Als Jan Böhmermann auspackt, offenbart sich der Freak. „Gadgets sind mein einziges Hobby“, sagt er und breitet den Inhalt seiner Umhängetasche aus. Ein Mäppchen mit Anschlüssen und Adaptern. Ein High-End-Kopfhörer in der sauber gewickelten Kompaktvariante. Laptop, Tablet, Bluetooth-Lautsprecher, Universal-Akku. Der Entertainer, der mit seiner Late-Night-Show Neo Magazin Royale ab dem 5. Februar einmal wöchentlich im ZDF-Hauptprogramm auftritt, ist akribisch vorbereitet für ein Leben to go. Häufig kauft er sich neue technische Spielereien, probiert sie aus und versteigert sie danach bei Ebay. Für WIRED Germany hat Böhmermann seine Neugierde kanalisiert und sich auf die Test-Couch gesetzt. Vor sich: die neueste Generation mobiler Beamer. Auf der Leinwand: Wes Andersons „Die Tiefseetaucher“, sein Lieblingsfilm.
WIRED: Herr Böhmermann, Sie haben zwei Stunden lang fünf verschiedene Pico-Beamer ausprobiert. Landet einer in Ihrer Tasche?
Jan Böhmermann: Jein. Ganz klar, kein Must-Have-Gadget. Höchstens Nice-to-have. Zu Hause habe ich einen großen, alten Beamer. Den benutze ich aber nur alle vier Jahre zur Fußball-WM. Für den alltäglichen Gebrauch ziehe ich immer noch die ganz normale Glotze vor.
WIRED: Dafür wirken Sie aber erstaunlich vernarrt in die kleinen Dinger.
Jan Böhmermann: Mich reizt die romantische Vorstellung, im Zug zu sitzen, auf den Sitz vor sich den Film zu projizieren und seine Sitznachbarn damit anzuwidern. Oder andersrum: Früher haben sich die Leute in der Straßenbahn über die Schulter geschielt, um die Zeitung mitzulesen. Jetzt kann man sich dank mobiler Beamer theoretisch – egal, an welchem Ort – zusammen einen Film ansehen.
WIRED: Woher bekommen Sie die Filme und Serien, die Sie gucken?
Jan Böhmermann: Ich mache es wie alle in meiner Generation: Alles, was legal käuflich ist, wird gekauft. Wenn aber eine Serie nicht schnell genug verfügbar ist, dann muss man andere Wege finden. Und ehrlich gesagt, würde ich mir wünschen, dass das noch viel mehr Leute so machen. Nur so erreichen wir ein echtes Umdenken bei Content-Anbietern. Dieses 80er-Jahre-Lizenzgebiet- Denken und die antiquierten Vertriebssysteme für Filme und TV- Inhalte sind anachronistisch. Früher konnte man nicht einmal DVDs aus den USA anschauen, weil man einen DVD-Player brauchte, der NTSC-fähig oder auf den richtigen Regionalcode programmiert war. Das alles ist in der global vernetzten Welt, in der wir uns nun mal heute befinden, totaler Quatsch.
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WIRED: „Gib den Menschen, was sie wollen, wann sie es wollen, in der Form, in der sie es wollen.“ Kevin Spacey hat mit diesen Worten an die TV-Branche appelliert, sich mehr an die neuen Bedürfnisse ihrer Zuschauer anzupassen. Teilen Sie Spaceys Vision vom mobil konsumierbaren, jederzeit verfügbaren und internetbasierten Fernsehen der Zukunft?
Jan Böhmermann: Die ganze Diskussion um die Zukunft des Fernsehens ist sehr elitär. Wenn ich mich in meinem Verwandtenkreis umhöre, da weiß noch keiner, was Netflix ist. Wann die Tagesschau und das Heute Journal kommen, wissen aber alle. Trotzdem müssen Fernsehsender akzeptieren, dass ihnen dieselben Herausforderungen bevorstehen wie der Musikindustrie, dem Buchmarkt und der Filmbranche. Das Fernsehen wird nie wieder der alleinige Mittelpunkt werden, um den sich abendlich die ganze Familie schart. Mit solchen weirden Mini-Beamern und jedem neuen, mobil einsetzbaren Gerät wird auch die Dezentralisierung der Medienrezeption weiter zunehmen.
Fernsehsender müssen akzeptieren, dass ihnen dasselbe bevorsteht wie der Musikindustrie, dem Buchmarkt und der Filmbranche.
WIRED: Welche Auswirkungen hat diese Entwicklung auf die Inhalte?
Jan Böhmermann: Gutem Inhalt ist es egal, wo und wie er abgespielt wird. Mit dem Neo Magazin waren wir im TV-Programm anfangs zum Beispiel extrem viel schlechter eingeschaltet als in der Mediathek. Mittlerweile hält es sich ungefähr die Waage. Grundsätzlich ist unser Ansatz: Wir bespielen alle Kanäle, die möglich sind – so ist zum Beispiel auch 80 Prozent der Sendung auf Youtube zu sehen.
WIRED: Gutes Stichwort: Bedroht Youtube eigentlich Profis wie Sie?
Jan Böhermann: Nein.
WIRED: Und wenn das Fernsehen keinen Platz mehr hat für Ihren Humor – werden Sie Youtube-Star?
Jan Böhermann: Auf gar keinen Fall. Ich würde mich nicht abhängig machen wollen von den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines amerikanischen Konzerns. Es ist ein großes Missverständnis, zu glauben, Youtube sei ein Anbieter von Rundfunkinhalten. Das ist ein profitorientiertes Unternehmen. Im Neo Magazin hatten wir unlängst den Fall einer harmlosen Parodie auf den peelingcremetriefenden intellektuellen Wattebausch namens Sami Slimani. Ein echter, kommerziell extrem erfolgreicher Youtube-Star mit einer Million Abonnenten. Der eitle Luftblasenproduzent hat, einfach weil er einen schweren Kratzer an seinem hochhaushohen Edelego erlitten hatte, das Video sperren lassen. Was man aus der freien Presselandschaft kennt, kehrt Youtube komplett um. Da ist der Besitzer der Urheberrechte in der Lage, Inhalte zu sperren und einen Diskurs zu verhindern, bevor ein Gericht überhaupt entschieden hat, ob etwas richtig ist oder nicht. Youtube- Erscheinungen wie Sami Slimani gehören in den Fleischwolf der Real-Life-Kulturkritik gesteckt und gründlich durchgemalmt.
WIRED: Was wäre dann Ihre Alternative?
Jan Böhmermann: Wenn es für mich im Fernsehen keinen Platz gibt, arbeite ich als Autor, gehe auf Tour und stehe auf echten Bühnen. Ich werde mich nicht vor eine Laptopkamera setzen und traurige Monologe halten.