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Nichts für Hypochonder: Wie Figure 1 zum Instagram für Ärzte wurde

von Marco Walz
Eigentlich sollte die App Figure 1 nur eine kleine Online-Datenbank für ungewöhnliche Krankheitsbilder werden. Doch zwei Jahre nach dem Start ist sie eher die morbide Schwester von Instagram. Ärtzte tauschen sich mithilfe der Plattform über ihre Patienten aus.

Jeden Tag teilen wir unzählige Fotos im Internet, bei Flickr, Tumblr oder Instagram. Doch kaum eine dieser Plattformen dürfte von sich behaupten können, dass ihre Fotos Leben retten. Bei Figure 1 allerdings könnte schon ein einziger Upload zwischen Leben und Tod entscheiden.

In den USA sollen 30 Prozent der Medizinstudenten die App regelmäßig nutzen.

Entwickelt wurde die App von Joshua Landy, einem praktizierenden Arzt am Scarborough Hospital in Toronto. Auf den ersten Blick ähnelt die Plattform der App Instagram, hochgeladen werden jeweils ein einzelnes Foto und ein kurzer Text. Andere User können das Bild anschließend über die App finden und kommentieren. Bei den Fotos, die man auf Figure 1 findet, handelt es sich allerdings nicht um Sonnenuntergänge an der spanischen Riviera oder das leckere Abendessen von gestern, sondern um diverse Krankheiten und Gebrechen — geteilt von Medizinern aus aller Welt. Hochgeladen werden die teils schwer verdaulichen Bilder oft in Verbindung mit einer kurzen Beschreibung des Patienten und seines Zustandes. Im Kommentarbereich können andere Benutzer, größtenteils Ärzte und medizinisches Pflegepersonal, dann bei der Diagnose helfen. User ohne Nachweis einer medizinischen Ausbildung können nur mitlesen, aber keine eigenen Beiträge veröffentlichen.

Ursprünglich wollte Landy mit Figure 1 eine medizinische Online-Datenbank schaffen, die sich kontinuierlich erweitert und kostenfrei abgerufen werden kann. Besonders Ärzten, die sich über seltene Krankheitsbilder informieren wollen, sollte durch Figure 1 geholfen werden. Diese mussten zuvor nämlich auf kostenpflichtige Archive oder oft veraltete Lehrbücher zurückgreifen. Dass die App sich seit ihrer Veröffentlichung im Mai 2013 allerdings solch großer Beliebtheit erfreuen würde, hätte der Kanadier nicht erwartet. In den USA sollen schon 30 Prozent aller Medizinstudenten Figure 1 regelmäßig nutzen. Weltweit verzeichnet die App mehr als zwei Millionen Zugriffe pro Tag und hat sich in kurzer Zeit zu einer wichtigen Plattform entwickelt, die medizinischem Fachpersonal Crowdsourcing-Diagnosen in Echtzeit ermöglicht.

Ich bin eurer Seite wirklich sehr dankbar, ohne euch wäre meiner Patientin nicht mehr viel Zeit geblieben.

Kommentar einer Krankenschwester

Wie nützlich die App sein kann, beweist der Fall einer Krankenschwester, die auf Figure 1 um Hilfe bei einer Diagnose bat. Ihr Patient litt unter einem nicht zu kurierenden Ausschlag, der die örtlichen Mediziner vor ein Rätsel stellte. Im Kommentarbereich wies sie ein Student, der erst kurz zuvor in einer Vorlesung von dieser Krankheit erfuhr, darauf hin, dass es sich um Porphyrie handeln könnte, eine extrem seltene Stoffwechselerkrankung. Eine Vermutung, die sich schon wenig später als richtig erwies. „Ich bin eurer Seite wirklich sehr dankbar, denn ohne euch wäre meiner Patientin nicht mehr viel Zeit geblieben“, bedankte sich die Pflegerin anschließend bei Figure 1.

Privatsphäre-Bedenken versucht Figure 1 mit verschiedenen Features zu zerstreuen: Wie Instagram bietet die App die Möglichkeit, Bilder vor dem Upload zu bearbeiten. So können Tattoos, Namen und andere Details, die den Patienten identifizieren könnten, unkenntlich gemacht werden. Ein spezieller Algorithmus soll außerdem Gesichter erkennen und automatisch verpixeln, falls der Nutzer diesen Vorgang nicht manuell durchgeführt hat. Bevor das Foto dann über die App gefunden werden kann, wird es noch ein weiteres Mal von einem Mitarbeiter des Unternehmens auf eventuelle Verletzungen der Privatsphäre überprüft.

Verfügbar ist die App derzeit für iOS- und Android-Geräte in 19 Ländern, darunter weite Teile Westeuropas, die USA, Neuseeland, Australien und Kanada. Seit Anfang Februar ist Figure 1 als erstem asiatischen Land auch in Indien erhältlich.

WARNUNG: Viele Bilder bei Figure 1 sind sehr drastisch und könnten auf Betrachter verstörend wirken. 

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