ertastet, dass sich ein schützendes Gartentor zwischen ihr und dem Kläffer befindet. Gerüche und Geräusche verdichten sich für sie nach und nach zu einem Abbild ihrer Umwelt, in der es viel zu fürchten, aber auch viel zu entdecken gibt.

Mehr als vier Jahre hat Halatoe an ihrem Spiel gearbeitet. Dennoch ist es nach nur sechs Kapiteln und etwa zwei Stunden Spielzeit schon vorbei. Die kurze Dauer sollte jedoch niemanden abschrecken, der sich für die Möglichkeiten des Mediums interessiert.

Es steckt mehr Poesie und menschliche Wärme in „Beyond Eyes“ als in den meisten Mega-Games mit ihren Millionenbudgets. Darüber hinaus schärft das Spiel das eigene Bewusstsein dafür, was es bedeutet, Sinne anders zu nutzen. „Beyond Eyes“ ist für die Xbox One und PC (Steam) erhältlich. 

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