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#Bashtag / Dämonenbeschwörung zum Mitmachen mit der #CharlieCharlieChallenge

von Anja Rützel
Die Twittertrends: Manchmal hochsensibles Messgerät für jede Zeitgeist-Zuckung, dann wieder Anspülstelle für hochgewirbelte Wunderlichkeiten. Unsere Autorin seziert in dieser Kolumne den seltsamsten Hitparaden-Hashtag der Woche. Dieses Mal: #CharlieCharlieChallenge.

Ist es sehr bullerbühaft und wehmütig an die Zeiten zurückzudenken, in denen man als Heranwachsender als Mutprobe einfach nur einen Regenwurm verspeisen oder mit dem Regenschirm als Fallbremse vom Schuppen springen musste? Lange her. Heute heißen Mutproben ja Challenges, und aufgefordert wird man dazu nicht mehr vom null kaschierten Gruppenzwang der rotznasigen Gossenjugend, sondern von Twitter.

Der Hashtag #CharlieCharlieChallenge hielt sich in den vergangenen Tagen hartnäckig in den globalen Twittertrends, und in den zahlreichen damit verknüpften Vine-Tweets konnte man leicht erkennen, worum es dabei ging: Um nicht weniger als den Versuch, einen mexikanischen Dämonen zu beschwören, dem man dann praktischerweise gleich ein paar drängende Fragen stellen könnte. Dazu braucht man, sehr patent, nicht einmal ein Ouija-Brett, sondern nur zwei Bleistifte und ein Blatt Papier. Die Stifte balanciert man auf dem Blatt so übereinander, dass sie ein Kreuz bilden. In die vier Quadrate, die dadurch auf dem Papier entstehen, schreibt man abwechselnd „ja“ oder „nein“ oder sonstwie passende Antworten. Dann muss man nur noch mit möglichst ernsthafter Stimme „Charlie, Charlie, are you there?“ oder „Charlie, Charlie, can we play?“ fragen, und der oben liegende, flexibel gelagerte Bleistift sollte sogleich beginnen, seine Spitze auf das entsprechende Antwortfeld zu drehen.

Quizdämon Charlie war sogar noch beliebter als die Schwoll-Lippen aus der #KylieJennerChallenge.

Schon nach zwei Tagen hatten über zwei Millionen Menschen den Hashtag verwendet. Quizdämon Charlie war beim Twittervolk also noch weit beliebter als die Schwoll-Lippen aus der Challenge davor: Bei der #KylieJennerChallenge nämlich stülpten arglose Dümmelinchen ein Glas über ihren Mund, um durch den daraus resultierenden Unterdruck die Lippen zu einem voluminösen Schnütchen nach dem Vorbild von Kardashian-Halbschwester Kylie Jenner aufzuplustern. Tagelang war Twitter unter diesem Hashtag voll von verheerenden, doppelwurstförmigen Mündern. Dann doch lieber ein bisschen schwarze Amateur-Magie.

„Hanging with my Mexican demon bro!“, twitterte ein Hobby-Dämonenflüsterer vergnügt, obwohl der gute Charlie natürlich keineswegs mexikanischen Ursprungs sei, wie Maria Elena Navez von der BBC erklärte: Mexikanische Wunderwesen hießen eher Tlaltecuhtli oder Tezcatlipoca, mindestens aber Carlitos, die spanische Variante von Charlie.

Die Twitter-Beschwörer focht das nicht an — schließlich wirft die Pubertät so viel drängende Fragen auf, dass man sich die Chance auf eine verbindliche, bleistiftinduzierte Antwort nicht versagen will. Also wurde Charlie ausgequetscht: „Will Lady Gaga release a single in 2015?“ — und was es eben sonst noch so für Anliegen gab:

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Ältere Menschen stellten die lebensnaheren Fragen:

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Manche bemerkten jedoch logische Haken an der Sache:

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Dass es bloße Schwerkraft ist, die den Bleistift zum schwingenden Zeiger macht, wollen die pubertätstalg-verstopften Ohren natürlich nicht hören. Und so wurde die #CharlieCharlieChallenge zu einem weiteren Beleg für die Twitter-Fähigkeit, sich innerhalb kürzester Zeit zur globalen Blödigkeitsbazillenschleuder umrüsten zu können.

Seinen Ursprung nahm der Hashtag wohl in der dominikanischen Republik, wo ein lokaler Fernsehsender Ende April in der Provinz Hato Mayor einen unfreiwillig komischen, höchst alarmierten Bericht über das neue, „satanische“ Spiel brachte, das auf immer mehr Schulhöfen gespielt werde. Mitte Mai erreichte die Phrase „Charlie, Charlie“ die Twittertrends in der dominikanischen Republik — von da an war es nur ein kleiner Hopser bis ins restliche Spanisch sprechende Web. Verbreitet wird der Hastag dabei nicht nur von gruselfreudigen Kindern, sondern auch von frömmelnden Gläubigen, die beim Weitertragen paradoxerweise sein Ende fordern und die Bibel zitieren, zum Beispiel Korinther 10.21: „Ihr könnt nicht aus dem Becher des Herrn trinken und zugleich aus dem Becher der Dämonen. Ihr könnt nicht am Tisch des Herrn essen und zugleich am Tisch der Dämonen.“

Aufgebrachte religiöse Jugendliche twitterten sogleich auch Gegen-Vines:

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Andere dürften durch ihre dokumentierte, hysterische Reaktion auf Charlies Bleistiftwackler hingegen eher ängstliche Satanistenanwärter abgeschreckt haben:

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Oder sie ließen sich zu amüsanten Parodien inspirieren:

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Ach, die herrliche, unverwüstliche jugendliche Dummheit! Man könnte fast nostalgisch werden. Natürlich gab es sie schon zu Bullerbü-Zeiten, doch zumindest sparte man sich damals den Großteil seiner Blödheit für das stille Kämmerchen auf, so dass man sie Jahre später bequem vergessen konnte. Pech gehabt, Kinder. 

Im letzten #Bashtag regte sich Anja Rützel über den unverständlichen Twittertrend #Schmierbrot auf.

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